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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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goldenen Ball bezeichnen würde, der zu dem mechanischen Apparat zu gehören scheint, dessen Funktion ich aber bislang noch nicht erkennen konnte. Es ist also ein Rätsel. Ein Buch, das mehr ist als ein Buch, und dazu eine Maschine, die irgendetwas mit dem Buch anstellt. Und um das Bilden von Neologismen zu vermeiden – eine Praxis, die ich, wie du weißt, verabscheue –, nenne ich es ein Dingsbums.«
    Joe Spork blickt Billy durch verengte Augen an. Es gefällt ihm gar nicht, so leicht an der Nase herumgeführt worden zu sein. Er weiß, dass Billy weiß, dass er für derartige Dinge eine besondere Vorliebe hegt. Er geht also davon aus, dass nun ein Haken folgt, eine Aufgabe von geistesabtötender Langweiligkeit, die seine Freude relativieren wird.
    »Und was muss ich im Ausgleich für diesen Dingsbums-Job tun?«
    »Nichts Schlimmes, Joseph, nur eine kleine Reparatur, nichts Primitives oder Kriminelles …« Billy kommt ins Stocken. Etwas in Joes Gesicht zeigt ihm wohl an, dass es mit der Spork’schen Geduld ein Ende hat. Er hebt beschwichtigend die Hand. »Ich zeig dir mal den Patienten, okay? Er ist ein wenig speziell.« Und schon steht das Päckchen auf dem Tisch, und es dauert nur eine Sekunde, bis es sich offenbart hat. Es ist ein ziemlicher Hingucker in diesem stillen Café. »Scharf, was? Diese Viktorianer haben ihre Spielzeuge echt geliebt. Ihre Erotomaten , um es mal so auszudrücken. Ihre Wie geht’s denn dem Herrn Vater? , auch wenn dies hier mehr so aussieht wie Wie geht’s denn dem Herrn Vater, und kann ich Ihnen anschließend etwas zu trinken bringen und vielleicht auch etwas für Ihr Fräulein Schwester? Ich hab mal Schwestern so wie die hier gekannt, weißt du. Da hast du was in der Hand.«
    Das Objekt ist tatsächlich ein Automat, ein Uhrwerk-Tableau aus Blech und Bleifarbe, sowie Stoff, um die Figuren hervorzuheben, und einem Messing- und Stahl-Uhrwerk, das unter dem Glasboden sichtbar ist. Ein lüsterner Geselle, der nach Wildhüter aussieht, steht auf der einen Seite und zwei Damen in Reitkostümen auf der anderen, und als Billy Friend einen Schalter umlegt, bewegen sich die Figuren in einer enger werdenden Spirale umeinander herum, bis der Wildhüter seine Hosen runterlässt, die Damen ihre Röcke lüften und sich ein in seiner Größe recht unrealistisches Objekt aus der Juteunterwäsche des Wildhüters erhebt und geschmeidig in eine passende Öffnung in Schwester eins eindringt, während Schwester zwei an einer Wand lehnt und sich ziemlich wild selbst befriedigt. Dann aber beginnt das ganze Ding zu zittern, der Kopf von Schwester eins dreht sich einmal um 360 Grad, und der Wildhüter scheint eine Art Bruch zu erleiden und kann nicht weitermachen. Das gesamte Ensemble kommt schnarrend und ächzend zum Stehen.
    Joe stellt wütend fest, dass er errötet. Billy Friend grinst die Kellnerin an, die die Vorrichtung mit großen Augen anstarrt und in gewisser Hinsicht wie eine Schwester Nummer drei aussieht. Sie reißt sich zusammen, grinst zurück und marschiert dann in die Küche.
    »Um Himmels willen, Billy.«
    »Ach, nun komm. So ’n hübscher Kerl wie du, Joseph – du bist ein bisschen zu jung, um so alt zu sein. Sag mal, warum geh’n wir nicht mal abends zusammen weg?«
    »Nein danke. Erzähl mir von dem Uhrwerk-Buch.«
    »Es war früher viel lustiger mit dir, Joe. Du bist zimperlich geworden, das ist es. Schlimm, wenn einem so was passiert, macht einen um Jahre älter. Ich kenne da einen Laden in Soho. Nein, nicht so eine Art Laden, obwohl, wenn du willst … nein, hab ich mir schon gedacht. Nein, bloß eine Bar, Alter, mit Kunden, die immer gut drauf sind. Hauptsächlich Australier. Gelangweilt und unternehmungslustig.«
    »Billy, ich sag das jetzt nur noch ein Mal, und danach geh ich davon aus, dass du mich einfach bloß verarschen wolltest. Okay? Ich muss nämlich meinen Laden aufmachen. Also, Gott helfe mir: Erzähl mir von deinem Dingsbums.«
    Billy Friend betrachtet Joe und sieht, wenn nicht Entschlossenheit, dann doch Langeweile, und legt sich ins Zeug.
    »Der Klient wünscht, dass es gereinigt, repariert und einsatzfähig gemacht und dann zu einem Gentleman in Wistithiel geliefert wird. Das ist übrigens in Cornwall. Barzahlung im Voraus, versteht sich, schließlich leben wir in einer harten und unehrlichen Welt.« Billy Friend, seines Zeichens selbst hart und unehrlich, stößt das Seufzen eines enttäuschten Philanthropen aus. »Der Klient hat außerdem ein dazu passendes

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