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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Amber
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weiten Rock zu beiden Seiten und neigte den Kopf. „Wie Ihr befehlt, Mademoiselle. Wenn Ihr mich benötigt – ich bin gleich nebenan. Ich wünsche Euch eine angenehme Ruhe.“
    Die Tür schloss sich leise hinter den beiden Dienern, und Jeanne starrte erneut zur Decke des Himmelbettes. In ihrem Kopf war ein wüstes Durcheinander. Noch saß ihr der Schreck in den Gliedern, doch gleichzeitig schossen ihr tausend beglückende und zugleich verwirrende Gedanken durch den Kopf. Seine braunen Augen, die so machtvoll und fordernd blicken konnten, die sie gestern noch zu nie gekannten, erschreckenden und doch so süßen Gefühlen getragen hatten. Heute hatte sie Erschrecken in diesen Augen gesehen. Er war besorgt um sie.
    Sie riss sich zusammen und versuchte die Rührung abzuschütteln. Er war in Sorge gewesen, weil sein Spielzeug beschädigt worden war. Nur wenige Zentimeter weiter nach links, und es wäre aus mit ihr gewesen. Sie schauderte und schloss wieder die Augen.
    Leise öffnete sich die Tür, jemand trat auf Zehenspitzen an ihr Bett, zog den Vorhang ein wenig beiseite und verharrte. Ohne Zweifel die kleine Nadine. Jeanne blinzelte. „Du bist wach?“ Sie fuhr erschrocken empor – vor ihrem Bett stand Christian.
    „Nicht aufregen“, sagte er und setzte sich auf den Bettrand. „Sei ganz ruhig.“
    „Ich bin ruhig“, gab sie zurück und zog sich die Decke bis ans Kinn hinauf.
    Er überflog das Tablett mit einem kurzen Blick und runzelte die Stirn. „Warum hast du nichts gegessen?“
    „Ich habe keinen Hunger.“
    „Und der Kaffee?“ Er nahm die kleine Tasse in die Hand und lächelte sie an. „Ein verflucht teures Gebräu, meine Liebe. Es wäre schade, es stehen zu lassen. Magst du es nicht versuchen?“
    „Danke, nein. Es riecht verkohlt und schmeckt sicher bitter.“
    Er lächelte erheitert. Wie direkt und ehrlich sie war. „Dann geben wir ein wenig Zucker hinein, und du wirst sehen, wie gut es dir mundet.“
    Er tat zwei Löffel weißen Zucker in das kleine Tässchen. Jeanne hatte davon gehört, dass es dieses weiße, süße Pulver gab, dass man auch Früchte damit kandieren und Schokolade damit zubereiten konnte. Alles dies waren Herrlichkeiten, die die Adeligen sich erlauben konnten – niemand in ihrem Dorf hatte jemals davon gekostet.
    Sie war zu neugierig, um die Tasse mit dem seltsam duftenden Inhalt noch einmal zurückzuweisen. Vorsichtig nahm sie sie mitsamt der kleinen Untertasse in die Hand und richtete sich zum Sitzen auf. Es ging nicht so einfach, da sie den rechten Arm schonen musste.
    „Warte!“
    Er brachte Kissen herbei und postierte sie hinter ihrem Rücken, um sie zu stützen. Dann setzte er sich wieder neben sie und sah lächelnd zu, wie sie die Lippen an den Rand der Tasse setzte. Sie nahm einen winzigen Schluck, kostete und verzog das Gesicht. „Es schmeckt eigenartig“, sagte sie. „Süß und bitter zugleich.“
    „Wie das Leben, meine kleine Jeanne“, meinte er lächelnd.
    Sie spürte wieder seine Augen, die über ihre Schultern, ihre Brust glitten, und sie reichte ihm rasch die Tasse. Die Decke war herabgerutscht, und sie beeilte sich, sie wieder hinaufzuziehen. Sie trug nur das dünne Unterhemd – Christians Augen und seine Nähe ließen ihren Puls schon wieder schneller schlagen.
    Er trank den Rest des Kaffees selbst aus und stellte das Tässchen auf dem Tablett ab. Als er sich wieder zu ihr umwandte, sah er nachdenklich aus. „Ich möchte wieder gutmachen, was ich angerichtet habe“, sagte er leise. „Ich werde dich unterhalten, während du hier im Bett liegen musst.“
    „Danke. Ich komme auch allein zurecht“, wehrte sie ab.
    Er sah die Röte, die ihre Wangen überzog und deutete sie auf seine Weise. Ohne auf ihren Einwand zu achten, zog er ein Buch aus der Rocktasche und schlug es auf. „Ich werde dir ein wenig vorlesen.“
    Sie war verblüfft, denn sie hatte ganz andere Dinge erwartet. „Vorlesen?“, staunte sie. „Was denn? Etwas aus der Bibel?“
    Jetzt lachte er fröhlich auf, und sie kam sich schrecklich dumm vor. Aber das Einzige, das ihr jemals vorgelesen worden war, waren die lateinischen Bibeltexte in der Kirche. „Nichts aus der Bibel“, lachte er und war gleich wieder ernst, als er ihre Verwirrung sah. „Eine Geschichte werde ich dir vorlesen. Das heißt – ich werde sie dir lieber erzählen.“
    Er legte das Buch auf das Bett und rückte ein wenig näher an sie heran. Jeanne hielt immer noch die Bettdecke vor ihrer Brust fest, was er sehr

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