Der goldene Schwarm - Roman
James Edward Banister von der Royal Navy Seiner Majestät angekündigt, der bei einem freundschaftlichen Besuch die Bereitschaft der Streitkräfte des Khans bei einer möglichen Invasion Indiens durch das Kaiserreich Japan zu diskutieren gedenkt. Untergebracht im Palast, wird sich James Edward in der Nacht davonstehlen und sich wieder in Edie verwandeln, die sich dann der Königswitwe Khatun in respektabler Weise präsentieren wird, wenn sie dazu auch in tiefster Nacht durch ihr Fenster einsteigen muss.
Im schönsten Einklang mit dem Zeitgeist wünscht der Opium-Khan, dass Frankie Fossoyeur ihm die ultimative Waffe baut. Abel Jasmine wiederum würde es bevorzugen, dass ein derartiges Gerät – wenn es denn existieren muss – stattdessen in Cornwall existiert.
Und all das liegt nun in der alleinigen Verantwortung einer gewissen Edie Banister, des Mädchens, das den Wunsch hatte, seinem Land zu dienen.
Im Pig & Poet genehmigt sich Edie den letzten Schluck ihres Brandys und verlagert auf dem morschen, ungemütlichen Hocker ihr Gewicht. Seit ihrem achtundneunzigsten Geburtstag ist ihre Beziehung zu Stühlen ohne Rückenlehne getrübt. Sie starrt die Dartscheibe an, wo gerade ein junger grobschlächtiger Typ mit schlechter Haut eine Dreifach-Zwanzig landet. Gar nicht schlecht. Sie sieht Biglandrys Gesicht im Muster der Löcher in der Scheibe: ein glückloser Märtyrer von einem Mörder, zu einem Auftrag entsandt, für den er in keiner Weise geeignet war. Nicht dass ihm das Talent zum Totschläger gefehlt hätte. Bloß die Intelligenz.
Sie seufzt und beginnt, nicht ohne ein gewisses Maß an Bitterkeit, ihre Habseligkeiten zusammenzuraffen. Hier ist sie nun, eine Million Jahre später, und kein Bruder auf der ganzen Welt. Überhaupt keine Familie, die der Rede wert wäre, abgesehen von einem stinkenden Hund, der sich in ihrer Handtasche mit grimmiger Entschlossenheit am Leben festkrallt. Was das anbelangt, ist ihm zuzutrauen, sie noch zu überdauern.
Edie Banister erhebt sich – ein Vorgang, der eine entnervend lange, peinliche Zeitspanne in Anspruch nimmt – und steigt die Treppe zur fragwürdigen Beschaulichkeit ihres gemieteten Zimmers hinauf. Sie blickt sich um. Oscar Wilde, das fällt ihr ein, begrüßte das Ende seines Lebens mit den Worten: »Entweder ich oder die Tapete. Einer von uns beiden muss jetzt gehen.«
Während sie den braunen floralen Tapetendruck anschaut, versteht sie, was er gemeint hat. Doch wie auch immer, es gibt einiges zu tun. Bei ihrem Einkaufsbummel hat sie sich nicht nur auf Kleidung beschränkt. Ein Haushaltswarenladen, zwei Supermärkte und ein Gartencenter haben Zutaten für gewisse Hilfsmittel geliefert, die sie in einem Kampf gebrauchen kann, von dem sie erwartet, dass er sehr unfair verlaufen wird. Tupperdosen, Thermoskannen und Flüssigdünger sowie ein Gefäß, das als Hexenkessel dienen soll: Edie breitet all das aus und ruft sich die richtigen Dosen ins Gedächtnis.
In dem braunen Raum, inmitten des billigen, wohlmeinenden Mobiliars, vollführt Edie Banister Sabotage-Magie, die Alchemie des Widerstands. Und dann lässt sie sich dankbar in ihr Bett sinken und stellt fest, dass Bastion sich bereits bequemt hat, einen Platz zu ihren Füßen in Anspruch zu nehmen. Sie schläft und träumt von alter, von unerledigter Arbeit.
VI
Wenn es jemals so weit kommt;
Sie sind nicht verhaftet;
Die unerschrockene Rezeptionistin
J oe Spork hält sein Telefon in der linken Hand und tippt mit seiner rechten die Nummer. Er kann sich nicht erinnern, was er in den letzten Minuten getan hat, und zittert – Symptome, die er als Schock identifiziert. Zum Glück kennt er die Nummer auswendig. Er hat sie noch nie benutzt, aber solange er denken kann, gibt es eine Regel im Hause Spork: Wenn es jemals so weit kommt, wenn du beschuldigt wirst, wenn du als Geisel genommen oder verhaftet wirst, wenn du ein Gerücht über jemanden hörst, wenn du morgens neben einer Leiche aufwachst, wenn, wenn, wenn – dann rufst du die magische Nummer an und sprichst es dir von der Seele.
Um halb zehn Uhr abends muss es zweimal klingeln, bevor jemand abnimmt.
»Noblewhite Cradle, Bethany am Apparat.« Keine Mädchen-, eine Frauenstimme. An diesen Apparat gehen keine Empfangsdamen und Aushilfskräfte. Er steht auf dem Schreibtisch der formidablen Büroleiterin von Noblewhite Cradle. Wenn die echte Bethany nicht am Platze ist, gibt es drei Ersatz-Bethanys, die den Anruf entgegennehmen. Zu keiner Zeit, niemals, wird es
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