Der goldene Schwarm - Roman

hält. Er ist in der bewährten Noblewhite-Manier gekocht worden, sodass er tatsächlich so schmeckt, wie frischer Kaffee riecht. Mathew Spork pflegte in der guten alten Zeit zu sagen, dass er sich immer nur dann auf frischer Tat ertappen ließ, wenn er mal wieder dringend eine Tasse von Jonah Noblewhites Frischgebrühtem gebrauchen konnte. Nach Großmutterart , erwiderte Jonah Noblewhite dann auf Deutsch und wiegelte bescheiden ab: nicht mein Kaffeerezept, Mathew, das von meiner Großmutter . Und Joes Vater sagte: Ja, Jonah, das wissen wir. In all unserem irdischen Streben nach Vollkommenheit w erden wir niemals unseren Großmüttern das Wasser reichen können . Und ganz gleich, ob sich diese Unterhaltung in der Kanzlei oder im großen senfgelb gestrichenen Wohnzimmer in dem im recht unmodischen Primrose Hill gelegenen Anwesen des Mathew Spork zugetragen hat, immer war Joe auch dort, hörte zu und saugte alles auf und glaubte, sein Vater sei ein gewaltiger Anführer, ein Kommandeur von Tausenden.
    »Ein Hoch auf den siegreichen Helden! Hoch!«, ruft Mathew Spork, gute 1,72 groß und schlank wie eine Bachforelle, wirft die Arme in die Luft, als wolle er eine Trophäe präsentieren, und schlingt sie dann um Harriet Spork in ihrer großen Verwirrung. Er hebt sie hoch und murmelt ihr etwas Beruhigendes ins Ohr, küsst sie herzhaft auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen (was ziemlich lange dauert), und streichelt sie wie eine sich sträubende Katze. Dann beruhigt sie sich tatsächlich, lässt den Strom aus Fragen und Vorwürfen verebben und erinnert sich daran, den Jungen, den sie gemeinsam zustande gebracht haben, in die Umarmung mit einzuschließen.
    Joshua Joseph krabbelt am Anzug seines Vaters hinauf, schiebt sich zwischen seine Eltern und drückt, ganz begeistert von dieser Position, mit kindlicher Kraft ihre Köpfe zusammen, sodass ihre Nasen gegeneinanderstoßen, was einen wahren Vulkanausbruch aus Gelächter von allen dreien zur Folge hat.
    Der Grund von Harriets Beunruhigung sollte niemals gänzlich aufgeklärt werden, aber an diesem Morgen hatte sich ein gewisser risikofreudiger Gauner in einem gestohlenen Panzerwagen verborgen und es geschafft, sich Zugang zur Bridlington Fischerei- und Landwirtschafts-Kreditbank zu verschaffen, bei der er – mit der Hilfe dreier weiterer Gangster, deren Identität unbekannt ist – etwa zweieinviertel Millionen Pfund sowie verschiedene Wertgegenstände erbeutete.
    Die Thompson-Maschinenpistole, Mathews Tommy Gun, ist an diesem Morgen nicht in ihrem Futteral gewesen, als Joshua Joseph in das Arbeitszimmer seines Vaters geschlichen ist, und die Werkbank hat einen Geruch von Schmieröl verströmt. Während er sich ausgemalt hat, welch große Taten wohl bevorstehen mochten, hat Joshua Joseph seine Finger auf die samtenen Ausbuchtungen und Umrisse des Futterals gelegt und versucht, sich das Gewicht der Waffe vorzustellen, ihre Kühle, bis seine Mutter ihn gefunden und aus dem Zimmer gescheucht hat. Nun ist ihm allerdings klar, dass vom großen Hause der Sporks ein weiterer Schlag gegen die bösartigen Mächte der Finanzwelt ausgeführt worden ist.
    Am Abend findet die Siegesfeier statt, in den mit zotteligen Teppichen ausgelegten, mit Chrom und Bärenfellen dekorierten unteren Stockwerken des Hauses in Primrose Hill. Alles, was Rang und Namen hat, ist anwesend. Drüben an der Bar, mit einer Auster in jeder Hand, steht Umberto Andreotti, der Tenor, der eine Unterhaltung übers Hunderennen mit Big Douggie führt, der gerade auf Bewährung draußen ist und darüber nachdenkt, eine gewisse Zeit im Ausland zu verbringen. Ins Auge gefasst werden beide erwartungsvoll von Alice Rebeck, die bis vor Kurzem noch Geisha war und auch immer noch wie eine gekleidet ist. Aber etwas in ihrem Gesicht gebietet Vorsicht. Alice hat den ältesten Beruf der Welt an den Nagel gehängt. Nun macht sie Geschäfte mit Kunden auf der ganzen Welt. »Rückgewinnung«, erklärt sie Mathew höflich, und als er sie fragt, ob es irgendetwas gibt, das ihm vielleicht untergekommen ist und das sie zurückgewinnen möchte (ha ha, großes Zwinkern: Der Gentleman-Dieb gibt sein Diebesgut als Geste einer Dame), erwidert sie: »Menschen, Darling, keine Gegenstände.« Derjenige, der sich bedächtig daranmacht, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, ist Rolf McCain von den Glasgower McCains, der besten Einbrecherfamilie im Gewerbe, der saubersten, schnellsten und loyalsten. Rolf ist an einem der grandiosesten Coups von