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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beobachten. Man kann unter Millionen Menschen einsam sein …« Rathberg sah auf seinen Terminkalender. Wie ich, dachte er. Das müßte ich hinzufügen, dachte er. Aber wen geht's etwas an?
    Die Direktoren verließen die Konferenz in gedrückter Stimmung. Erst in ihren Büros machten sie sich Luft. »Wieder so ein Spleen von dem Alten!« sagte einer für alle. »Detektiv und Seelenforscher … das fehlte ihm noch! Genügt es nicht, aus unserem Funkhaus einen Kindergarten zu machen? Eines Tages erstickt er an Moral …«
    Aber der Auftrag wurde ausgeführt. Wie Steinchen eines Mosaiks wurde das Lebensbild des toten Klaus Damms zusammengesetzt. Aus Äußerungen, aus Reden, aus Beobachtungen. Es entstand das Bild eines Mannes, der den Sport über alles liebte, der gern einen trank, gesellig war und fröhlich, der nur Freunde und keine Feinde hatte.
    »Ein sauberes Leben!« sagte Dr. Rathberg ratlos. »Und trotzdem macht er so etwas? Verstehen Sie das, Herr Pelz?«
    Theo Pelz verstand es nicht. Für ihn gab es nichts auf der Welt, was Anlaß sein könnte, sich das Leben zu nehmen. Der Hauptgrund – eine unglückliche Liebe – fiel völlig aus. Es gab Frauen genug. Sich wegen einer zu töten, war für ihn der Gipfel der Dummheit.
    Es dauerte einige Tage, bis Theo Pelz wußte, warum Klaus Damms sich das Auspuffgas seines Wagens in seine Lunge geleitet hatte. Dann allerdings wurde auch er sehr nachdenklich und hob sich die Wahrheit für einen passenden Augenblick auf. Es war ein Schlag, der jemanden tödlich treffen konnte.
    *
    Vera Hartung verlebte unbeschwerte Tage in ihrer einsamen Schwarzwaldpension. Genaugenommen waren es allerdings nur drei Tage, denn dann kreuzte plötzlich Carlos Heimann auf. Er stand wie vom Himmel gefallen vor ihr und freute sich, daß die Überraschung gelungen war.
    »Da staunst du, was?« rief er und zog Vera an sich. »Ich habe die Leute im Funkhaus überzeugen können, daß auch die Drahtseilnerven eines Heimann einmal die Belastungsgrenze erreicht haben … und das war die Zeit auf Zypern. Man hat mir vierzehn Tage Erholung verschrieben, und nun bin ich hier!«
    »Ausgerechnet hier, wo doch die Welt so groß ist.«
    »Ja, das ist lustig, was?«
    »Wenn man den dazugehörigen Humor hat … Was macht Horst?«
    »HH ist in Hamburg.«
    »Er sollte auch Urlaub haben.«
    »Den bekommt er nach den Aufnahmen in Hamburg. Kleine Sache. Zwanzigminutenstreifen zwischen dem Werbefernsehen. Über den Hafen, mit Schmugglern, Knallerei und Liebe auf St. Pauli. Das Übliche. Dann hat er frei bis zum ›Goldenen Kuß‹. Sagt der Alte.«
    »Und was willst du hier?« fragte Vera direkt. Das Auftauchen Heimanns in ihrer Schwarzwaldeinsamkeit kam ihr verdächtig vor.
    »Mich erholen!« Heimann breitete die Arme aus, zog Vera wieder an sich und küßte sie plötzlich. Sie stieß sich von ihm ab, wich ein paar Schritte zurück und schüttelte sich, als käme sie aus dem Wasser.
    »Bist du verrückt?« schrie sie. »Mach das nicht noch einmal!«
    »Himmel, war das so schlimm? Ein Busserl in Ehren …« Carlos Heimann sah Vera mit leuchtenden Augen an. »Kind, was bist du hübsch, wenn du wütend bist! Deine Augen werden ganz schwarz.«
    »Und meine Hände rutschen aus!«
    »Wir haben vierzehn Tage Zeit, uns aneinander zu gewöhnen.«
    »Ach! Ist das deine Kur? Wofür hältst du mich?«
    »Für die schönste Frau, die ich seit Jahren gesehen habe.«
    »Ich bin mit Horst verlobt, das vergißt du.«
    Heimann zog ein schiefes Gesicht. Man sah ihm an, daß er von Verlobung wenig hielt, als Schutz vor anderer Liebe schon gar nichts. Er vertraute auf seinen derben Charme, der noch immer Wirkung gezeigt hatte. In vierzehn Tagen würde auch Vera Hartung einsehen, daß die Liebe Heimanns ein einmaliges Erlebnis war, auf das man niemals verzichten sollte.
    Wie gesagt – die Ruhe war dahin. Mit der Selbstverständlichkeit, mit der ein Maulwurf Erdhügel aufwirft, ließ er am nächsten Tag sein Frühstück an Veras Tisch decken und bestellte für sie ein weichgekochtes Ei im Glas.
    Vera aß es nicht, mietete sich einen Pferdeschlitten und fuhr allein hinaus in die Berglandschaft. Am Abend ließ sie sich ihr Essen aufs Zimmer bringen, am nächsten Morgen frühstückte sie im Bett. Carlos Heimann sah die spöttischen Blicke der anderen Pensionsgäste und kam sich reichlich dumm vor. Um Veras Zorn zu versöhnen, kaufte er für sündhaftes Geld einen Strauß weißen Treibhausflieder und schrieb ein Kärtchen dazu.
    »Frieden!

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