Der Gottbettler: Roman (German Edition)
anderen ins Verderben zu locken. Doch was dann? Wer ihr Versteck kannte und die Impertinenz hatte, sie trotz der Gefahr einer Auseinandersetzung mit den Banden der Unterstadt zu entführen, würde auch nicht davor zurückschrecken, einen Krieg anzuzetteln, um ihrer habhaft zu werden.
Sie betrachtete den Anführer der Söldner von oben bis unten. »Fren Hossa«, sagte sie. »Ich hätte bessere Manieren von dir erwartet. Eine Dame aus dem Schlaf zu reißen und sie einfach mit sich zu nehmen …«
»Hätte ich etwa fragen sollen?« Der Offizier biss herzhaft in eine Karotte.
»Das wäre eine Möglichkeit gewesen.«
»Jedermann in der Unterstadt weiß, dass es kein gemeineres und hinterhältigeres Weibsstück gibt als dich. Wir haben in deiner Höhle einige Fallen umgehen und sichern können. Dennoch hat es uns drei Leute gekostet, in deine Nähe zu gelangen. Hättest du nicht einen derart tiefen Schlaf, hätten wir es wohl nie geschafft, dich zu überwältigen.«
Die Schreie … Einige von ihnen waren also nicht ihrem Albtraum entsprungen. »Ich wäre womöglich mitgekommen, wenn du mich brav darum gebeten hättest.«
»Sollen wir die ganze Nacht lang über Wenns und Abers plaudern? Aber nun gut, ich bitte dich, uns zu folgen und keine Probleme zu machen.«
»Und in wessen Auftrag handelst du?«
»Das geht dich nichts an, alte Hexe.«
Terca schnüffelte. »Du riechst nach Wein, Fren Hossa. Nicht so säuerlich wie an den meisten Tagen, da ich dich in den Hurenhäusern von Mama Habich gesehen habe. Es ist Wein, wie ihn sich die Hohen Herren der Oberstadt leisten. Ein gemeiner Söldner würde niemals an so etwas herankommen. Es sei denn, er steht in Diensten eines Weinhändlers, zum Beispiel in denen eines gewissen Pero Krotvie.«
Der Söldner zuckte zusammen, und sein Kumpane zur Linken, der dumpfe Haudrauf namens Finmark, murmelte: »Sie ist eine Hexe, ich hab’s dir ja gesagt. Wir sollten ihr den Schädel einschlagen und dem alten Weinschlauch in der Oberstadt erzählen, dass sie über ihre Füße gestolpert ist.«
»Halt’s Maul!«, fuhr Fren Hossa ihn an und trat vor seinen Kumpel, wie um Terca zu schützen. »Versprich mir, dass du nichts weiter unternimmst. Lass uns die Sache glimpflich hinter uns bringen.«
»Dann sag mir, was Pero Krotvie von mir will.«
»Du bist nicht in der Lage, Forderungen zu stellen.«
»Ich habe ein paar deiner Kinder auf die Welt gebracht. Du erinnerst dich? Und ich habe andere Kinder, die du nicht wolltest …«
»Es wäre besser, du würdest dein Maul halten!« Fren Hossa tastete über seinen Waffengurt, überlegte es sich dann aber anders, beugte sich zu Terca vor und sagte leise: »Es geht um Politik. Um Intrigen. Und um den Gottbettler.«
»Und was sollte ich bitteschön mit all diesen Dingen zu tun haben?«, fragte Terca ebenso leise.
»In der Stadt geschieht bekanntermaßen nichts, bei dem du nicht deine Finger mit drinstecken hättest.«
»Was für ein nettes Kompliment.« Terca seufzte. »Aber leider trifft es die Falsche. Ich weiß über einige Schweinereien Bescheid, die in Poitrea ablaufen, und ich weiß, welche Schmiermittel die Stadt am Funktionieren halten. Doch die großen Entscheidungen werden längst ohne die Herrscherin der Unterstadt gefällt. Es ist nicht mehr so, wie es einmal war. Die Dinge ändern sich.«
»Mag sein. Aber es scheint, als wären die Händler diesmal auf deine Unterstützung angewiesen.«
»Das erklärt noch nicht, warum man mich mit Gewalt aus meinem Herrschaftsbereich verschleppt und riskiert, die Gilden der niederen Gewerbe gegen sich aufzubringen.«
»Man möchte dich einschüchtern und Entschlossenheit zeigen.«
»Pero Krotvie kehrt also den starken Mann hervor, um seine Schwäche zu übertünchen …«
»Du wirst dir merken, von wem du diese Informationen erhalten hast?«
»Das werde ich, Fren Hossa. Sollte ich dem Gedanken verfallen, meine Entführung als feindlichen Akt der Händlerschaft zu betrachten und überlegen, dagegen vorzugehen, werde ich dich verschonen.«
»Du bietest mir sehr wenig an, Hexe …«
»Ich biete dir dein Leben – und das deiner Angehörigen. Gibt es denn etwas Wertvolleres?«
»N… nein.«
»Dann ist es gut, Fren Hossa. Ich mag keine hab- und raffgierigen Leute. Und nun lass uns diese Farce zu Ende bringen. Sorge dafür, dass deine Leute ihre Nerven im Zaum halten.«
»Ja, Terca.«
Auf Geheiß des Offiziers nahmen zwei Söldner Terca in die Mitte. Sie gaben sich nach wie vor
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