Der goldene Schwarm - Roman
unredlichen Gesindel den Hintern versohlen. Ich habe meine erschreckendsten Zähne dabei.«
Und das hat sie in der Tat: Ein Gebiss aus Stahl, 1919 für einen amerikanischen Goldsucher angefertigt, der gern Steine zerkaut und deren erzhaltiges Innenleben gekostet hat.
»Drei«, sagt Polly Cradle und erklärt dann den Plan. Joe Spork, der vom Rücksitz des Minibusses, den Polly ihn zu dieser Gelegenheit hat stehlen lassen, zuhört, hat das Gefühl, es gebe insgesamt zu viel Geschnatter.
Sie folgen dem exzellenten (weiblichen) Satelliten-Navigationssystem des Busses zu der Adresse, die sich Polly von den beiden auf Hon Dons Liste ausgesucht hat, und nehmen den Aufzug zum richtigen Stockwerk. Während Joe am Ende des Korridors wartet und sich Harriet, Abbie und Cecily hinter ihr aufstellen, betätigt Polly die Klingel.
Arvin Cummerbunds Apartment in Paddington ist überaus modern; weiße Wände und scharfkantiges Mobiliar, ein gläserner Esstisch in der einen Ecke des zur Küche offenen Raumes und ein teures cremefarbenes Ledersofa in der anderen. Arvin Cummerbund ist sehr angetan von diesem Sofa, da es über eine clevere Konstruktion verfügt, mit der sich der Rückteil zur Steigerung der Bequemlichkeit umklappen lässt. Auf diese Eigenschaft hat er bislang noch nicht zurückgegriffen, doch er hat das Gefühl, dass schon die reine Möglichkeit sein Leben bereichert.
Kurz bevor es an der Tür geklingelt hat, hat Arvin noch unter der Dusche gestanden und ist mit sich selbst zurate gegangen. Dabei hat er festgestellt, dass er wie eine glänzende Aztekenpyramide aus Fleisch aussieht, Stufe um Stufe aus grandiosem rosafarbenen Fett. Er hat sich verschwenderisch eingeseift, hat mit den Händen und dem Luffaschwamm das prächtige Bauwerk poliert. Unter jede kostbare Schicht hat er seine Finger gleiten lassen, in die Falten, einmal herum und dann noch einmal, von oben beginnend, und dann das Ganze noch einmal von vorn. Er hat sich untersucht und sich im weichen Badezimmerlicht feucht leuchten sehen. Seine starken, konischen Beine und knotigen Knie tragen die bemerkenswerte Bürde seines Körpers ohne Mühe. Arvin weiß, dass er leichtfüßig ist. In ein, zwei Jahrzehnten wird er sich wohl von einem Teil seiner körperlichen Majestät verabschieden müssen, damit sein Herz und seine Gelenke nicht anfangen, Protest einzulegen. In jedem Fall wird seine Haut sich in die Länge ziehen und die spannkräftige Elastizität verlieren, die ihm seine bemerkenswerte erotische Anziehungskraft verleiht. Doch noch ist es nicht so weit.
Wenn es nach Arvin ginge, könnte der Vorgang der Körperpflege den ganzen Tag dauern. Die Belohnung ist die Mühe wert: Frauen – in allen Formen und Größen, allen Altersgruppen, aus allen Teilen der Erde und allen sozialen Schichten – entdecken, wenn sie erst einmal ihr anfängliches, vom Zeitgeist diktiertes Widerstreben gegen die Berührungen von einem Mann seiner Maße überwunden haben, die machtvolle Faszination, die sein Körper auf sie ausübt; ein Bedürfnis, sich auf ihn zu werfen und sich in ihm zu suhlen. Seine derzeitige Freundin Helena (ausgesprochen attraktiv nach jedem Standard, außerdem Argentinierin und unverschämt wohlhabend) hat via E-Mail ihre Absicht erklärt, ihm mit bloßen Händen Kaviar in den Mund zu schieben und dabei auf ihm zu reiten wie auf einem Polopony. Eine Idee, die, wie Arvin Cummerbund findet, ziemlich vielversprechend ist.
Es klingelt. Helena ist zu früh, aber Ungeduld, denkt Arvin Cummerbund bei sich, ist ein Charakterzug, den er gnädig akzeptieren kann.
Er schlingt sich ein – maßgefertigtes – Badetuch um seine Körpermitte und tritt leichtfüßig auf die Wohnungstür zu. Er atmet tief ein, um sich von seiner üppigsten Seite zu zeigen, und reißt sie auf.
»Mein Booty Shake lässt alle Girls erzittern!«, singt Arvin Cummerbund, während er eine heroische Pose einnimmt.
Keine der Frauen auf seiner Schwelle ist Helena, und eine der Nicht-Helenas richtet ihren Blick auf ihn und lächelt ihn mit Zähnen an, die aussehen, als wären sie aus Stahl. Sie sind zu viert, oder besser: eine Gruppe von dreien mit einer Ringmeisterin oder göttlichen Jägerin, die ein Stück weit vor den anderen steht und die er von den Überwachungsfotos mit Unbehagen als Mary Angelica »Polly« Cradle erkennt.
»Ich finde das … zutiefst verstörend, wenn auch wahr«, sagt diese als Antwort auf seinen Gesang.
Arvin Cummerbund hofft, dass er sich sein Handtuch gut genug
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