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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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zuschnürte.
    Dann trat er einen Schritt zurück, musterte mich ziemlich skeptisch von Kopf bis Fuß und murmelte: »Eine Haselnuß in der Schale einer Walnuß.«
    Ich kam mir in dem Harnisch etwas lächerlich vor. Mein schmaler Nacken ragte aus einem Ledertorso heraus, den man der muskulösen Figur eines Herkules nachgebildet
    hatte, und die daran befestigten gesteppten Lederröcke reichten mir bis unter die Knie. Es war jedoch die einzige Rüstung, die mir im Augenblick zur Verfügung stand, daher sagte ich:
    »Ja, sie ist sehr geräumig, aber sie behindert mich nicht, wenn ich mich darin bewege. Sie wird ihren Zweck erfüllen.«
    Der Wachmann zuckte mit den Schultern. »Dann fehlen dir jetzt nur noch die schweren Gamaschen, und die kannst du dir selber machen. Schau her, der Schmied hat deinen Helm fertig. Probiere ihn auf! Vielleicht müssen noch ein paar Änderungen vorgenommen werden.«
    Es waren keine Änderungen nötig; der Helm kam mir zwar schwer vor, als ich ihn in den Händen hielt, auf dem Kopf war er es jedoch nicht. Das weiche Innenpolster aus Leder schmiegte sich eng an meinen Kopf, und die Kinnriemen
    saßen weder zu fest noch zu locker. Der Nasenschutz
    deckte meine Nase genau ab, berührte sie jedoch nicht. Die vor den Ohren angebrachten Seitenlappen hingen ganz
    exakt über meine Wangenknochen bis zum Kinn hinunter.
    Der Nackenschutz war lang genug, um diese Körperpartie vor Verletzungen zu schützen, und kurz genug, um nicht gegen das Rückenteil meines Harnischs zu scheuern. Ich malte mir aus, daß ich jetzt so großartig aussehen mußte wie Theoderich, als er über das Feld auf mich zugeritten kam. Ich hatte gerade begonnen, mich wie ein echter,
    ostgotischer Krieger zu fühlen, als der Schmied schroff zu mir sagte:
    »Ich rate dir, junger Mann, dir einen guten, gotischen Bart wachsen zu lassen. Er wird deinen nackten, schmalen Hals schützen. «
    Ich ließ seinen Vorschlag unbeantwortet und machte
    stattdessen eine Bemerkung über den Helm: »Er hat oben keine Nut zum Anbringen eines Federbuschs.«
    »Väi, Goten veranstalten keine Paraden wie die
    herausgeputzten Römer!« dröhnte Ansila. »Ein Gote bewegt seine Füße nur dazu, auf einen Feind loszumarschieren! Ein Gote setzt auch nur dann einen Helm auf, wenn er in die Schlacht zieht, und nicht, um während einer feierlichen Parade an irgendeinem verweichlichten römischen Konsul vorbeizudefilieren!«
    »Ich habe den Helm auch nicht anderweitig verziert, also weder gehämmerte noch eingravierte Ornamente
    angebracht«, sagte der Schmied. »Erstens hatte ich dazu keine Zeit, und zweitens konnte ich nicht ahnen, welche Verzierungen passend gewesen wären, da ich ja nicht
    wußte, welchen Rang Theoderich dir verliehen hat.«
    »Keinen von dem ich wüßte«, sagte ich fröhlich. »Aber ich danke euch, meine beiden Kameraden, und auch euren
    Gehilfen für all die gute Arbeit. Thags izei. Ich werde zur rechten Zeit zurückkehren, um die Verschlußkappen auf
    unsere Trompeten von Jericho zu setzen.«
    Damit die Sarmaten das Fällen des Baumes nicht hören
    konnten schickte Theoderich seine Männer ein gutes Stück flußaufwärts. Die Männer entschieden sich für eine hohe, kräftige, gerade gewachsene Zypresse, denn diese Baumart hat viele, dafür aber nicht allzu dicke Äste, die vom Stamm aus horizontal zur Seite wachsen. Als der Baum gefällt am Boden lag, hackten die Männer einige der Äste vollständig ab; manche kürzten sie jedoch nur, so daß den ganzen
    Stamm entlang Aststümpfe stehen blieben, die als
    Tragegriffe für die Soldaten fungieren sollten, die den Rammbock später einsetzen würden. Dann hackten sie ein Ende des Baumes zu einer stumpfen Spitze zurecht und
    härteten diese im Feuer. Anschließend flößten sie den
    mächtigen Stamm die Sawe hinunter, zerrten ihn ans Ufer, schleppten ihn in der Dunkelheit den Berg hinauf und ließen ihn an einer Stelle fallen, die zwar verborgen, aber als Ausgangspunkt für einen Angriff gut geeignet war.
    »Sehr gut, Thorn«, sagte Theoderich. »Jetzt bist du dran.«
    »Ich habe noch nie zuvor eine Stadt gestürmt«, sagte ich.
    »Wann greift man denn am besten an? Am Tage oder in der Nacht?«
    »In diesem Fall bei Tage; dann können wir die
    Stadtbewohner von den Sarmaten unterscheiden, denn ich möchte nicht, daß allzu viele Unbeteiligte getötet werden.«
    »Dann schlage ich vor, daß wir die Haferbehälter kurz vor der Morgendämmerung vorbereiten und sie anschließend so schnell wie

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