Der goldene Schwarm - Roman
Schlechtes antut, dann bin ich es.
Wir sind wütender, als Sie es sich vorstellen können. Und Sie befinden sich hier bei uns im Nur-keine-Hemmungen-Land. Es ist wie das Wunderland, Mr Cummerbund. Nur weit weniger lustig.«
Sie lächelt scharf.
»Eine Freundin von mir hätte gesagt«, fügt sie hinzu, »wir seien agl æ c-wif . Monströse Hexen. Man könnte uns auch Frauen nennen, die es in sich haben. Inwiefern wir das hier, in diesem Raum, unter Beweis stellen, liegt ganz bei Ihnen.«
Dann sitzen sie still beisammen und lauschen dem gedämpften Rauschen des Verkehrs, dem Wind in den Bäumen und dem Geräusch, mit dem sich Cecily Foalbury ein Stück Schokoladenkeks aus ihrem altehrwürdigen Zahnersatz pult. Bastion tapert quer durchs Zimmer zu Joe und gurgelt so lange trauervoll vor sich hin, bis er hochgehoben und auf dem Arm gehalten wird.
Abbie Watson geht die sinistren Apparaturen auf dem Tisch durch, als könne sie sich nicht entscheiden, womit sie beginnen soll. Arvin Cummerbund erinnert sich schwach, dass sie ausgebildete Krankenschwester ist. Er fragt sich, wer auf ihre Kinder aufpasst und ob sie sie wohl hierher mitbringen wollte. Selbst Mercer Cradle sieht aus, als habe er ein wenig die Hosen voll bei dem Gedanken daran, was wohl als Nächstes passieren wird, und das ist nun wirklich alarmierend, denn soweit Arvin Cummerbund bislang feststellen konnte, hat Mercer keinerlei Gewissensbisse, wenn es um diejenigen geht, die das Wohlergehen seiner Familie gefährden.
Ein Schatten fällt auf Arvin, ein Schatten, der ihn mit einem gewissen Maß an Schuld erfüllt. Er atmet kurz ein und schaudert bei dem Geruch von Hundeatem. Bastion schnüffelt neugierig an ihm herum und gähnt dann, wobei er seine Zahnstümpfe und jede Menge Schleim offenbart.
»Mercer«, sagt Polly Cradle, »wenn du so gut sein würdest.«
Mercer erhebt sich, verlässt den Raum und kehrt mit einem schweren Glasbehälter, einer Art Korbflasche, zurück, die mit einem rötlichen Schlick gefüllt ist.
»Hervorragend«, sagt Polly Cradle. »Nun, da wir auch Mr Titwhistle bei uns haben, müssen Sie keine Skrupel mehr haben, hinter seinem Rücken über ihn zu sprechen.« Sie deutet auf den Schlick. »Auch wenn ich fürchte, dass es recht schwer zu entscheiden ist, wem er gerade den Rücken zukehrt.«
Arvin Cummerbund starrt das Glas an. Das kann unmöglich Rodney Titwhistle sein. Diese Leute würden nichts derartig Abscheuliches tun. Dessen ist er sich fast sicher. Und doch ist Polly Cradles Analyse recht überzeugend gewesen. Ebenso wie die Instrumente, die vor ihm auf dem Tisch liegen.
Die Stille wiegt sehr schwer, während er darüber nachdenkt.
»Nein«, sagt Joe Spork unvermittelt. »Das bin ich nicht. Das sind nicht wir.«
Polly schaut zu ihm hinüber.
»Das hier …« Er deutet in den Raum. »Das sind sie . Nicht wir.«
Polly Cradle nickt. »Okay.«
Joe setzt den Hund ab und blickt Arvin in die Augen.
»Arvin«, sagt er, »das sind alles Tierinnereien in dem Glas. Und Trauben. Wir werden Sie nicht ausbluten lassen oder in den Häcksler stecken.«
»Und ich werde Sie auch nicht aufessen«, wirft Cecily Foalbury ein, was aber nicht wirklich beruhigend klingt.
»Ganz recht«, fährt Joe Spork fort, »auch wenn Abbie sehr gute Argumente dafür angeführt hat, dass ich mit einem gesalzenen Brett die Scheiße aus Ihnen herausprügele, wegen allem, was Sie Griff angetan haben.«
»Und ich habe angeboten, das Brett zu kaufen«, fügt Schwester Harriet förmlich hinzu.
»Aber, ernsthaft, Arvin, hören Sie zu. Sie müssen wissen, dass das, was sich bei Ihrer Behörde gerade abspielt, eine Katastrophe ist. Ich meine, ein scheiß Albtraum. Bedenken Sie, mit wem Sie sich da abgeben. Die Ruskiniten sind Monster. Die jagen sogar den Profiverbrechern Angst ein, und das klingt natürlich erst einmal ganz großartig, bis man daran denkt, dass Sie, Arvin, eigentlich aufseiten der Guten stehen müssten. Sie unterhalten Folterlager in den Shires; Sie nehmen Menschen in Haft ohne Prozess. Vaughn Parry arbeitet für Sie! Und erzählen Sie mir nicht, der Zweck würde die Mittel heiligen, weil das nicht der Fall ist. Der Zweck geht nämlich auf dem Weg verloren. Uns bleiben immer nur die Mittel bis zum Schluss. Damit leben wir.
Es sei denn, dass Edie Banister recht hatte und Shem Shem Tsien tatsächlich die Welt untergehen lassen will, und dann – siehe Punkt eins.«
Arvin Cummerbund atmet tief: ein, aus, ein, aus, und dabei geht er mit sich
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