Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Mitternacht kam Fouché zurück. Diesmal hatte er Moreau zugänglicher vorgefunden. Moreau hatte zugesagt, am nächsten Tag zum Lever in den Tuilerienpalast zu kommen; dieser Zeremonie hatte er schon seit Langem nicht mehr beigewohnt.
Von Fouché vorbereitet, empfing Bonaparte Moreau leutselig, lud ihn zum Frühstück ein und beschenkte ihn beim Abschied mit einem prachtvollen Paar diamantbesetzter Pistolen, die er mit den Worten überreichte: »Ich hätte Ihre Siege auf diese Waffen gravieren lassen, General, doch dafür war nicht genug Platz.«
Sie reichten einander die Hand, doch die Herzen hatten nicht zueinander gefunden.
Kaum war diese Fraktion beruhigt, wenn auch nicht zum Verstummen gebracht, machte Bonaparte sich an die Umsetzung seiner großen Pläne; er ließ die flandrischen und holländischen Häfen auf Form, Größe, Bewohnerschaft und Material untersuchen. Oberst Lacuée, der mit dieser Aufgabe betraut war, musste sich einen ungefähren Überblick über den Zustand aller Schiffe verschaffen, die zwischen Le Havre und Texel Küstenschifffahrt und Fischerei dienten. Offiziere wurden nach Saint-Malo, Granville und Brest entsandt, um die Schiffe zu zählen. Marineingenieure mussten dem Ersten Konsul die Modelle aller Flachboote vorführen, die schweres Geschütz transportieren konnten. Sämtliche Wälder am Ärmelkanal wurden auf die Menge Holz, die man in ihnen schlagen konnte, und auf die Tauglichkeit dieses Holzes zum Bau einer Kriegsflotte inspiziert, und da Bonaparte wusste, dass die Engländer in Italien mit Holz handelten, schickte er Unterhändler mit dem erforderlichen Geld, dieses Holz zu erwerben, das unser Land so dringend brauchte.
Signal der Wiederaufnahme der Kriegshandlungen sollte die Besetzung Portugals und des Golfs von Tarent im Handstreich sein.
Englands Eidbrüchigkeit war so eklatant, dass nicht einmal Bonapartes eingefleischtester Feind ihm den Bruch zur Last legte. Ganz Frankreich empörte sich einhellig; man war sich zwar der Unterlegenheit unserer
Marine bewusst, doch zugleich war man der Überzeugung, mit genug Zeit und genug Geld für den Bau der erforderlichen Menge Flachboote werde es uns gelingen, die Engländer zur See ebenso vernichtend zu schlagen wie ihre Alliierten zu Lande.
Sobald bekannt wurde, was diese Flachboote kosteten, wurde es zur Mode, sie dem Ersten Konsul zum Geschenk zu machen. Das Departement Loiret ging voran und bot dreihunderttausend Francs an. Für diesen Betrag konnte man eine Fregatte bauen und mit dreißig Kanonen bestücken. Und alsbald schenkten kleine Städte wie Coutances, Berny, Louviers, Valognes, Foix, Verdun oder Moissac Flachboote, die zwischen achttausend und zwanzigtausend Francs kosteten.
Paris, dessen Wappen ein Schiff ziert, spendete ein Schiff mit hundertzwanzig Kanonen, Lyon eines mit hundert, Bordeaux eines mit achtzig und Marseille eines mit vierundsiebzig Kanonen. Die italienische Republik schließlich spendete dem Ersten Konsul vier Millionen für den Bau zweier Fregatten, die Le Président und La République Italienne heißen sollten.
Unterdessen, während Bonaparte ganz in seinen Kriegsvorbereitungen aufging und die Innen- um der Außenpolitik willen vergaß, erhielt Savary das Schreiben eines ehemaligen Anführers der Vendée, dem Savary so manchen Gefallen getan hatte und der sich auf seine Landgüter zurückgezogen hatte, um dort in Frieden zu leben. Er meldete Savary, eine Gruppe Bewaffneter habe ihn aufgesucht und auf Torheiten angesprochen, wie er sie seit dem 18. Brumaire nicht mehr beging. Er fügte hinzu, um sein Wort zu halten, das er seinerzeit der Regierung gegeben hatte, und um sich vor möglichen Folgen dieses Besuchs zu schützen, habe er sofort Meldung erstattet und sei überdies bereit, sich nach Paris zu begeben, um alles zu berichten, sobald die Weinlese beendet sei.
Savary wusste, welch großen Wert der Erste Konsul darauf legte, über alles informiert zu sein. Sein gewitzter und durchdringender Verstand witterte in den harmlosesten Geschehnissen die verborgensten Absichten. Der Brief beschäftigte ihn eine Weile, doch nach kaum einer Viertelstunde sagte er zu Savary: »Sie werden hinfahren, einige Tage bei Ihrem Vendéer verbringen, die Vendée beobachten und herauszufinden versuchen, was sich dort zusammenbraut.«
Savary reiste am selben Tag inkognito ab.
Bei seinem Freund angekommen, hielt er die Situation für so gravierend, dass er sich als Bauer verkleidete und seinen Freund nötigte, es
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