Der Graf von Sainte-Hermine - Dumas, A: Graf von Sainte-Hermine - Le Chevalier de Sainte-Hermine
sollte es dann nicht gleich das alte Herrschergeschlecht zurückhaben wollen, das ihm Heinrich IV. und Ludwig XIV. geschenkt hat, während Sie ihm nur die Tyrannei des Schwertes gaben?«
Bonaparte hatte zugehört und sich dabei auf die Lippen gebissen, doch er hatte zugehört. Aber insgeheim hatte er beschlossen, das Polizeiministerium aufzulösen, und da er sich am selben Tag nach Mortefontaine begab, um den Montag mit seinem Bruder Joseph zu verbringen, hatte er Josephs und Luciens Drängen nachgegeben und das erforderliche Dekret unterzeichnet, hatte es eingesteckt und sich am nächsten Tag voller Zufriedenheit mit seinem Entschluss und im Wissen, welcher Schlag dies für Joséphine sein würde, nach Paris zurückbegeben. Er war besonders reizend zu ihr. Das ermutigte die arme Frau, die in Fröhlichkeit wie Traurigkeit, Übellaunigkeit wie Munterkeit ihres Mannes nur die Scheidung lauern sah; und als er in ihrem Boudoir saß und Bourrienne Anordnungen erteilte, huschte sie leise neben ihn, setzte sich ihm auf die Knie, fuhr ihm zärtlich mit den Fingern durch die Haare, verharrte mit der Hand auf seinem Mund, damit er sie küsste, und sagte, als sie auf ihrer heißen Hand den ersehnten Kuß spürte: »Warum hast du mich gestern nicht mitgenommen?«
»Wohin?«, fragte Bonaparte.
»Nun, dorthin, wo du warst.«
»Ich war in Mortefontaine, und da ich weiß, dass zwischen dir und Joseph eine gewisse Feindseligkeit besteht...«
»Oh, du kannst ruhig auch sagen: zwischen Lucien und mir. Ich sage, zwischen Lucien und mir, weil sie mich feindselig behandeln. Ich bin niemandem
gegenüber feindselig. Ich würde deine Brüder nur zu gerne lieben, aber sie können mich nicht leiden. Nun denn! Du wirst verstehen, wie besorgt ich bin, wenn ich dich bei ihnen weiß.«
»Sei unbesorgt, gestern war nur von Politik die Rede.«
»Ja, von Politik wie zwischen Cäsar und Mark Anton: Sie haben dich die königliche Augenbinde anprobieren lassen.«
»Wie? So gut kennst du dich in der römischen Geschichte aus?«
»Teurer Freund, ich lese von der ganzen römischen Geschichte nur die des Cäsar, und jedes Mal, wenn ich sie lese, muss ich zittern.«
Schweigen trat ein, und Bonaparte runzelte die Stirn; doch da Joséphine begonnen hatte, sprach sie todesmutig weiter.
»Ich flehe dich an, Bonaparte«, sagte sie, »ich flehe dich an, lass dich nicht zum König ernennen. Hinter alledem steckt nur dieser garstige Lucien, höre nicht auf ihn; er stürzt uns noch alle ins Verderben.«
Bourrienne, der seinem einstigen Mitschüler oft genug den gleichen Rat gegeben hatte, erbleichte vor Furcht, dass Bonaparte in Zorn geraten könne.
Doch dieser brach ganz im Gegenteil in Gelächter aus. »Du bist verrückt, meine arme Joséphine«, sagte er. »Diese Ammenmärchen reden dir deine alten Weiber aus dem Faubourg Saint-Germain ein, deine La Rochefoucauld und wie sie alle heißen. Du langweilst mich, verschone mich mit diesem Gerede!«
Im selben Augenblick wurde der Polizeiminister angekündigt.
»Haben Sie etwas mit ihm zu besprechen?«, fragte Bonaparte.
»Nein«, erwiderte Joséphine. »Sicherlich wollte er Sie aufsuchen und hat die Gelegenheit genutzt, um mich zu begrüßen.«
»Wenn Sie fertig sind, schicken Sie ihn zu mir«, sagte Bonaparte und erhob sich, »komm, Bourrienne.«
»Wenn Sie nichts Geheimes mit ihm zu besprechen haben, empfangen Sie ihn hier, dann bleibt mir Ihre Gesellschaft länger erhalten.«
»Ich vergaß wahrhaftig«, sagte Bonaparte, »dass Fouché zu Ihren Freunden zählt.«
»Zu meinen Freunden?«, wiederholte Joséphine. »Ich erlaube mir nicht, Freunde unter Ihren Ministern zu haben.«
»Oh«, sagte Bonaparte, »das wird er nicht mehr lange sein. Nein, ich habe nichts Geheimes mit ihm zu besprechen«, und mit perfider Miene sagte er zu Constant, der Fouché angekündigt hatte: »Lassen Sie den Polizeiminister herein.«
Fouché erschien und wirkte überrascht, Bonaparte bei seiner Gemahlin anzutreffen.
»Madame«, sagte Fouché, »heute Vormittag habe ich nicht mit dem Ersten Konsul zu tun, sondern mit Ihnen.«
»Mit mir?«, fragte Joséphine erstaunt und beinahe erschrocken.
»Oho!«, sagte Bonaparte und zwickte lachend das Ohr seiner Frau, was anzeigte, dass er wieder guter Laune war. Joséphine stiegen Tränen in die Augen, denn diese Gunstbezeigung Bonapartes war fast immer, vielleicht unbeabsichtigt, ausgesprochen schmerzhaft. Doch tapfer lächelte sie weiter.
»Ich hatte gestern«, sagte
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