Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
kann der Kommission, die mit der Untersuchung des Verhaltens des Herrn Generalleutnants Grafen von Morcerf in Epirus und Mazedonien beauftragt ist, die genauesten Auskünfte geben.«
    Der Präsident machte eine kurze Pause. Morcerf war bleich. Die Augen des Präsidenten befragten die Versammlung. »Fahren Sie fort!« rief man von allen Seiten. Der Präsident las weiter:
    »Ich war beim Tod Ali Paschas anwesend und weiß, was aus Vasiliki und Haidee geworden ist. Ich halte mich zur Verfügung der Kommission und bitte um die Ehre, gehört zu werden. In dem Augenblick, wo Ihnen dieser Brief übergeben wird, werde ich im Vestibül der Kammer sein.«
    »Und wer ist dieser Zeuge oder vielmehr dieser Feind?« fragte der Graf mit einer Stimme, der man eine tiefe Erregung anmerkte.
    »Das werden wir sehen«, antwortete der Präsident. »Stimmt die Kommission dafür, diesen Zeugen anzuhören?«
    Die Kommission bejahte. Der Diener an der Tür wurde gerufen.
    »Wartet jemand im Vestibül?« fragte ihn der Präsident.
    »Ja, eine Dame in Begleitung eines Dieners.«
    »Lassen Sie diese Dame eintreten.«
    Fünf Minuten darauf erschien der Diener wieder; aller Augen waren zur Tür gerichtet. Dem Diener folgte eine Frau, die ganz in einen großen Schleier gehüllt war.
    Auf die Auff orderung des Präsidenten nahm die Frau den Schleier ab. Sie trug griechische Tracht und war von großer Schönheit.
    Morcerf betrachtete diese Frau voll Überraschung und Schrecken.
    Der Präsident bot ihr mit der Hand einen Sitz an, aber die junge Frau schüttelte den Kopf und blieb stehen.
    »Sie haben sich erboten«, sagte der Präsident, »der Kommission Auskunft über die Angelegenheit von Janina zu geben. Sie gaben an, daß Sie Augenzeugin der Ereignisse gewesen seien.«
    »Das war ich in der Tat«, antwortete die Unbekannte mit einer wohllautenden Stimme voll sanfter Trauer.
    »Erlauben Sie mir jedoch die Bemerkung«, fuhr der Präsident fort,
    »daß Sie damals sehr jung waren.«
    »Ich war vier Jahre alt; aber da die Ereignisse für mich von höchster Bedeutung waren, so ist auch nicht die geringste Einzelheit meinem Gedächtnis entfallen.«
    »Aber welche Bedeutung hatten denn diese Ereignisse für Sie, und wer sind Sie, daß diese Katastrophe einen so tiefen Eindruck auf Sie gemacht hat?«
    »Es handelte sich um Leben oder Tod meines Vaters«, antwortete das junge Mädchen, »und ich bin Haidee, Tochter Ali Tebelins, des Paschas von Janina, und seiner geliebten Frau Vasiliki.«
    Diese Worte des jungen Mädchens, das bescheiden und stolz zugleich errötete, brachten eine unbeschreibliche Wirkung auf die Versammlung hervor. Der Graf von Morcerf war so fassungslos, als wenn ein Blitz vor ihm niedergefahren wäre und einen Abgrund zu seinen Füßen geöff net hätte.
    »Madame«, sagte der Präsident, nachdem er sich ehrerbietig verneigt hatte, »gestatten Sie mir eine einfache Frage, die keinen Zweifel ausdrückt und die letzte Frage sein wird: Können Sie das, was Sie sagen, auch beweisen?«
    »Das kann ich«, sagte Haidee, indem sie eine duftende Satintasche unter ihrem Schleier hervorzog. »Hier ist mein Geburtsschein, ausgestellt von meinem Vater und von seinen ersten Offi zieren unterzeichnet; hier ist mein Taufschein, denn mein Vater hatte eingewil-ligt, daß ich in dem Glauben meiner Mutter erzogen würde; der Schein ist von dem Großprimas von Mazedonien und Epirus mit seinem Siegel versehen. Hier ist endlich, und das ist jedenfalls das wichtigste, die Akte über den Verkauf meiner Person und meiner Mutter an den armenischen Händler El-Kobbir durch den fränkischen Offi zier, der in seinem ehrlosen Abkommen mit der Pforte sich als seinen Beuteanteil die Tochter und die Frau seines Wohltäters vorbehalten hatte, die er für die Summe von tausend Beuteln, das heißt für etwa vierhunderttausend Franken, verkaufte.«
    Eine grünliche Blässe überzog die Wangen des Grafen von Morcerf, und seine Augen füllten sich mit Blut. Die Versammlung nahm die furchtbare Beschuldigung mit düsterem Schweigen auf.
    Haidee, die vollständig ruhig geblieben war, aber in deren Ruhe eine größere Drohung lag als im Zorn, reichte dem Präsidenten die in arabischer Sprache abgefaßte Verkaufsakte.
    Da man vermutet hatte, daß einige der Belege in arabischer, griechischer oder türkischer Sprache abgefaßt sein würden, war der Dolmetscher der Kammer rechtzeitig benachrichtigt worden; man ließ ihn hereinkommen. Einer der Pairs, der das Arabische während des

Weitere Kostenlose Bücher