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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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Hengst zunächst zurück. Doch dann trabte er neugierig näher und beschnupperte den Adler, der zwar angriffslustig den Schnabel öffnete und die Flügel lüpfte, aber ansonsten der ungewöhnlichen Begrüßung standhielt. Die drei Männer lachten.
     
    „Es scheint, als würden sich auch diese beiden akzeptieren“, schmunzelte Scharin.
     
    „Das muß auch so sein“, antwortete Raigo, „denn ihr wißt ja, daß Argin stets auf dem Satte l knauf sitzt.“
     
    Er ergriff das Halfter und trat zu dem ruhig dastehenden Hengst. Ohne Widerstand ließ sich dieser von Raigo das Zaumzeug anlegen.
     
    „Das kennt er schon!“ rief Tamantes Raigo zu. „Das haben wir mehr als einmal ve r sucht, und er hat es sich immer gefallen lassen. Er hat auch nichts gegen den Sattel. Nur aufste i gen läßt er niemanden.“
     
    Nun hatte Raigo auch den Sattel aufgelegt und den Bauchgurt festgezogen. Mit angehalt e nem Atem sahen Tamantes und Scharin jetzt zu, wie Raigo seinen Fuß in den Steigbügel setzte. Überall aus dem Haus war das Gesinde zur Koppel gekommen und schaute sta u nend dem waghalsigen Versuch des Fremden zu.
    Als sich Raigo nun, beruhigende Worte murmelnd, in den Sattel schwang, entrang sich der breiten Brust des Hengstes ein qualvolles Stöhnen. Ein Zittern durchlief den mächtigen Leib, als sich Raigo nun im Sattel zurechtsetzte und sein zweiter Fuß den Bügel fand.
    Doch der Hengst blieb stehen. Nur seine Flanken jagten wie von schnellem Lauf. Sanft tä t schelte Raigo den Hals des Tieres und rief ihm aufmunternde Worte zu. Ein leichter Sche n keldruck - und tatsächlich! - der große Hengst ging seine ersten Schritte unter einem Reiter!
     
    „Ich kann es nicht glauben!“ murmelte Tamantes. „Aber es sieht wirklich so aus, als habe das Pferd nur auf Raigo gewartet.“
     
    „Vielleicht hat es das wirklich!“ sinnierte Scharin. „Wer weiß, welcher Gott es ihm befohlen hat?“
     
    Raigo lenkte den Rappen langsam über die Weide. Doch da setzte sich das Pferd ganz von allein in Trab, von dem es bald in einen gestreckten Galopp überging. Raigo ließ ihm seinen Willen. Er war viel zu froh, daß das Tier ihn trug, als daß er es hätte zügeln wollen. Am Ende der Koppel steigerte das Pferd seine Geschwindigkeit und setzte dann in elegantem Bogen über den Zaun.
    Raigo war ein ausgezeichneter Reiter, aber der Ritt, der nun folgte, übertraf alles, was er bisher erlebt hatte.
    Wie von der Sehne geschnellt schoß der Hengst davon, als berührten seine Hufe kaum den Boden. Raigo hatte sich dicht über den Pferdehals gebeugt, und die se i digen Mähnenhaare umflatterten sein Gesicht. Er hatte das Gefühl, völlig mit dem Pferdeleib zu verschmelzen, und die rasende Geschwindigkeit berauschte ihn wie schwerer Wein.
    Ein Schrei ungezügelter Freude sprang von seinen Lippen, und der Hengst antwo r tete mit einem dunklen Ton, der tief aus seinem Inneren zu kommen schien.
    Wie lange sie so dahingeflogen waren, hätte Raigo nicht zu sagen gewußt, denn das übe r wältigende Geschehen hatte ihm jedes Zeitgefühl geraubt. Er hätte immer so weiterreiten können, denn die Freude über dieses wunderbare Erlebnis hatte für kurze Zeit seine Sorgen verdrängt, als habe das ausgreifende Pferd sie weit hinter ihnen gelassen.
    Doch nun verlangsamte es seinen Schritt, und Raigo sah, daß sie sich wieder dem Gutshof näherten. Das kluge Tier hatte ihn in einem Bogen zu ihrem Ausgangspunkt zurückgetr a gen.
    Tamantes und Scharin mußte die Zeit zu lang geworden sein, denn als nun der Hu f schlag auf dem Hof erklang, kamen die beiden aus dem Haus gestürzt.
     
    „Da bist du ja wieder!“ rief Tamantes erleichtert. „Wir hatten schon gedacht, der Hengst sei mit dir durchgegangen.“
     
    „Nein“, lachte Raigo, „er hat mir nur eine Kostprobe seiner Schnelligkeit gegeben. Oh, Oheim, er fliegt mit der Schwalbe um die Wette, und sein Schritt ist so sanft wie der einer Katze! Welch' ein unvergleichliches Pferd! Und seht, sein Hals ist vollstä n dig trocken und sein Atem geht ruhig, als käme er von der Weide!“
     
    Raigo sprang aus dem Sattel. Während er das Pferd liebkoste, fragte er:
     
    „Ihr seht, er trägt mich freiwillig, Herr. So ist es also wahr, daß er nun mir gehört?“
     
    „Ja, er gehört dir“, antwortete Tamantes. „Und nun gebe ich ihn dir gern, denn ich sehe, daß er für dich bestimmt war. Möge seine Kraft und Schnelligkeit dich sicher durch alle Gefahren tragen! Doch nun komm, leg’ ihm deinen

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