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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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und – wir sprechen hier schließlich von Harticles – unerschütterlich analog. Entscheidend ist jedoch, dass Cecily der Index ist, das Wortregister. Wenn man etwas innerhalb einer vertretbaren Zeitspanne finden möchte, fragt man am besten sie – aber sehr, sehr höflich und, wenn möglich, nicht ohne ihr dabei zu schmeicheln. Cecilys Spitzname – die Menschenfresserin – ist schließlich nur zum Teil scherzhaft gemeint, und Bob, ihr Ehemann, bezeichnet sich selbst freimütig als Leibeigenen.
    »Cecily, weißt du irgendetwas über das Loganfield Museum in Edinburgh?«
    »Nichts Neues, seit es dichtgemacht hat. Warum?«
    Joe ist nicht überrascht und nickt vor sich hin. »Wollte nur sichergehen. Was fällt dir zum Thema gefährliche Bücher ein?«
    »Oh! Ja, natürlich. Davon gibt es Dutzende. Die Kirchen sind nach Gutenberg in ziemlichen Aufruhr geraten, Joe, weil plötzlich jeder alles drucken und verbreiten konnte. Päpste sind wegen allem Möglichen in Schwierigkeiten gekommen. Lehnsherren haben sich über die abstrusesten Klatschgeschichten ereifert, die in Pamphleten abgedruckt wurden – vieles davon entsprach der Wahrheit, und beinahe alles, das muss ich sagen, liest sich ganz wunderbar!« Ein donnerndes Lachen am anderen Ende. »Es gibt sogar ein paar Bibeln mit Druckfehlern, die ihnen einen recht pikanten Anstrich verleihen. Du sollst ehebrechen und all so was. Leute sammeln sie, Bischöfe verbrennen sie. Was für Idioten. Als ob Gott sich für verhunzte Typographie interessiert.«
    »Es geht nicht um so eins, es ist moderner.«
    »Na, dann raus damit, Joe. Von was für einer Art von Schwarte «, sie betont das Wort hart, genießt seine Verrücktheit, »sprechen wir denn?«
    »Er nannte es das Buch der Hakote.«
    Ein kurzes Husten am anderen Ende der Leitung, ein unterdrücktes Bellen.
    »Cecily?«
    »Ich bin da.«
    »Was ist los?«
    »Hakote, das ist los.«
    »Du hast davon gehört?«
    »Natürlich hab ich das, verdammt. Lass die Finger davon, Joe. Mach dich aus dem Staub. Es ist Gift.«
    »Ich kann nicht. Ich glaube, es klebt an mir fest.«
    »Dann wasch es ab. Schnell.«
    »Wie? Ich weiß nicht, was es ist!«
    »Es ist der Geist in der Dunkelheit, Joe. Vom äußersten Winkel Spaniens bis zum Schwarzwald und den ganzen Weg ins verdammte Minsk. Die Hexenkönigin an der Weggabelung. Bloody Mary, Baba Yaga. Es ist ein Fluch.«
    »Cecily! Jetzt stell dich nicht so an!«
    Die Leitung bleibt still. Dann fragt sie scharf: »Wer ist Er ?«
    »Was?«
    »Du sagtest ›Er nannte es‹. Wer ist dieser Er ? Nicht Billy Friend, der schändliche kleine Lustmolch, bitte!«
    »Nein. Jemand anders. Er scheint zu glauben, ich hätte das Buch.«
    »Und, hast du’s?«
    »Ich … nein. Es könnte sein, dass ich es mal gehabt habe.«
    Er hört ihr Seufzen, vielleicht auch nur, wie sie nachdrücklich ausatmet.
    »Hakote, Joe. So nennt man … ein Schreckgespenst. Verstanden? Einen Aussätzigen oder eine … eine Todesfee. Wie Grendels Mutter. Das kann tödlich enden. Die Hakote soll in einem Dorf ein Schloss gebaut haben, und eines Nachts erhob sich die See und verschluckte den kompletten Ort.«
    Joe Spork versucht zu lachen. Es ist ja nun doch ziemlich albern. Gespenstergeschichten sind absurd, im Hier und Jetzt, im Licht der schwachen, aber beruhigenden Sonne – aber Cecily Foalbury ist ein harter, alter Knochen und hat für Fantastereien und Aberglauben eigentlich nichts übrig. Doch: heute Morgen der seltsame, vogelartige Mann mit der Stoffverhüllung über dem Gesicht – eine Kapuze? Eine Haube? Ein Verband?
    »Lepra ist heilbar«, sagt er fest. Widerwärtig, aber heilbar und natürlich, und man fängt es sich auch nicht so leicht ein.
    »Joe, sie sind nicht bloß krank. Die Leprakranken waren Aussätzige, schön und gut, aber die Hakote … Es geht um Menschen der Neuzeit, nicht um mittelalterliche Bauern. Und … nun, ich weiß nicht. Es ist wie mit dem Grab der Pharaonen. Es gibt eine lange Liste von Leuten, die gestorben sind, weil sie ihnen zu nahe gekommen sind.«
    »Zu nahe woran?«
    »Ich denke, das zu wissen, ist das, woran man stirbt.«
    »Cecily …«
    »Oh, sei doch nicht so verdammt begriffsstutzig, Joe! Natürlich ist das alles Quatsch, aber das ist Quatsch mit toten Leuten, und ich will nicht, dass du am Ende einer von ihnen bist.«
    »Ich auch nicht. Na schön. Sie sind schlimm. Piraten, Mörder, was auch immer. Ich habe das Buch nicht, aber irgendwer glaubt es, und das könnte zum Problem werden.«

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