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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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gewaschen habt Ihr, den ganzen Tag lang.«
    »Ja, das tat ich. Jeder Landmann kommt bei seiner Lieb schneller zu dem, was er sich wünscht, als ich.«
    »Oh, Ihr habt Anstand und feines Betragen gar nicht vermissen lassen. Das zahlt sich aus, fürwahr. Die Magd wird Euch das zur Ehr gereichen, seid gewiss.«
    »Ich wollt, mein Anstand wär geringer und meine Leidenschaft dafür ein wenig gröber gewesen.«
    »Jochen, Ihr liebt sie, dacht ich?«
    »Ja, Gwyn, das tu ich wohl. Ich träum von ihr, und ich denk an sie zu jeder Zeit«, seufzte er, und es klang sehr aufrichtig.
    Auch bei diesen Worten konnte Gwyn genau verstehen, wie es dem anderen zumute sein musste.
    »Lasst uns den Stand schließen, Gwyn, und noch ein wenig in die Schenke gehen. Sind immer viel Geschichtenerzähler da«, meinte Jochen.
    Gwyn zögerte ein wenig. Die meiste Kundschaft war schon gegangen, es würde bald zur Abendmesse läuten, und an diesem Abend war mit weiteren Kunden nicht mehr zu rechnen. Der Magistrat hatte befohlen, den Markt an diesem Abend bereits nach der Messe zu schließen.
    Auf einmal schien Jochen einen Einfall zu haben.
    »Das Mägdlein hat noch eine Freundin«, sagte Jochen plötzlich.
    »So?«
    Gwyn staute eine Reihe von Ringen in eine Samtrolle und verschnürte das Ganze mit großer Sorgfalt. Dann baute er die Drahtziehvorrichtung ab und verstaute sie ebenfalls in einem hölzernen Kästchen.
    »Sie heißt Anna Mühlbach und stammt aus Landshut.«
    »So?«
    »Sie ist sehr hübsch …«
    »… nur hübsch? Und sonst?«
    »Sie ist noch zu haben, Herr Carlisle!«, sagte Jochen, und es klang, als hätte er Gwyn soeben etwas Ungeheuerliches erzählt.
    »Klingt mir gar ungewöhnlich«, meinte Gwyn zweifelnd.
    »Ihr sagt, ein Mägdlein, recht hübsch und noch ohne Freier?«
    »Sie ist sehr fromm. Vielleicht geht sie auch ins Kloster. Ingeborg will ihre Gefährtin heute mitbringen.«
    Bei den letzten Worten strahlte Jochen so, als wäre ihm eine große Überraschung gelungen.
    Gwyn lachte und schüttelte dabei den Kopf. »Teufelskerl, hinterlistiger Fuchs, Ihr! Ihr wusstet, dass ich nach einem Wesen schau, und habt dies eingefädelt. An Euch ist ein Hochzeiter verlorengegangen.«
    »Wer weiß, wenn mich mein Handwerk nicht mehr nährt, mach ich’s und verdien mir einen schönen Batzen«, sagte Jochen fröhlich. Dann, ein wenig ernster: »Ihr kommt doch mit?«
    Gwyn sah den Gefährten an und nickte. »Bin gespannt auf beide Mägde. Ingeborg sah ich nur aus der Fern. Aber dies seid gewiss, waschen tu ich nicht.«
    Jochen schüttelte den Kopf und sagte nichts mehr.
    Rasch packten sie ihren Stand zusammen. Der Magistrat hatte allen Händlern sein großes Zeughaus zur Verfügung gestellt. Gegen eine kleine Gebühr bewachten Stadtknechte die ganze Nacht das Gebäude. So konnte sich niemand all dem Schmuck, aber auch den vielen Waffen, dem feinen Tuch, den edlen Kleidern und Schuhen und all den andren Handelsgütern des Marktes zu Landshut nähern.
    Wenig später war alles verstaut.
    Beide Goldschmiede hatten sich in der Schwemme vor dem Zeughaus ein wenig gereinigt, sich saubere Hemden angezogen und den Staub aus der Kleidung geklopft. Ein fahrender Bader schor ihnen beiden die Bärte und verlangte nur zwei Pfennige dafür.
    Wenig später trafen eine Reihe von Frauen und jungen Mädchen vor dem Zeughaus ein. Bei den vielen Knechten und Handwerkern hofften sie alle auf erste Bekanntschaften, und etliche Mädchen suchten sich hier einen Ehemann.
    Da erschien Ingeborg, zusammen mit ihrer Freundin Anna.
    Galant grüßten die beiden Männer die beiden Frauen und luden sie zu einem Abendspaziergang ein. Gwyn musste gestehen, dass Ingeborg ein hübsches Mädchen war, mit einem energischen Blick und einem noch energischeren Wesen. Er war kein Hellseher, aber das musste man auch nicht sein. Dass sich diese junge Frau den schmucken Jochen, Goldschmiedgeselle im Hause des Lambert, nicht entgehen lassen wollte, war nur zu deutlich.
    Anna, ihre Freundin, war ein stilles, würdiges Mädchen, erst 20 Jahre alt, aber in jener Zeit fast schon ein wenig zu alt für eine Heirat. Sie war kaum größer als ihre Freundin und hatte dunkelbraunes, fast schwarzes Haar, ein sehr zartes Gesicht und große Augen. Ihr eher geheimnisvolles und zurückhaltendes Wesen war gar nicht gespielt, und Gwyn fühlte sich gleich von ihr angezogen.
    Zusammen durchstreiften sie die nächsten zwei Stunden den Stadtkern von Landshut, aßen in Schmalz gesottene Teigkringel,

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