Der goldene Schwarm - Roman
Mathew beteiligt gewesen, der Geschichte mit dem Brontosaurus. Beinahe wäre er dafür verknackt worden und hat doch kein Wort gesagt. Die McCains verraten niemals einen Freund, auf keinen Fall, nicht in mehr als zweihundert Jahren verlässlicher Gaunerei, aber das heißt noch nicht, dass Rolf es zulässt, dass Mathew Alice ganz für sich allein hat. Selbst ein großzügiger Schotte muss irgendwo die Grenze ziehen.
Aus offenkundigen Gründen wird ein gesamtes Sofa von Honourable Donald (als Hon Don bekannt) belegt, dem missratenen Sohn des großen Bankhauses Lyon & Quintock, den es in den Beamtenstand verschlagen hat und der verzweifelt darauf bedacht ist, so oft wie möglich zum Abschuss zu kommen, bevor die unvermeidliche blaublütige Braut auftaucht. Gewandet in den feinsten Zwirn der Savile Row und von Experten aufgehübscht, ein bekannter Besucher der Bordelle von Bangor bis Bangalore, ist Hon Don rothaarig in der Tradition von Peter dem Großen: ein Sexbesessener mit feuchten Augen, dünnen Armen und enormen Händen, von denen jede gerade mit der Erkundung einer anderen Hure beschäftigt ist: hier die kurvige Anna und dort die kluge – wenn auch obszöne – Dizzy.
»Hallo, Hon Don!«, grölt Mathew und: »’lo. Dizzy, ’lo, Anna!«
»Hallo, Mathew, hallo«, jubiliert der amouröse Oktopus zurück und lässt dann ein empörtes Kreischen los, weil Anna ihm in den Hintern gekniffen hat. Sie fallen rücklings über das Sofa auf ein Durcheinander aus Kissen, wobei sich zeigt, dass alle drei Strumpfhalter tragen, wenn auch (eine echte Erleichterung, vielen Dank) die von Hon Don zur respektablen Sorte gehören. Aus reinem Übermut schießt Mathew ein Foto, worauf Don einen weiteren Schrei der Empörung loslässt: »Spork, du Bastard, du wirst mich ruinieren! Warte! Warte! Warte! Hast du Annas Waden drauf? Hast du die von Dizzy? Scheiße, ich will das Bild! Kannst du mir einen Abzug besorgen? Mannomann, Spork ist echt der Größte, verdammt noch mal! Ho ho, meine süßen Mäuschen, jetzt kann ich euch mitnehmen, wohin ich auch gehe!« Der Rest seiner Rede wird von Spitzenwäsche und Gelächter überdeckt.
Überall lungern Aristokraten und Großwildjäger herum, Sänger und Entertainer, zu deren Unterhaltungsprogramm für den Abend – im Rückblick schämt Joe sich hierfür wie wahnsinnig – ein berühmter Cabaret-Akt gehört, in dem ein Weißer aus Torquay sein Gesicht schwarz anmalt und Louis-Armstrong-Nummern singt. Aber dies sind die Siebziger, das darf man nicht vergessen, und niemand zuckt mit der Wimper, am wenigsten die drei Cricketspieler von den West Indies und auch nicht der sudanesische Prinz, der um Mitternacht auftaucht, um einen Tanz mit der großartigen Harriet einzufordern, nachdem sie ihre Lieder gesungen hat. Wenn Mathew eine Eigenschaft besitzt, die manches wettmacht, dann ist es das völlige Fehlen von Vorurteilen.
Joshua Joseph liebt sie alle. In kleinen Schlaghosen und einer Zweireiherjacke aus Kuhfell klebt er seinem Vater an den Fersen, während Mathew einem frischgebackenen Parlamentsabgeordneten zu seinem Wahlsieg gratuliert, einen Kuss von dessen übersprudelnder Gattin erbeutet und sich dann auf Drängen von Dave Tregale, dem Casinoboss, der sich seinen Platz in der Welt mit einigen Gefälligkeiten des Hauses Spork erarbeitet, hinter die Bar begibt. Zur allgemeinen Begeisterung schüttet Dave Absinth und Zucker in ein Schnapsglas, zündet es an, und Mathew schluckt den Drink samt den Flammen. Joe wartet darauf – ebenso wie offenbar auch alle anderen –, dass seinem Vater Rauch aus den Ohren kommt. Mathew schleudert das Glas mit Schwung in die Luft, lässt es über den Arm auf den Tisch gleiten und grinst. »Das ist ein Drink für Männer, David, ungelogen!«
Doch dies sind nur Appetithäppchen für den kleinen Joe. Sein Lieblingsteil kommt später, wenn der Besuch im Wesentlichen gegangen ist und er zu einer sogar noch exklusiveren Gesellschaft von Erwachsenen Zutritt erhält. Wenn alle den Shimmy und den Twist getanzt und die respektablen Gäste verabschiedet haben, bleibt Mathew mit seinem engeren Hofstaat zurück – und die wahre Party beginnt.
Das Schöne daran, eine Bank auszurauben – sie wirklich auszurauben, also sich nicht bloß wie ein Amateur das Geld aus der Kasse einzustecken und dann zu Hause zwanzig Bullen in die Arme zu laufen –, ist, in die Schließfachkassetten schauen zu können und festzustellen, wer was weggeschlossen hat, darüber zu diskutieren, ob
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