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Der Greif

Der Greif

Titel: Der Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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sich
    offensichtlich, wie ihm mein Herumlungern entgangen sein konnte. Deshalb fuhr ich ziemlich verzweifelt fort: »Ich wollte diese verwandelte Chasar-Dienstmagd mit mir hierher
    bringen, Theoderich, um dich in Erstaunen zu versetzen.
    Und auch, damit du sie hättest loben können, denn sie
    spielte ihre Rolle bravourös. Leider war sie unter den Unschuldigen, die bei dem Blutbad in Constantiana ums
    Leben kamen, als...«
    »Haltet ein, haltet ein!« unterbrach Theoderich
    kopfschüttelnd und lachte. »Ich denke, es ist am besten, wenn du mit deinem Bericht am Anfang beginnst. Hier,
    Männer, wir wollen alle unsere Liegen enger
    zusammenrücken. Und Swanilda, würdest du in die Küche
    gehen und die Leute dort bitten, ein paar Erfrischungen zu bringen? Das wird sicher eine lange Geschichte werden, und Thorn bekommt bestimmt großen Durst.«
    Ich erzählte also alles, oder beinahe alles, was sich
    ereignet hatte, von dem Tag an, als unser Trupp Novae
    verlassen hatte, bis zum heutigen Tag meiner Rückkehr.
    Kaum hatte ich begonnen, als Swanilda und eine andere
    Frau eine riesige, mit Ornamenten verzierte Schale aus vergoldetem Silber voll mit frischem goldenem Met
    hereinbrachten, aus deren Mitte ein Schöpflöffel in
    anmutiger Vogelform herausragte. Sie stellten die Schale in die Mitte unseres Kreises und gingen dann hinaus, da sie sich nicht anmaßten, bei einem Männergespräch zugegen
    zu sein. Ich unterbrach meinen Bericht zwar nicht, doch hatte ich die zweite Frau erkannt. Sie trug bedeutend
    kostbarere Kleidung als zu dem Zeitpunkt, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, war außerdem hochschwanger,
    und aus ihrem Verhalten schloß ich, daß sie die neue Herrin Swanildas, der Kammerzofe, war.
    Ich wunderte mich, doch verschob ich irgendwelche
    Fragen bezüglich dieser Frau auf später. Als sie gegangen waren und ich in meiner Erzählung fortfuhr, schöpften der eine oder andere von uns Männern hin und wieder einen
    Trunk süßen Mets aus der Schale. Entsprechend der Sitte, nach der verfahren wurde, wenn mehrere Männer
    zusammen etwas besprachen, handelte es sich hierbei um eine »Brüderschaftsschale«, bei der alle von uns aufgerufen waren, abwechselnd freundschaftlich aus dem einzigen
    Schöpflöffel zu trinken.
    Ich erzählte meine Geschichte auf ganz ähnliche Weise
    wie hier, nur faßte ich mich kürzer und verzichtete auf Details wie die häßlichen Manifestationen von Amalamenas Krankheit. Um die Tatsache zu erklären, daß ich in diesem Moment noch am Leben war, mußte ich mich
    gewissermaßen als heroischen Krieger, der vor dem Tod
    nicht zurückschreckt, darstellen. Ich berichtete, daß
    Amalamenas Tod sich in Pautalia ereignet hätte und daß Optio Daila und ich sie heimlich dort begraben hätten - ohne selbst unsere eigenen Männer davon zu unterrichten - und daß die Chasar-Swanilda anschließend allein in der Karosse weitergereist wäre. Ich erzählte, wie unsere Entdeckung des Verrats des einen Bogenschützen mich und Daila dazu
    bewegen hatte, von unserem Kurs abzuweichen und dem
    Fluß Strymon zu folgen, bis wir schließlich in den steilen Engpaß geraten waren, in dem uns in einer dunklen Nacht Strabos Soldaten überfallen hatten. Dort hätte ich dann an der Seite meiner Männer gekämpft, sagte ich (wohl wissend, daß Augis dies nicht als Lüge entlarven konnte, da er zu der Zeit hoch oben auf dem Gipfel des Felsens gewesen war).
    Dann, erzählte ich weiter, hätte ich erkannt, daß wir auf verlorenem Posten standen und hätte im selben Moment
    gesehen, wie Strabos Männer die Chasar-Swanilda aus der Kutsche gezogen hätten - und daraufhin sei mir die Idee mit der Substitution gekommen. Ich entledigte mich meiner
    eigenen Rüstung, da sie meinen Rang und meine Identität preisgab, und legte die eines anderen kleinwüchsigen
    Mannes an, der bei der Schlacht gefallen war. Ich stahl mich an die Seite der Chasar-Swanilda und hatte dort die
    Gelegenheit, ihr dringend notwendige Anweisungen
    zuzuflüstern und ihr die Halskette der Prinzessin zu
    übergeben. Als Strabo selbst sie dann zur Rede stellte, verkündete sie hochmütig, selbst Prinzessin Amalamena zu sein - und Strabo glaubte ihr.
    »Er zweifelte nie an ihr, von jenem Tag an bis zu ihrem letzten«, sagte ich. »Doch hielt ihn das nicht davon ab, sie auf übelste Weise zu mißbrauchen, unter Mißachtung aller Konventionen redlicher Kriegsführung. Sei froh, Theoderich, daß sie nicht unsere Amalamena war. Nur zwei Nächte nach ihrer

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