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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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mehr als zweihundert Meilen.
    Kernoch war der Held des Tages. Seinem Einfall war es zu verdanken, dass die Perahu zerschmettert worden und ihre Besatzung im Meer verstreut worden war. Denn wer weiß, was mit der Runner of New York geschehen wäre, wenn die sechzig Piraten Gelegenheit gefunden hätten, sie zu entern.
    René kehrte zu den Schwestern zurück, die auf den Stufen zur Poop saßen. Mit seinen im Wind flatternden Haaren und seinem von Dolchstößen zerfetzten Hemd war er schön wie ein homerischer Held, als er sich auf seine blutige Pike stützte. Bei seinem Anblick stieß Jane einen mit Bewunderung gemischten Freudenruf aus. Sie streckte ihm die Arme entgegen und rief: »Zum zweiten Mal haben Sie uns das Leben gerettet!«
    Doch statt diese naive Avance mit einer Umarmung und einem Kuss zu erwidern, nahm René nur ihre Hand und drückte sie an seine Lippen.
    Hélène sah ihn an; ihr Blick verriet, wie dankbar sie ihm für seine ritterliche Zurückhaltung war. »Meine Dankbarkeit«, sagte sie, »ist zwar weniger exaltiert als die meiner Schwester, aber darum nicht geringer, glauben Sie mir. Gott ist sogar in dem Schmerz, den er uns zufügt, voller Güte: Er nimmt uns unseren Vater und gibt uns dafür einen Bruder, einen
Beschützer, einen Freund, einen Mann, der – wie soll ich es sagen – unserer Dankbarkeit Grenzen setzt, sobald sie ihm zu groß erscheint. Was hätten wir ohne Sie anfangen sollen, Monsieur?«
    »Ein anderer wäre an meiner Stelle gewesen«, erwiderte René. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott sich Ihrer nicht erbarmt hätte. In Ermangelung meiner Person wäre ein Engel vom Himmel herabgestiegen, um Ihnen als Beschützer zu dienen.«
    Unterdessen hatte François Renés Waffen aufgesammelt und brachte sie ihm.
    »François, bringen Sie das alles in meine Kajüte«, sagte René. »Zum Glück müssen wir uns dieser elenden Vernichtungswaffen jetzt nicht mehr bedienen.«
    »Sachte, sachte, Monsieur«, sagte der Pariser, »rümpfen Sie nicht die Nase über Ihre Waffen: Wenn Sie sie handhaben, machen Sie keine halben Sachen. Sehen Sie nur die zwei Burschen, die gerade ins Wasser geworfen wurden« – und er deutete auf die beiden Malaien, die in die Kajüte der Mädchen eingedrungen waren und sie bis an Deck verfolgt hatten – »die können ein Lied davon singen.«
    »Beeilt euch, Leute«, rief René den Matrosen zu, die das Deck scheuerten. »Beeilt euch, und dass kein Tropfen Blut an Deck übrig bleibt! Kapitän Kernoch erlaubt, dass ich euch drei Flaschen Arrak ausgebe, die ihr auf sein Wohl und das der Damen leeren könnt, und dass ich euch dreifachen Sold für den heutigen Tag bezahle. Kommen Sie, meine Damen, steigen wir auf die Poop oder gehen wir in Ihre Kajüte, doch mir scheint, zuerst sollte unser Zimmermann in Ihrer Kajüte nach dem Rechten sehen. An Ihrer Stelle würde ich mich auf das Oberdeck begeben. Oder nehmen Sie mit meiner Kajüte vorlieb, bis die Ihre wieder bezugsfertig sein wird.«
    »Steigen wir auf die Poop«, sagte Hélène.
    Sie stiegen hinauf, setzten sich und blickten auf das Meer hinaus. Gottes Werke trösten fast immer über die der Menschen hinweg.
    »Wenn man bedenkt«, sagte René, der sich an die Stirn schlug, »dass sich hier vorhin Männer mit Messern und Dolchen gegenseitig abgeschlachtet haben und dass ich für den Geringsten unter ihnen mein Leben aufs Spiel setzen würde, wenn er sich jetzt in Gefahr befände!«
    Hélène seufzte und setzte sich neben ihrer Schwester und René auf eine Bank.
    »Aber«, sagte dieser ohne Übergang, »haben Sie denn in Frankreich keinen
einzigen Verwandten, dem ich von Ihnen berichten und den ich bitten könnte, sich um Sie zu kümmern?«
    »Die Geschichte unserer Familie ist traurig, denn sie ist vom Tod gefärbt. Zuerst verstarb unsere Tante; sie ging ihrem Ehemann voraus, der mit drei Söhnen hinterblieb und miterleben musste, dass der älteste füsiliert und der zweite unter schrecklichen Umständen guillotiniert wurde; was mit dem jüngsten geschah, das ist ein Geheimnis, das zu lüften unser Vater nichts unversucht gelassen hat, doch sein Schicksal bleibt wie von einem Schleier verhüllt. Am selben Abend, an dem er seinen Ehevertrag unterzeichnen sollte, verschwand er spurlos wie eine Legendengestalt, die sich in Luft auflöst und nie wieder gesehen wird.«
    »Und den jungen Mann haben Sie nie kennengelernt?«, fragte René.
    »O doch, ich erinnere mich sogar an ihn, obwohl wir noch sehr jung waren; er diente

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