Der goldene Ring
brennendem Kabinenmaterial eingeatmet, das Velteyns Feuerkugeln in Brand gesetzt hatten. im Gegensatz zu Claude und Richard hatte sie keine ernsten Brandwunden davongetragen. Aber Amerie machte sich schwere Sorgen Über den Schaden an Madames Lungen, die mit den vorhandenen Medikamenten und Geräten nicht behandelt werden konnten. Außerdem weigerte die alte Frau sich auszuruhen und war hartnäckig entschlossen, persönlich an' der nächsten Phase ihres Plans teilzunehmen. Das jugendliche Äußere, das die Verjüngung ihr gegeben hatte, begann zu verblassen. Es hatten sich tiefe Furchen auf ihrer Stirn und neben ihrem schmalen Mund eingegraben. Wangenknochen und Adlernase sprangen in dem hager gewordenen Gesicht scharf vor. Der goldene Ring hing lose um ihren dünnen, sehnigen Hals.
Kawai sagte: »Bei uns im Lager sind noch fünfhundertfünfzig Seelen, die meisten trotz ihrer geistigen Verwirrung bei guter körperlicher Gesundheit. Meine Meinung, wie auch die der drei befreiten Ärzte, ist, daß die Leute sich erholen werden, sobald man ihnen eine nutzbringende Tätigkeit gibt. Wir wollen in den nächsten drei Tagen damit beginnen, die Kräftigsten zu verteilen. Sie werden mit Homi und Axel und Philemon zu den Eisenwerken von Nancy reisen. Andere von unsern eigenen Leuten und einige der Freiwilligen, die noch hier sind, begleiten diese Gruppe mit Vorräten. Wenn alles nach Plan verläuft, ist innerhalb von zwei Wochen zumindest die Schale eines befestigten Dorfs erbaut. Mehrere kleinere Siedlungen sollen zwischen hier und Nancy entstehen, sobald Philemon und Axel die Arbeiter ausbilden können.«
Madame nickte. »Bien, entendu. Nur denken Sie daran -die Herstellung von Eisen muß Priorität haben! Nichts darf versäumt werden, um jene Flüchtlinge zu ermutigen, die zu dieser Arbeit bereit sind. Wir müssen alle Geringen so schnell wie möglich mit Eisenwaffen ausrüsten.«
Sie gingen zwischen den improvisierten Hütten auf einen Nebenfluß des Rheins zu, wo das Lazarettzelt aufgestellt worden war. Viele der Flüchtlinge kamen aus ihren Unterkünften, standen schweigend da und beobachteten Madame. Sie nickte ihnen zu und sprach hier und da einen mit Namen an, denn beinahe alle diese Leute hatten die Auberge passiert, als sie sie noch führte - und selbst jene, die sie nicht persönlich kannte, wußten ganz genau, wer sie war.
Einige von ihnen lächelten. Eine Anzahl von Gesichtem trug offene Feindseligkeit zur Schau, und ein Mann spuckte aus und drehte ihr den Rücken zu. Die meisten gafften jedoch so stumpf, daß es der alten Frau das Herz umdrehte.
»Es war richtig, was wir getan haben!« Sie eilte zwischen Burke und Kawai dahin, die Arme steif an den Seiten. »Sie mußten befreit werden. Sie werden sich bald daran gewöhnen, und dann werden sie wieder zufrieden sein.«
»Natürlich«, sagte Häuptling Burke sanft.
»Sie sind immer noch in schwerem Schock«, erklärte Kawai. »Wir müssen Nachsicht üben. Später werden sie anerkennen, daß wir ihre Bande gelöst haben.«
»Doch viele werden mich weiterhin hassen.« Madames Stimme war tonlos. »Erstens, weil ich sie in die Sklaverei geschickt, und zweitens, weil ich sie daraus befreit und in neue Ungewißheit geworfen habe. Ihr Elend lastet schwer auf meinem Gewissen. Hätte ich ihnen nicht erlaubt, das Zeitportal zu durchschreiten, wäre es nie zu dieser Tragödie gekommen.«
»Sie hätten einen anderen Weg gefunden, sich elend zu machen«, meinte Burke. »Sehen Sie mich an! der letzte der Shmohawks, um Gottes willen. Nach dem Großen Häuptling geht kein Wallawalla mehr in die Ewigen Jagdgründe ein - so dramatisiere ich die verdammte Schande, indem ich eine Pressekonferenz einberufe und den verderbten Bleichgesichtern erzähle: >Ich will nicht mehr auf ewig kämpfen. < Auf einem Dutzend Yankee-Planeten blieb vor den Drei-D-Geräten kein Auge trocken, als der edle indianische Jurist seine Geste machte. Aber später bekam ich einen Brief von dem Stammesrat der Yakimas, ich solle schleunigst auf die Richterbank zurückkehren und aufhören, ein verdammter Kvetch zu sein.«
»Wir alle sind töricht gewesen, Angélique«, sagte Old Man Kawai, »und Ihnen ist daraus kein Vorwurf zu machen. Ohne Ihr Zeitportal, das mir einen ehrenvollen Abgang bot, hätte ich mir wahrscheinlich das Leben genommen. Das trifft sicher auf viele von uns Exilbewohnern zu. Und statt dessen kam ich hierher - und es ist wahr, daß ich anfangs viel zu leiden hatte, solange ich
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