Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
Treue hielt, kamen wir rechtzeitig nach Neapel, um mit anzusehen, wie Fra Diavolo aufgeknüpft wurde.«
»Sie sind ein lustiger Kumpan, Monsieur, und das dachte ich mir schon; kann ich Ihnen irgendeinen Wunsch erfüllen?«
»Meiner Treu, Exzellenz, ich fange langsam an, Monsieur Fouchés Ansicht zu teilen: Weisen Sie mir einen Weg, und ich werde ihm folgen.«
»Sie sind weder ein Freund der Diplomatie noch der Intrige, nicht wahr?«, fragte Saliceti.
»Oh, weiß Gott nicht«, erwiderte René. »Ich bin Soldat oder Seemann. Schicken Sie mich dorthin, wo ich mich umbringen lassen kann, zu Lande oder zur See, das ist mir ganz einerlei.«
»Warum wollen Sie sich umbringen lassen?«
»Weil ich ehrgeizig bin und eine herausragende Position erreichen will, die mir allein das Glück ersetzen kann, das ich verloren habe.«
»Eine Marine besitzen wir nicht, Monsieur; wir haben zwei Kriegsschiffe in Auftrag gegeben, die nicht vor zwei Jahren fertiggestellt sein werden; das würde für Sie zu lange dauern. Große Kriege führen wir nicht. Gaeta, das wir belagern, wird sich in wenigen Tagen ergeben; doch ich weiß, dass Sie sich als Großwildjäger hervorgetan haben, der Tiger und Panther zu erlegen versteht; solche Raubtiere kommen bei uns im Unterholz zahlreicher vor als in den Dschungeln Birmas, nur dass die Tiger unserer Breiten Torribio, Parafante, Benincasa oder Il Bizzarro heißen. Würde es Sie danach gelüsten, auf Tiger dieser Art Jagd zu machen? Jeder, den Sie töten oder lebendigen Leibes gefangen nehmen, wäre eine Beförderung wert.«
»Einverstanden«, sagte René. »Krieg wäre mir lieber, und ich wäre lieber Soldat als Jäger; doch Monsieur Fouché hatte zweifellos seine Gründe, mich zu Ihnen zu schicken.«
»Die Gründe glaube ich zu erraten, Monsieur: Er nimmt lebhaften Anteil an Ihrem Geschick, und er hat Sie zu mir geschickt, weil er überzeugt ist, dass ich es ebenfalls tun werde. Ich werde dem König von Ihnen erzählen, Monsieur; besuchen Sie mich wieder.«
»Und wann?«
»Morgen.«
René erhob sich und verneigte sich. »Gestatten Sie, Monsieur«, fragte er, »dass ich Monsieur Fouché von Ihrem überaus liebenswerten Empfang berichte?«
»Schreiben Sie so selten wie möglich nach Frankreich; erwähnen Sie in Ihren Briefen weder jene, die Sie in gutem Licht sehen, noch jene, über die Sie sich beklagen könnten, denn sonst werden Sie selbst das Instrument sein, das Ihre Freunde daran hindert, Ihnen zu nützen.«
»Ich habe verstanden, Monsieur; aber wie kommt es, dass ein Mann von der Größe Napoleons -«
»Pst!«, sagte Saliceti. »Napoleon ist mein Landsmann, und in meiner
Gegenwart darf man ihn nicht einmal mit der Sonne vergleichen, denn selbst die Sonne hat Flecken, Monsieur.«
Graf Leo salutierte, verabschiedete sich von dem Minister und ging.
Vor der Tür des Hotels La Vittoria traf er auf Manhès, der ihn mit strahlender Miene begrüßte. »Ich darf nicht vergessen, es Ihnen zu sagen«, sagte Manhès, »ich habe Sie dem König gegenüber erwähnt, und er hat gesagt, er wolle Sie sehen.«
»Mein lieber Freund«, erwiderte Graf Leo, »seit ich nur noch mit Ministern verkehre – denn ich habe soeben eine Dreiviertelstunde bei Monsieur Saliceti verbracht -, entwickle ich einen ausgeprägten Sinn für Etikette. Monsieur Saliceti war so gütig zu sagen, er wolle mich dem König gegenüber erwähnen, und wir müssen ihn gewähren lassen, denn ich glaube, er wäre nicht erfreut, wenn ich einen anderen Weg wählte als den von ihm vorgeschlagenen.«
»Sie haben völlig recht«, sagte Manhès, »doch egal, zu welcher Stunde Sie dort vorsprechen werden, ich will versuchen, ebenfalls dort zu sein. Und was haben Sie für den Rest des heutigen Tages geplant? Würde es Ihnen zusagen, in Pompeji zu speisen?«
»Mit größtem Vergnügen«, sagte Leo; er klingelte und befahl dem Diener, einen guten Wagen und zwei gute Pferde für den Rest des Tages zu bestellen.
Meister Martin Zir, der Hotelier, ließ den schönsten Wagen vorfahren, den das Hotel besaß; er hatte erkannt, dass zwei Reisende, die eine Stunde nach ihrer Ankunft zum König und zum Minister gerufen wurden, Leute sein mussten, auf die keine Aufmerksamkeit verschwendet war.
Die zwei jungen Männer bestiegen den Wagen.
Es war ein herrlicher Tag: Obwohl man sich erst in der zweiten Januarhälfte befand, spürte man von Sizilien bereits die warmen Lüfte herwehen, denen Paestum verdankt, dass seine Rosen zweimal im Jahr blühen,
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