Der goldene Schwarm - Roman
mir.«
Er grinst. »Stell dir Folgendes vor: Nimm an, du hättest eine andere Art von Waffe und ich dieses Ding. Okay? Und auf Drei sollen wir beide abfeuern. Eigentlich müsstest du den Sieg davontragen. Du wärst schneller und präziser, und du kannst dich ducken und zur Seite huschen und mich auseinandernehmen. Richtig? Wie fühlst du dich damit?«
»Es gefällt mir nicht.«
»Ganz genau. Weil ein Mann mit einer Tommy Gun sich hinstellt und einfach losknallt, und niemand – er selbst eingeschlossen – weiß, was passieren wird. Das ist die Waffe eines Spielers. Eine Gangsterknarre. Es geht nicht um Perfektion oder Geschick und nicht mal ums Überleben. Es geht ums Angeben und um reine Dreistigkeit. Diese Waffe ist groß und laut und lächerlich und sagt: Gib dein Bestes! Denn einer von uns wird den Löffel abgeben. Ich weiß nicht, wer, und es ist mir auch egal! « Wieder grinst er.
»Das heißt, du bist wieder im Rennen«, sagt Polly glücklich und sieht, wie er nickt und dann noch einmal langsamer nickt, wobei sich seine Augen weit öffnen. Kriminelle Epiphanie.
»Oh ja«, sagt er mit Inbrunst. »Ja, das bin ich. Auf jeden Fall wieder im Rennen.«
»Mercer!«, brüllt Joe, als er die Treppe heraufstürmt. »Deine Schwester ist ein Genie!«
»Was?« Mercer starrt ihn an und wird dann merklich blasser. »Nein, das ist sie nicht, du musst dich irren.« Und als dies keinen Eindruck auf den exaltierten Joe macht, fügt er hinzu: »Oh Scheiße. Der alte Jonah hat mir gesagt, dass genau dies einmal passieren würde. Er sagte, eines Tages würde ich hinter euch herrennen wie der letzte Marx Brother, der versucht, die Vase aufzufangen. Ich habe ihm aber immer gesagt, dass du für so was zu vernünftig wärst.«
»War ich auch. Und nun sieh, wohin mich das gebracht hat. Deshalb bin ich es jetzt nicht mehr.«
»Joe, was …«
»Keine Zeit, ich muss noch einiges vorbereiten. Du übrigens auch. Sag Jorge, dass ich sie heute Nacht alle brauche.«
»Wen?«
»Er weiß schon Bescheid.«
»Ich aber nicht!«
»Ich habe einen Plan.«
»Was für eine Art Plan?«
»Du wirst ihn hassen.«
»Oh, gut.«
»Nun kümmern wir uns erst einmal um die Armee, streiten können wir anschließend.«
»Armee? Was für eine Armee?«
Joe grinst und saust hinaus.
»Was für eine Armee? Du hast keine Armee! Abgesehen von …« – er fuchtelt in Richtung des Hundes, der aufgebläht auf dem Sofa liegt – »der kleinsten Giftgasbombenabwurfmaschine der Welt! Joe? Joe!«
Polly Cradle taucht aus den Tosher-Tunneln auf und hat die Augen fest auf eine der Blaupausen von Sharrow House gerichtet. »Oh«, sagt sie nach einer Weile. »Ach du liebe Zeit.« Lange Fingernägel fahren über das glänzende Papier, verfolgen den Weg der alten Eisenbahnstrecke, die zu einer der Mauern auf dem Grundstück führt. »Ach, du liebe …« Ihr bleibt die Luft weg.
»Was?«, fragt ihr Bruder.
»Er ist wieder im Rennen.«
Jorges Nachricht erreicht eine Person nach der anderen. Der Nachtmarkt verfügt zwar weder über eine Website noch über ein Schwarzes Brett, doch über jeden Dieb, Fälscher oder Fixer, dem Jorge es mitteilt, erfahren es fünf weitere und dann wieder zehn. Einladungen gehen an die großen Spieler, und Gerüchte erreichen die kleinen, aber im Markt ist ein Gerücht ebenso viel wert wie eine in Goldlettern geprägte Verlautbarung. Das ganze Getuschel kommt unweigerlich auch den Gesetzeshütern zu Ohren, aber Jorge hat reichlich Übung darin, zur richtigen Zeit etwas durchsickern zu lassen und abenteuerliche Geschichten an wohlversorgte Informanten zu geben. Ein Einsatzkommando der Polizei wird also auf der Jagd nach dem Schnatz gen Manchester geschickt, ein anderes nach Bray. Zur Mittagszeit ersticken die Beamten bereits in Spork-Sichtungen, zum Fünf-Uhr-Tee fluchen sie nur noch. Gleichzeitig erreicht die Botschaft die eigentlichen Empfänger und wird immer lauter und lauter: Joe Spork stellt etwas ganz Großes auf die Beine.
Big Douggie, Boxer und Donutlieferant, hat wegen des großen Postraubs von ’75 gesessen und ist gerade rechtzeitig rausgekommen, um Mathews Tod und den allgemeinen Wandel der Welt mitzuerleben. Als ihn die Nachricht erreicht, wäscht er gerade Handtücher und wünscht sich, er könne sie irgendwie dazu bekommen, nicht mehr nach altem Fisch zu riechen.
Joe Spork stellt ein Ding auf die Beine.
Was, Joe, der Uhrmacher?
Yeah, aber das ist er nicht mehr. Es heißt, es wäre das größte Ding aller Zeiten. Ich
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