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Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers

Titel: Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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sie ihm. »Ich bin froh, unter, ah, Eurem Schutz zu reisen, Fürst Bertaud, aber Ihr seid mein Gast.« Sie wechselte dankbar ins Praken zurück. »Mairin, bezahle die Frau. Vergiss nicht die Ehre meiner Familie und sei großzügig.« Es musste einfach eine bessere Methode geben, um eine Sprache zu erlernen, als dieses Herumstöbern nach halb bekannten Worten ... Ihr Blick wanderte über die Tische, und sie fragte sich, ob es wohl Brathähnchen gab.
    Es gab in der Tat Brathähnchen. Und Rinderpasteten. Und in Teig gebratene Eier. Kein Wunder, dass so viele Menschen hier einkehrten. Tehre knabberte nachdenklich an einem Stück Hähnchen, schob schließlich ihren Teller zur Seite und sagte zu Bertaud: »Erzählt mir, ah, hmm, eine Geschichte. Ja?«
    Der Fremde lächelte unsicher. »Eine Geschichte?«
    »Von Euren Reisen. Oder eine Erzählung für Kinder. Irgendeine Geschichte. Erzählt sie erst auf Praken und dann auf Terheien, ja? Bitte?«
    Fürst Bertaud legte den Kopf schief; er war nach wie vor unsicher, aber auch neugierig. »Dieselbe Geschichte? Auf Praken und Terheien?« Lächelnd gab er eine Bemerkung auf Terheien von sich, wobei er zu schnell für Tehre redete, aber die vermutlich ungefähr so lautete: » Na ja, ich vermute, wir beide benötigen Übung, nicht wahr?«
    Anschließend erzählte er ihr eine Kindergeschichte, die von drei Füchsen und einem Kaninchen handelte. Er erzählte sie Stück für Stück erst in fließendem, anmutigem Terheien und dann in stockendem Praken. Die Geschichte beanspruchte den Rest der Mittagspause und dauerte etwas länger, als sie vermutlich vorgehabt hatten zu verweilen, aber Fürst Bertaud war zu gutmütig, um mit dem Erzählen aufzuhören, sobald sich erst mal die Kinder der Bäuerin und mehrere Reisende zu ihnen gesellt hatten und lauschten.
    »Aber der dritte Fuchs war ja gar nicht schlau!«, protestierte ein kleines Mädchen, als die Geschichte zu Ende war. »Er hatte einfach nur Glück. Das Kaninchenweibchen war im Grunde die Schlaue.«
    »Das Kaninchenweibchen war ein bisschen zu schlau, als gut für sie war, denkst du nicht? Ganz wie viele kleine Kaninchen«, wandte ihr Vater, ein Fuhrmann, lächelnd ein. Er verneigte sich vor Fürst Bertaud und setzte sich seine Tochter auf die Schultern, um sie zu seinem Wagen zu tragen. »Danke, hochverehrter Herr. Gut erzählt, wenn ich so sagen darf.«
    Tehre hörte kaum zu, während die anderen Reisenden leise ähnliche Bemerkungen machten. Sie versuchte gerade, im Kopf Wörter einzuordnen, wie man Backsteine in eine Mauer einordnete oder Fäden in eine Tapisserie. Wörter erwiesen sich jedoch als schwieriger zu bearbeiten als Steine oder Fäden. Oder vielleicht lag es auch an der nebulösen Natur des Bezugssystems, in das sie sie einzubauen versuchte.
    Sie nahm nicht wirklich wahr, wie sie zurück in die Kutsche stieg und diese ruckte und schwankte, als es zurück auf die Straße ging. Nach einer Weile sagte Mairin etwas, dem Tehre keine Aufmerksamkeit schenkte. Endlich beugte sich Fürst Bertaud vor und fragte: »Meine Dame Tehre?«
    Ihn bemerkte Tehre. Er trug das gesamte Terheien auf der Zunge und in seinen Gedanken: einen Strom von Wörtern, einen Ozean aus Sprache. Sie spürte es in ihm, fast als wiese es körperliches Gewicht auf und würde von machtvollen Gezeiten geprägt. Tehre reichte ihm die Hand.
    Er nahm sie, zögerte dabei ein wenig. Tehre schloss ihre beiden kleinen Hände fest um seine große und errichtete eine mächtige Mauer zwischen ihm und ihr. Sie baute sie aus Wörtern, Terheien auf seiner Seite und Praken auf ihrer. Sie definierte die Mauer als einen Damm zwischen der einen und der anderen Sprache. Dann öffnete sie ein Schleusentor im Damm und verankerte es fest darin. Dann öffnete sie die Augen – bemerkte überhaupt jetzt erst, dass sie sie geschlossen gehabt hatte –, ließ die Luft heraus und offenbarte kleinlaut: »Das Harte an der Sache ist, dass man die gesamte Konstruktion am Stück vor sich haben muss, nicht wahr, oder sie hält überhaupt nicht, und man muss die Schleuse gleichzeitig mit dem Damm anlegen, oder man bekommt es nicht richtig hin. Ich denke, ich habe es richtig hinbekommen. Habe ich?« Sie blickte Fürst Bertaud fragend an.
    Er erwiderte ihren Blick verblüfft. »Ihr ... Was habt Ihr gemacht?«
    »Spreche ich Terheien?«
    »Ja!«
    »Dann habe ich es richtig gemacht.« Zufrieden blickte sich Tehre nach Schreibzubehör um. Dann seufzte sie frustriert und warf die Hände hoch.

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