Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
Vom Netzwerk:
und schlug zu, einmal ... zweimal ... dreimal. Die Uhr verkündete die Stunde. Der Drache starb. Er war in drei Teile gehackt, die Rubin-Eingeweide bloßlegten. Die ganze Drehscheibe vor dem Zifferblatt kreiste und trug die Figuren zurück hinter goldene Türchen.
    Aiken Drum verstaute Werkzeuge in Taschen. »Es war nicht besonders schwierig. Dreck im Getriebe, ein abgenützter Zahn an einem der Rädchen. Du solltest dir von einem Glasbläser eine Abdeckhaube machen lassen, Süße. Vorbeugende Maßnahme.«
    »Das werde ich«, versprach die alte Frau. Sie trug das kunstvolle Spielzeug von dem Tisch, wo Aiken daran gearbeitet hatte, zu einem sicheren Platz auf einem hohen Brett. Dann drehte sie sich zu ihm um und streckte ihm grinsend beide Hände entgegen.
    »Schon wieder?« protestierte er. »Unersättliche alte Schnalle! Oder vielleicht nicht?«
    »Das sind alle Tanu-Frauen«, gackerte sie und zog ihn ins

 

 
    Schlafzimmer, »aber nur wenige Männer können es mit Mayvar aufnehmen und am Leben bleiben, mein Leuchtender, wie du mittlerweile wissen solltest. Wenn ich nun einen wie dich finde, muß ich ihn immer wieder prüfen. Und Übersteht er es - ah, dann!«
    Das Zimmer war sehr dunkel und kühl und die schreckliche alte Frau nur ein wartender Schatten. Frei von dem goldenen Anzug, schwebte Aiken durch die Luft zu ihr und wurde verschlungen. In ihm waren jedoch keine Furcht und kein Zurückschaudem - nicht mehr seit das erste Mal ihm gezeigt hatte, was hinter der abstoßenden Hülle steckte.
    O erstaunliche Hexe mit deinem verborgenen Kessel von beinahe tödlicher Vergewaltigung! Du würdest meinen ganzen Vorrat an Lebenskraft nehmen, wenn ich dich ließe - und mich wegstoßen, sobald ich deine alten Nervenfeuer gefüttert und wieder zu Jugendlichkeit angeschürt hätte! Aber ich werde nicht sterben, Hexe. Ich werde nicht ausbrennen. Ich bin dir gewachsen, alte Mayvar, ich bin sogar stärker als du, und ich hebe dich mit mir empor. Du kannst ruhig schreien. Komm und zaudere nicht, Mayvar! Schrei dich zu Tode, Mayvar! Dann platze und falle, wenn du genug gehabt hast von dem Leuchtenden, der deinen Test wieder besteht und lacht ...
    Der Kasper zog seine goldenen Stiefel an und gab ihrer Häßlichkeit einen Klaps reiner Zuneigung. »Weißt du, du bist selbst recht gut, Hexe.«
    »Einst hat der Thagdal das gleiche gesagt.« Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Und mein geliebter Lugonn, auf den ich vor seinem Tod so große Hoffnungen setzte.« Sie zeigte ihm, wie es damals am Schiffsgrab gewesen war, gleich nach ihrer aller Ankunft im Vielfarbenen Land.
    »Was seid ihr für eine seltsame Rasse«, stellte Aiken fest. »Kein bißchen zivilisiert. Ihr säßet jetzt schön in der Tinte, wären die Menschen nicht durch das Zeitportal gekommen und hätten alles für euch organisiert. Ihr solltet dankbar sein, statt uns zu grollen.«
    »Ich grolle dir nicht«, sagte Mayvar friedlich. »Komm näher, mein schöner Junge!« Sie zog den Ring unter dem Kissen hervor und hielt ihn ihm hin.
    »Brauche ich ihn?« Sein Mund zuckte mit der alten Bosheit. »Willst du noch mehr von mir, gefräßige Mayvar?«
    Aber diesmal war sie ernst. »Du hast noch einen langen Weg zu gehen und ein gutes Stück zu wachsen, bevor du gegen den größten der Heerschar antreten kannst, Aiken Drum. Es gibt welche, die können dich töten - täusche dich nicht. Wenn du klug bist, läßt du keine Vorsichtsmaßnahme außer acht und folgst meinem Rat. Nimm ihn!«
    Er legte sich den gedrehten goldenen Reif um den Hals und ließ das Schloß zuschnappen. Mayvars knotige Finger lösten den alten Silberreif und warfen ihn neben das Bett.
    »Ich will tun, was du sagst, liebe Hexe. Und will den Spaß bei jedem Schritt des Weges voll und ganz genießen.«
    Sie stand von dem Bett auf, und er half ihr, das purpurne Gewand anzulegen. Dann gingen sie hinaus in ihr Wohnzimmer, wo er ihr weißes Haar kämmte und nach Erfrischungen rief, die sie beide nötig hatten.
    »Du hast dich mir bewiesen«, sagte Mayvar schließlich. »Aber du mußt dich auch ihnen beweisen. Sie müssen dich aus freien Stücken akzeptieren. Das ist unser Weg.«
    Die goldene Uhr auf dem Brett ließ eine Fanfare erklingen. Wieder rutschte der Drache vorwärts, und der Ritter griff ihn an, und diesmal wurde die juwelenbesetzte Beute in vier Teile gehauen, was die Stunde angab.
    »Du möchtest, daß ich gehe und desgleichen tue«, bemerkte Aiken. »Ich soll all dem Volk zeigen, was für ein großer

Weitere Kostenlose Bücher