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Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine

Titel: Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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heißt Taccone und hat sich durch die unvorstellbaren Gräueltaten, die er sowohl 1799 als auch 1806 und 1807 an den Franzosen verübt hat, den Spitznamen Il Boia – der Henker – erworben. Er ging in Begleitung einiger Einheimischer den Franzosen entgegen, und als er ihnen begegnete, gab er sich als Hauptmann der Nationalgarde aus, der mit zwei Leutnants gekommen war, um den französischen Soldaten Erfrischungen und Gastfreundschaft in dem Dorf anzubieten.
    Der Hauptmann wusste zwar, dass er der vorgespielten Liebenswürdigkeit der Einheimischen nicht trauen durfte, doch er und seine Offiziere ließen sich mit typisch französischer Vertrauensseligkeit von der geheuchelten Herzlichkeit einwickeln und waren so unvorsichtig, ihren Männern zu befehlen, die Waffen vor dem Gemeindehaus abzustellen, in dem die Erfrischungen warteten; die Franzosen traten ein und aßen und tranken voller Sorglosigkeit. Nach zehn Minuten ertönte ein Pistolenschuss als Signal, gefolgt von einer ohrenbetäubenden Salve.
    Der Hauptmann und die zwei Leutnants, die sich im selben Raum befanden, waren auf der Stelle tot; die Soldaten eilten hinaus, doch dort erwarteten sie die Bauern mit einem Geschosshagel aus ihren eigenen Gewehren.
    Nur sieben Soldaten konnten sich retten; sie sind nachts in unserem Lager angekommen und haben die schreckliche Neuigkeit berichtet.«
    »Aha«, sagte René, »diesem Herrn Taccone muss man also schleunigst einen Denkzettel verpassen.«
    »Ja, lieber Freund, aber vorher müssen Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben. Taccone ist keineswegs der feige Meuchelmörder, der am liebsten mit Fallen und aus dem Hinterhalt operiert, wie Sie nach meinem Bericht denken könnten; so manches Mal hat er gegen unsere tapfersten Soldaten gekämpft und konnte sie dank seiner günstigen Position, dank seiner genauen Kenntnis der Gegend oder dank der Dunkelheit besiegen; und wenn er nicht siegte, erstaunte er sie durch unerwartete Manöver …
    Oft machte er seinen Leuten mitten im Kugelhagel ein Zeichen, sobald
er genug Deckung hatte, und daraufhin verstreuten sie sich in alle Himmelsrichtungen. Wenn unsere Männer dann die leichtfüßigen Bergbewohner zu verfolgen suchten, wiederholte sich die alte Geschichte von Horatiern und Curiatiern: Die Banditen machten unvermutet kehrt, jeder von ihnen griff einen keuchenden, erschöpften Gegner an, und bevor der französische Soldat wusste, wie ihm geschah, hatte ihn eine Kugel oder ein Messer getroffen.
    Stieß der Bandit auf einen Soldaten, der sich mannhaft verteidigte, dann floh er einfach, und wer soll einem Kalabresen auf den Fersen bleiben, der in die Berge flieht?
    Taccone ist der Wagemutigste und Grausamste aus seiner ganzen Bande, und diesen Eigenschaften verdankt er seine Autorität über seine Gefährten; bei diesen wilden Banditen ist der Titel Hauptmann nicht wohlfeil; wer in den Bergen kommandiert, der ist des Kommandos auch würdig.
    Taccone gilt zudem als schnellster Läufer seiner Räuberbande; man sollte meinen, Homers schnellfüßiger Achill hätte ihm seine goldene Chlamys vererbt oder Jupiters Bote Merkur hätte ihm seine Flügel an die Fersen geheftet, denn er springt so schnell wie der Blitz oder wie der Wind von einem Ort zum anderen.
    Einmal hatten unsere Soldaten ihm in einem Wald heftig zugesetzt, und es sah ganz so aus, als wollte er ihnen lange Widerstand bieten; doch kaum war die Nacht hereingebrochen, verschwand er im Schutz der Dunkelheit so plötzlich wie ein Gespenst, seine Männer entschwanden mit ihm, und am nächsten Tag fand er sich vor Potenza ein, das er über Pfade erreicht hatte, die zu begehen man nur Gemsen und wilden Ziegen zutrauen würde.
    Vergessen Sie nicht, lieber Graf, dass Potenza kein Dorf und keine Kleinstadt ist, sondern eine ansehnliche Stadt von acht- bis neuntausend Einwohnern. Diese acht- oder neuntausend Bewohner begaben sich in ihre Häuser und verschlossen Fenster und Türen, als sie die Räuberbande erblickten, die wie vom Himmel gefallen vor den Stadttoren stand, und die furchterregende Stimme Taccones hörten, ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden, sich ihm zu widersetzen.
    Und König Taccone, denn so nannte man ihn, bevor man ihn den Henker Taccone nannte, schickte einen Herold in die Stadt, der anordnete, dass alle zivilen, religiösen und militärischen Autoritätspersonen sich unverzüglich zu ihm zu begeben hatten – andernfalls würde die Todesstrafe ihrer harren und ihre Häuser würden

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