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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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in den See, und die Kinder wandten sich wi e der ihrem Spiel zu.
    Als Raigo fast die Mitte des Sees erreicht hatte, hörte er von den Höhlen her einen Ruf. Er legte sich auf den Rücken und sah zum Ufer zurück. Er sah, daß die Kinder das Wasser verlassen hatten und zu den Höhlen zurückliefen. Kaum waren sie im Inneren verschwu n den, als ein Mann vor der Höhle erschien, aus der Raigo geko m men war, und ihn rief. Raigo machte sich auf den Rückweg, und bald hatte er das Ufer wieder erreicht. Er nahm seine Kleider auf und ging auf die Höhle zu, vor welcher der Rufer auf ihn wartete. Es war ein ält e rer Mann, und die Ähnlichkeit mit Huvran ließ seinen Sohn vermuten.
     
    Und tatsächlich sagte der Mann: „Ich bin Bearnir, Huvrans jüngster Sohn. Mein Vater bat mich, für deine Bequemlichkeit zu sorgen, solange er verhindert ist. Du wirst Hunger haben, denn die Sonne steht schon im Mittag, und du hast heute noch nichts zu dir genommen. Komm herein, das Mahl ist für dich bereit! Doch warte - vielleicht ziehst du es vor, hier dra u ßen zu essen. Bleibe nur hier in der Sonne, ich werde alles bringen lassen.“
     
    „Ich danke dir, Bearnir!“ antwortete Raigo. „Sage deinem Vater meinen Dank für seine Fü r sorge. Du hast recht, erst jetzt merke ich, wie hungrig ich bin. Ich würde gern hier draußen essen. Der Anblick eures herrlichen Tales wird mir das Mahl b e sonders würzen. Und solltest du mir die Ehre erweisen, mir Gesellschaft zu leisten, so könnte keine Königshalle einen schöneren Rahmen bieten.“
     
    „Diesen Wunsch erfülle ich dir gern“, sagte Bearnir erfreut, „denn auch ich suche deine G e sellschaft. Wir erfahren nur wenig über die Welt draußen, und außerdem gibt es mir Gel e genheit, mich in eurer Sprache zu üben, die der Vater mich lehrte, die ich aber so selten sprechen kann. Gedulde dich einen Augenblick - ich will nur rasch die nötigen Anweisungen geben.“
     
    Er verbeugte sich leicht vor Raigo und verschwand in der Höhle. Raigo setzte sich auf die Steinbank und blinzelte in die Sonne, die wohltuend auf seine vom Schwimmen ausgekühlte Haut brannte. Er hatte sich noch nicht wieder angekleidet. Die weiche Luft des Tales lag wie Seide auf seiner Haut, und eine kaum merkliche Brise streichelte zärtlich seinen Körper. Raigo nahm sich vor, Bearnir um die Erlau b nis zu bitten, die Kleider zum Essen nicht wieder anlegen zu müssen, wenn es nicht gegen die Sitte der Wyranen verstieße, halb bekleidet zu Tisch zu gehen. Er fühlte sich so viel zu wohl und hätte jetzt nur ungern seinen Körper der Sonne entzogen.
    Kurze Zeit später war Bearnir zurück. In seiner Begleitung waren zwei Jünglinge, die einen niedrigen Tisch und einige Felle trugen. Sie setzten den Tisch auf den Boden und breiteten dann die Pelze daneben aus.
    Als Bearnir Raigos Wunsch vernahm, lachte er. „Das ist gut! Es enthebt mich der Verpflic h tung unserem Gast gegenüber, in meinem jetzigen Aufzug speisen zu müssen. Wir Wyr a nen genießen den kurzen Sommer, den unser Tal uns bietet, denn die Winter hier sind lang und hart. So nutzen wir jede Gelegenheit, unsere Körper der Sonne auszusetzen, und ne h men unsere Mahlzeiten im Freien ein, sooft das Wetter es zuläßt. Und wir tragen an Kle i dung dabei nur das Nötigste, sieh dich nur um!“
     
    Wirklich, überall vor den Höhlen lagerten die Wyranen und nahmen ihr Mittagsmahl ein.
     
    „Eine angenehme und bequeme Sitte!“ lachte Raigo. „Ich wünschte, ich könnte das einmal in Ruwarad einführen.“
     
    Doch sofort verdüsterte der Gedanke an das ungewisse Schicksal der Heimat sein Gesicht. Wie konnte er nur scherzen, wenn die Heimat vielleicht in diesem Auge n blick in Flammen aufging! Auch Bearnirs Gesicht war ernst geworden. Er ahnte Raigos Gedanken, denn Huvran hatte seinem Sohn von der Prophezeiung der Stimmen und Raigos Befürchtungen erzählt. So ließen sich die beiden nieder, und keiner von ihnen sprach ein Wort, bis eine junge Frau das Essen aufgetragen hatte.
    Raigo bewunderte die Vielfalt und den Geschmack der Speisen, denn er hatte bis dahin nur Fladenbrot und Fleisch erhalten.
     
    Als er Bearnir diesbezüglich lobte, meinte dieser: „Das kann dich nicht verwundern, denn du weißt, daß wir die Existenz unseres Tals vor Fremden geheim halten . Würden wir ihnen j e doch die Früchte unserer Gärten anbieten, wäre offenbar, daß es einen solchen Ort geben muß. Der nächste bewohnte Ort ist Sepinkora, und auch das liegt viele

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