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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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statt zu arbeiten andre beneidet, und du dachtest schon ans Verbrechen, indem du dir selbst einreden wolltest, daß dich die Not dazu trieb. Da hat dir Gott durch mich mitten in deinem Elend ein Vermögen geschickt. Aber dieses unerwartete Vermögen genügte dir, der du nie etwas besaßest, in demselben Augenblick, wo es dein war, nicht mehr. Du wolltest es verdoppeln. Auf welche Weise? Durch einen Mord. Du hast es verdoppelt, und da hat Gott es dir genommen, indem er dich vor das Gericht der Menschen brachte.«
    »Ich habe den Händler nicht töten wollen«, sagte Caderousse,
    »meine Frau war’s.«
    »Ja«, entgegnete Monte Christo, »der gerechte Gott hätte dir den Tod gegeben, aber der immer barmherzige Gott ließ zu, daß deine Richter von deinen Worten gerührt wurden und dich am Leben ließen.«
    »Ha, um mich auf Lebenszeit ins Bagno zu schicken; eine schö-
    ne Gnade!«
    »Elender, damals sahest du es doch als Gnade an; dein feiges Herz, das vor dem Tode zitterte, klopfte vor Freude bei der Ankündigung lebenslänglicher Schande, denn du sagtest dir: Das Bagno hat eine Tür, das Grab nicht. Und du hattest recht, denn diese Tür hat sich dir auf unerhoff te Weise geöff net. Ein Engländer, der das Gelübde getan hatte, zwei Menschen aus der Schande zu retten, besucht Toulon, seine Wahl fällt auf dich und deinen Genossen, zum zweitenmal wird dir ein unverhoff tes Glück zuteil, du fi ndest Geld und Ruhe wieder, konntest ein Leben beginnen wie alle Menschen, da aber versuchst du Gott zum drittenmal. Du hattest nicht genug, obgleich du mehr hattest, als du je besessen, und begingst ein drittes Verbrechen ohne Grund, ohne Entschuldigung. Gottes Langmut war erschöpft, er hat dich gestraft.«
    Caderousse wurde zusehends schwächer.
    »Zu trinken«, sagte er; »ich habe Durst … ich brenne!«
    Monte Christo gab ihm ein Glas Wasser.
    »Und der elende Benedetto«, sagte Caderousse, indem er das Glas zurückgab; »er wird entkommen.«
    »Niemand wird entkommen, ich sage es dir, Caderousse …
    Benedetto wird bestraft werden.«
    »Dann werden Sie auch bestraft werden«, sagte Caderousse; »denn Sie haben Ihre Pfl icht als Priester nicht getan … Sie hätten Benedetto daran hindern müssen, mich zu töten.«
    »Ich!« erwiderte der Graf mit einem Lächeln, das den Sterbenden erschauern machte, »ich Benedetto hindern, dich zu töten, in dem Augenblick, wo dein Messer von dem Kettenpanzer, der meine Brust bedeckte, abprallte …! Ja, wenn ich dich demütig und reuig gefunden hätte, hätte ich Benedetto vielleicht daran gehindert, dich zu töten, aber ich fand dich stolz und blutdürstig und habe den Willen Gottes sich erfüllen lassen.«
    »Ich glaube nicht an Gott«, heulte Caderousse, »du glaubst auch nicht an ihn … du lügst … du lügst!«
    »Schweig!« entgegnete der Abbé, »denn du treibst den letzten Tropfen Blut aus deinem Körper heraus … Ha, du glaubst nicht an Gott und stirbst von ihm getroff en …! Ha, du glaubst nicht an Gott, und Gott, der doch nur ein Gebet, ein Wort, eine Träne verlangt, um zu vergeben … Gott, der den Dolch des Mörders so hät-te lenken können, daß du auf der Stelle dahingefahren wärest, hat dir eine Viertelstunde Zeit gelassen, um zu bereuen … Geh in dich, Unglücklicher, und bereue!«
    »Nein«, sagte Caderousse, »nein, ich bereue nicht: Es gibt keinen Gott, es gibt keine Vorsehung, es gibt nur den Zufall.«
    »Es gibt eine Vorsehung, es gibt einen Gott«, antwortete Monte Christo, »und der Beweis ist, daß du da liegst, voll Verzweifl ung und Gott leugnend, und daß ich aufrecht vor dir stehe, reich, glücklich, gesund, und die Hände vor diesem Gott falte, an den du nicht glauben möchtest und im Grunde des Herzens doch glaubst.«
    »Aber wer sind Sie denn?« fragte Caderousse, indem er seine sterbenden Augen auf den Grafen heftete.
    »Sieh mich genau an«, sagte der Graf, indem er die Kerze nahm und vor sein Gesicht hielt.
    »Nun, der Abbé … der Abbé Busoni …«
    Monte Christo nahm die Perücke ab und ließ sein schwarzes Haar herunterfallen.
    »Oh«, sagte Caderousse erschrocken, »wären nicht diese schwarzen Haare, so würde ich sagen, Sie seien der Engländer, Lord Wilmore.«
    »Ich bin weder der Abbé Busoni noch Lord Wilmore«, entgegnete Monte Christo; »blicke weiter zurück, blicke in deine ersten Erinnerungen.«
    Es lag in diesen Worten des Grafen etwas, wodurch die erschöpften Sinne des Elenden ein letztes Mal angeregt wurden.
    »Oh, in der

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