Der glückliche Tod
Blumenvase zerbrochen.
Eliane und Noël, die vermutlich zu sehr außer Atem sind, um ihrem Ekel Ausdruck zu geben, suchen sich schließlich eine Sitzgelegenheit, da niemand daran denkt, ihnen eine anzubieten. Claire gesellt sich liebenswürdig und träge hinzu, drückt Hände und kostet die Bouillabaisse, die noch auf dem Feuer steht. Sie meint, daß man jetzt zu Tisch gehen könne. Doch heute verspätet sich Patrice. Dann erscheint er aber und erklärt Eliane wortreich, er sei guter Laune, weil die Frauen auf den Straßen so schön ausgesehen hätten. Kaum hat die heiße Jahreszeit begonnen, da sind auch schon die leichten dünnen Kleider da, unter denen straffe Körper sich elastisch bewegen. Patrice behauptet, er habe davon jetzt noch ein trockenes Gefühl im Mund, verspüre ein Pochen in den Schläfen und Hitze in den Lenden. Einer so präzisen Ausdrucksweise gegenüber verstummen Eliane und ihr Schamgefühl. Bei Tisch folgt peinliche Verblüffung auf die ersten Löffel Bouillabaisse. Claire bemerkt kokett in sehr klarem Stil:
«Ich fürchte, diese Bouillabaisse schmeckt nach verbrannten Zwiebeln.»
«Aber nicht doch», sagt Noël, der seines guten Herzens wegen allgemein beliebt ist.
Um dieses gute Herz auf die Probe zu stellen, bittet ihn Rose, für das Haus doch eine gewisse Anzahl von nützlichen Gegenständen zu kaufen, so zum Beispiel einen Badeofen, Perserteppiche und einen Kühlschrank. Als Noël als Antwort darauf Rose nahelegt, sie solle für ihn beten, damit er in der Lotterie gewinnt, stellt sie nicht ohne Realismus fest:
«Dann können wir auch gleich für uns selber beten.»
Es wird warm, aber es herrscht eine gute, gleichmäßige Wärme, die den gekühlten Wein und die ersten Früchte der Jahres
zeit noch köstlicher macht. Beim Kaffee spricht Eliane mit bemerkenswertem Mut über die Liebe. Wenn sie liebte, würde sie heiraten, sagt sie. Catherine hält ihr entgegen, wenn man liebe, sei das dringlichste, diese Liebe auszuüben, und diese materialistische Auffassung entsetzt Eliane. Rose, die sich gern auf Tatsachen stützt, würde ihr beipflichten, wenn nicht Unglücklicherweise die Erfahrung lehrte, daß durch die Ehe die Liebe getötet wird».
Eliane und Catherine aber zwingen ihre Gedanken zum Widerspruch und werden ungerecht, wie es sich gehört, wenn man über Temperament verfügt. Noel, der in Formen und in Ton denkt, glaubt an die Frau, an Kinder und an patriarchalische Überzeugungen in einem konkreten Dasein, das man nicht leicht nehmen kann. Rose, der Elianes und Catherines Stimmaufwand zuviel wird, tut daraufhin, als verstünde sie plötzlich die Absicht, die sich hinter Noels zahlreichen Besuchen verberge.
«Ich danke Ihnen», sagt sie, «und ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich diese Entdeckung verwirrt. Ich werde gleich morgen meinem Vater über «unsere» Pläne berichten, und in ein paar Tagen können Sie dann um meine Hand anhalten. »
«Aber...» wendet Noel ein, der nicht versteht, was sie im Schilde führt.
«Oh», antwortet Rose mit großem Schwung, «ich weiß. Aber ich verstehe Sie, ohne daß es von Ihrer Seite der Worte bedarf. Sie gehören zu den Menschen, die schweigen und deren Gedanken man erraten muß. Übrigens bin ich froh, daß Sie sich erklärt haben, denn Ihre häufigen Besuche fingen schon an, der Makellosigkeit meines Rufs zu schaden.»
Noel erklärt amüsiert und leicht beunruhigt, er sei entzückt, seine Wünsche durch Erfolg gekrönt zu sehen.
«Ganz zu schweigen davon», sagt Patrice, bevor er sich eine Zigarette anzündet, «daß ihr euch ein bißchen beeilen solltet. Roses Zustand verpflichtet euch, die Sache nicht zu lange aufzuschieben.»
«Wieso?» fragt Noel.
«Mein Gott», sagt Claire, «wir sind doch erst im zweiten Monat.»
«Und außerdem», setzt Rose in zugleich liebevollem und überzeugendem Ton hinzu, «sind Sie jetzt in dem Alter, in dem man glücklich ist, sich in dem Kind eines anderen wiederzuerkennen. »
Noel runzelt ein wenig die Stirn, und Claire lenkt gutmütig ein:
«Das Ganze ist ein Scherz. Man muß es nur mit Humor zu nehmen wissen. Gehen wir in den Salon.»
Damit ist die Diskussion über Prinzipien zu Ende. Dennoch redet Rose, die ihre guten Werke gern im stillen tut, mit sanfter Stimme auf Eliane ein. In dem großen Zimmer hat Patrice sich ans Fenster gesetzt, Claire steht an den Tisch gelehnt da, und Catherine hat sich auf der Matte
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