Der Greifenmagier 2 - Land des Feuers
Speiseraum war recht angenehm gestaltet, wie sie glaubte. Die Decke wies eine interessante Balkenarchitektur auf.
Womit sie jedoch nicht gerechnet hatte, das war, ihren Bruder in diesem Speiseraum anzutreffen, als sie zum Abendessen hinabging.
Fürst Bertaud war noch nicht zu sehen. Ihr Bruder Sicheir hingegen hatte bereits einen langen Tisch an einer Wand in Beschlag genommen. Er schien nicht im Mindesten überrascht, seine Schwester zu sehen, sondern erhob sich nur und zog höflich einen Stuhl für sie hervor.
Tehre blickte zu ihm auf. »Fareine hat nicht nur Briefe an meinen Vater geschrieben, vermute ich. Sicheir ...«
»Tehre.« Ihr Bruder fasste sie an beiden Händen und musterte sie besorgt von Kopf bis Fuß. »Ja, Fareine hat mir geschrieben. Du hättest mir selbst eine Nachricht übermitteln sollen. Geht es dir gut? Bist du in Sicherheit? Ich habe einen leidlich vollständigen Bericht erhalten – stimmt es, dass der Arobarn nicht geneigt schien, dir oder uns die Schuld zu geben? Es trifft doch hoffentlich wohl immer noch zu, dass Fürst Fellestedens Erben nicht versuchen, dich irgendwie rechtlich zu belangen? Hast du jemanden beauftragt, in Breidechboda unsere Interessen zu vertreten, mal abgesehen von der schätzenswerten Fareine?«
»Fareine wird sich an einen guten Rechtskundigen wenden, wenn Schwierigkeiten auftreten sollten«, versicherte ihm Tehre. »Der Arobarn hat bereits gegen Fürst Fellestedens Erben entschieden, als er Gerent an seinen Magier übergab, sodass der Präzedenzfall zu unseren Gunsten ausgefallen ist. Vielleicht sind die Erben ja froh, dass sie den Fürsten losgeworden sind: Er war ein schrecklicher Mann. Fareine hat dir sicher berichtet, was er zu tun versuchte.«
»Und ich bin sehr froh, dass sie es berichtet hat«, erklärte Sicheir entschieden und zog sie zum Tisch hinüber. »Komm, setz dich, und gib mir einen vollständigen Bericht. Ich denke, dass du vielleicht klug beraten warst, die Stadt zu verlassen, obwohl ich nicht möchte, dass irgendjemand denkt, unsere Familie würde vor einer Gefahr oder vor Verwicklungen fliehen. Ich hatte mir überlegt, selbst nach Breidechboda zu reisen, dort Wohnstatt zu beziehen und sichtbare Präsenz zu zeigen.« Er meinte eine massive, aggressive männliche Präsenz, was er jedoch nicht aussprach.
Tehre funkelte ihn an. »Ich hätte ebenso gut bleiben können. Ich habe Breidechboda nicht aus Angst vor Fellestedens Erben verlassen!«
»Natürlich nicht«, stimmte der Bruder ihr zu, doch sein Tonfall verriet, dass er der Ansicht war, dass sie es vielleicht besser getan hätte. »Obwohl du nach mir hättest schicken sollen. Erzähl mir alles, ja? Auch über diesen ausländischen Fürsten – besonders über diesen ausländischen Fürsten. Was sucht er im Norden? Weißt du das überhaupt? Oder erzähl mir zumindest, welchen Grund er dir genannt hat? Du hast keinen Grund, ein einziges Wort zu glauben, das er gesagt hat, weißt du, wenn man bedenkt, dass er ein Fremder ist! Weißt du, der Arobarn ist vielleicht nicht sehr glücklich darüber, dass du einverstanden warst, diesen Herrn aus Farabiand nach Norden zu begleiten ... Wahrscheinlich ist er ein Spion; hast du das bedacht?«
Tehre blinzelte. »Das kann nicht sein. Spione schleichen herum, nicht wahr? Sie sind unauffällig, weißt du, sie schleichen sich überall hinein, und niemand erfährt es. Fürst Bertaud hingegen ist so auffällig, wie man nur sein kann. Er kann gar nicht herumschleichen; wie sollte er das anstellen? Jeder sieht doch, dass er ein Ausländer ist!«
»Tehre, manchmal braucht ein Spion nicht auf Zehenspitzen zu schleichen. Dieser Mann ...«
»Er gehört zum Safiad. Das ist kein Geheimnis; der ganzen Welt ist das bekannt. Jedenfalls ergäbe es keinen Sinn, dass er von Breidechboda aus in den Norden reist, außer wenn er genau den Grund hat, den er angab: weil er sehen möchte, welches Problem mit den Greifen besteht. Es ist doch naheliegend, dass er darüber Bescheid wissen möchte, denkst du nicht?«
»Und ebenso naheliegend ist, dass der Arobarn ihn lieber nicht nach Norden spazieren sehen möchte, besonders, wenn es dort etwas zu sehen gibt ...«
»Er hat klipp und klar gesagt, dass der Arobarn ihm keine Anweisungen geben kann, wohin er geht ...«
»Umso mehr Grund, nicht in seiner Gesellschaft gesehen zu werden, wenn er mit seiner Immunität gegenüber dem Arobarn herumwedelt! Tehre, du musst ihn verlassen. Ich bin jetzt hier. Ich habe ein paar Männer
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