Der Gott von Tarot
geführt.“ Er hielt inne. „Aber wie ein einzelner Mensch eine so schreckliche Bestie besiegt haben kann, die niemand ohne einen Dreizack anzugreifen wagt …“
„Ich hatte Glück“, sagte Bruder Paul. Das war keine falsche Bescheidenheit, denn er hatte wirklich Glück gehabt. „Wenn ich mir der Gefahr bewußt gewesen wäre, hätte ich mich nicht in das Amaranthfeld gewagt.“
Der Swami blickte ihn an. „Was genau haben Sie denn gemacht, um den Knochenbrecher zu überwinden?“
„Ich habe einen Judogriff angewandt oder es zumindest versucht“, erklärte Bruder Paul. „Ippon seoi nage und einen Armschluß.“
„Ippon seoi nage richtet gegen ein solches Biest nichts aus; die Dynamik liegt falsch.“ Der Swami sah ihn mit einem neu gierigen Funkeln in den Augen an. „Ich frage mich …“ Er zögerte. „Würden Sie mir genau zeigen, was Sie gemacht haben?“
„Oh, ich möchte Sie nicht gerne auf diesen Boden werfen“, weigerte sich Bruder Paul.
„Ich meinte den Armschluß … und sanft.“ Es bestand kein Zweifel, daß der Swami mit den Kampfkünsten gut vertraut war.
Bruder Paul zuckte die Achseln. „Wie Sie wollen.“ Sie kamen zu Boden, und er wandte den Armschluß an, aber ohne Druck. „Das ist nichts Besonderes“, sagte Bruder Paul. „Bei dem Knochenbrecher war es eigentlich ein Beinschluß. Ich hatte nicht damit gerechnet, daß es funktioniert, wegen der besonderen Anatomie der …“
„Kommen Sie runter“, sagte der Swami. „Machen Sie sich keine Gedanken. Mein Arm ist stark.“
Da hatte er recht. Bruder Paul spürte in der leichten Gestalt eine überraschend kräftige Muskelspannung. Dieser Mann war das Gegenstück zum Geist der Maschine; er schien fanatisch zu sein, weil er nicht richtig verstanden wurde, schenkte aber seine Loyalität nicht den herrschenden Kräften. Langsam verstärkte Bruder Paul den Druck bis zu dem Punkt, an dem der Knochenbrecher geschrien hatte.
„Weiter“, sagte der Swami.
„Das ist gefährlich.“
„Genau.“
Nun, der Schmerz würde den Mann bewußtlos machen, ehe der Ellenbogen brach, dachte Bruder Paul, als er den Druck weiter verstärkte.
„Ja!“ schrie der Swami.
Bruder Paul ließ beunruhigt los.
Der Swami lächelte, offensichtlich unverletzt.
„Genau das hatte ich vermutet. Sie haben ki angewandt.“
Bruder Paul schüttelte den Kopf. „Aber ich habe kein ki!“
„Sie haben eine starke Aura“, beharrte der Swami. „Ich war mir unsicher, bis Sie sie zentriert haben. Sie sind ein sanfter Mensch, daher rufen Sie sie niemals unwissentlich zu Hilfe, sonst wären Sie ein Ungeheuer. Ich bin niemals einer solchen Kraft begegnet.“
Bruder Paul setzte sich nachdenklich nieder. „Mir hat einmal jemand anders das gleiche gesagt, aber ich habe es für Phantasterei gehalten“, sagte er und dachte wieder an Antares.
„Nur diejenigen, die ihre eigene Aura beherrschen, können sie bei anderen wahrnehmen“, versicherte ihm der Swami. „Meine eigene Kontrolle ist nur unvollständig; daher ist mir Ihre Aura kaum deutlich geworden. Aber nun bin ich sicher, es war Ihr ki, die konzentrierte Anwendung Ihrer Aura, die den Knochenbrecher in die Flucht geschlagen hat. Sicher war es auch diese Aura, die den wahren Grund für Ihre Berufung zu dieser Mission abgegeben hat, wenn andere dies auch zu anderen Gründen rationalisiert haben mögen. Ich hatte gehofft, dies würde nicht der Fall sein.“
Bruder Paul schüttelte den Kopf. „Wenn das … die Aura mich gegen Gefahren beschützt, sicher …“
„Die Bedrohung, von der ich rede, ist viel größer als eine bloß körperliche. Sehen Sie mal …“
„Hallo!“
Beide Männer blickten überrascht auf. Es war das Mädchen aus dem Weizenfeld, die Tarotherrscherin.
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