Der goldene Kuß
Kain‹ sollten fortgesetzt werden. Auf Zypern, wo Carlos Heimann noch zwei Fortsetzungen von ›Fremde Länder – fremde Killer‹ drehte, weil die Landschaft zu schön war und billige Hilfskräfte zu bekommen waren, wurden wieder Zimmer im Hotel bestellt. Ein neues Aufnahmeteam kam herüber, an der Spitze Chefkameramann Helmke. Die Regie blieb bei Heimann.
»Vera Hartung?« sagte Heimann, als er über den Hotelfernschreiber eingehende Informationen aus Deutschland bekam. »Das neue Wunderkind? Das Protektionspüppchen von Pelz? Kann die überhaupt meff und pipi sagen? Mein Gott, genügte es nicht, daß ich Tommy Brest am Halse habe?«
»Vera Hartung?« schrie auch Karin Jarut, als Theo Pelz die Abwesenheit Amar Sorbanias, der einen Besuch bei seinem Botschafter in Bonn machte, wahrnahm und eine angenehme Stunde verleben wollte. »Du hast es wirklich gewagt, meine Rolle, meine Rolle an diese … diese … zu vergeben? Oh, du Heuchler …« Sie warf mit Vasen um sich und trat gegen die Badezimmertür, hinter der Theo Pelz Schutz gesucht hatte und das Abflauen ihrer Wut abwartete. Das mußte bald sein, denn Karins Ausbrüche hörten dann auf, wenn sie keine Zuschauer hatte.
»Weißt du, was ich tue?« schrie sie durch die Tür.
»Nein! Aber nimm nicht die China-Vase. Die ist echt. Zweite Ming-Dynastie.«
»Ich werde auch filmen! Bei der RTA. Jawohl!«
»Bei wem?« Theo Pelz öffnete die Tür. Der Name RTA machte ihn so mutig, daß er selbst eine neue Vase in Kauf nahm. Aber Karin Jarut warf nicht mehr. Sie stand mitten im Zimmer, zwischen Scherben und umgeworfenen Sesseln, ganz Triumph, ganz Rachegöttin.
»Sag das noch einmal, Süße!« bat Pelz.
»Da staunst du, was?«
»Allerdings.«
»Die RTA dreht gerade in Hamburg ein paar Hafenaufnahmen. Mr. Withcock hat mich vorgestern angerufen. Die Amis sind bereit, mit mir einen Fernsehfilm zu drehen. Einen Zweistundenstreifen. Es gibt zur Auswahl drei Themen. Eine der Geschichten könnte man gut auf Zypern drehen.«
»Karin … ich ahne Fürchterliches.«
»Nicht wahr?«
Pelz hob einen Sessel auf und setzte sich hinein. Karin hockte sich auf die Lehne. Vor Triumph zerwühlte sie Pelz' Haare.
»Man ist bei der RTA durch euren blöden Hinausschmiß auf mich aufmerksam geworden. Sie haben mir einen Vertrag geboten, von dem deutsche Funkhäuser nur träumen können. Mr. Withcock will aus mir einen Superstar machen. Nun bist du platt, was?«
»Withcock ist ein alter Lustlümmel von siebenundsechzig Jahren. Das ist alles.«
»O Himmel, Moral in diesen seufzenden Wänden?« Karin lehnte sich zurück. »Ich werde dem Alterchen ein bißchen über die Wangen streicheln …«
Pelz sah auf Karins lange Beine und nickte. »Das kenne ich.« Plötzlich sprang er auf, stampfte im Zimmer herum und trat gegen die Vasenreste. »Was bist du nur für eine Type!« schrie er. »Da rackern sich Tag für Tag Tausende fleißige, anständige Menschen in den Funkhäusern ab, geben ihr Bestes, bemühen sich um Leistung, ringen jeden Tag mit den Zuschauern um die Gunst, müssen ihr großes Können beweisen, lassen Nerven und Kraft, müssen mit immer neuen Ideen kommen – und du schaffst das alles mit ein paar Drehungen, mit hundertzehn Pfund wohlgeformten Fleisches!«
»Wem Gott gibt einen schönen Körper, dem gibt er mit ein Stück vom Paradies! Das ist ein arabisches Sprichwort!« Karin Jarut sprang von der Sessellehne. »Ich werde das Drehbuch mit dem Wüstenstoff akzeptieren.«
»Und dann?« fragte Pelz ahnungsvoll.
»Dann drehen Vera Hartung und ich Rücken an Rücken. Ist das nicht ein Knüller?«
»Und die Biestereien nehmen überhand.«
»Mein süßer Knabe!« Karin Jarut tänzelte zwischen den Scherben herum. Sie kostete ihre Überlegenheit aus wie Rauschgift. »Ihr habt alle einen großen Fehler gemacht: Eine Frau wie mich setzt man nicht vor die Tür. Kannst du dir einen Tiger als Schäferhund vorstellen?«
»Schlecht.«
»Na also. Ihr solltet mehr die Natur der Frau studieren.«
Es wurde kein gemütlicher Abend zu zweit. Theo Pelz verließ recht bald und sehr in Sorge die entzückende kleine Wohnung, die einmal sein ganz privater Garten der Liebe gewesen war.
*
Der Abflug nach Larnaka auf Zypern gestaltete sich zu einer Demonstration. Bis heute weiß niemand, wer die Presse benachrichtigt hatte und die Kollegen von der Fernsehkonkurrenz. Auf jeden Fall war die Flughalle mit Fotografen und Kameras gefüllt, als nacheinander Vera Hartung mit Theo Pelz und dem
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