Der große Blowjob (German Edition)
muss, aber ich tue mich schwer damit, Pläne zu ändern, wenn ich sie erst einmal gefasst habe. Und außerdem hatte ich die Panikattacke gestern nur kurz nach dem Training, vielleicht ist es also keine so gute Idee, mich zu wiederholen. Das einzige Problem ist jetzt, was ich mit den Stunden anfange, bis ich in die Agentur muss. Ich könnte im Internet nachsehen, wo es hier in der Gegend noch andere Fitness-Studios gibt, um mich in einem anderen anzumelden, aber das scheint dann doch etwas übertrieben. Eine Zeitlang sehe ich aus den Fenstern, die nach Osten hinausgehen. Der Himmel ist teils blassrosa wie Lachskroketten, teils zartbläulich wie – vielleicht Hirnmasse. Es ist kalt genug, dass in der Luft dampfiger Rauch zu sehen ist, oder rauchiger Dampf?, der aus den Ölöfen der kleinen dreigeschossigen Häuser aufsteigt, die zwischen mir und der Brücke stehen. Bei Marlow & Sons bestelle ich telefonisch zwei Caffè Latte mit Mandel-Sojamilch, danach rufe ich bei Silhouette an, um noch mal eine Schale frische Beeren zu bestellen, aber sie liefern nicht außer Haus. Nachdem ich aufgelegt habe, sehe ich mich in meiner Wohnung um und überlege, ob ich demnächst mal ein paar Möbel anschaffen soll. Dann warte ich auf meine Getränke. Warten, kommt mir dabei in den Sinn, ist nicht die Zeit zwischen den Dingen, sondern das Ding an sich.
Als die Milchkaffees endlich eintreffen (vierzehn Dollar), sind sie maximal noch lauwarm, und ich verweigere die Annahme. Bezahle sie allerdings trotzdem und gebe dem Boten für seine Mühe zwanzig Dollar Trinkgeld (macht vierunddreißig Dollar). Dreieinhalb Stunden später finde ich mich im Tate-Hauptquartier in Midtown ein. Die Personaltante erwartet mich schon in dem Empfangsbereich vor meinem Büro. Sie heißt übrigens Helen, ist nicht verheiratet, hat angeblich einen langjährigen festen Freund, über den sie nie spricht, und wohnt allein. Sie hat ein Faible für ausländische Filme und verbringt die Wochenenden am liebsten außerhalb der Stadt, jedenfalls ihrem Profil auf Match.com zufolge, das ich mir einmal angeschaut habe. Jetzt heuchelt sie Besorgnis über meinen Gesundheitszustand.
«Geht es Ihnen gut?», fragt sie. «Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht!», fügt sie hinzu, mehr der Form halber.
«Ich hatte heute noch nicht meinen Starbucks, falls Sie das meinen.» Starbucks ist das Wort, das die Personaltante für Kaffee benutzt, und dem passe ich mich an, wenn ich mit ihr rede.
«Ich spreche von gestern!»
«Haben Sie meine SMS nicht bekommen?», lüge ich.
«Nein», lügt sie zurück, ohne sich anmerken zu lassen, dass sie mich durchschaut und weiß, dass ich lüge.
«Oh, dann sind die wohl nicht durchgekommen. Scheiß- AT & T !» Ich beschließe, es mit der Lüge noch ein wenig weiterzutreiben, um zu sehen, ob die Personaltante bis zum bitteren Ende mitspielt. «Hat mich gewundert, dass ich von Ihnen keine Antwort bekam, deshalb habe ich Ihnen dieselbe SMS noch mal geschickt und Ihnen außerdem auf die Mailbox gesprochen? Nicht nur einmal, sondern sogar zweimal, tut mir sehr leid, falls Sie meine Nachrichten nicht bekommen haben, verdammt, ist mir wirklich ein Rätsel, was da schiefgelaufen ist.»
«Geht mir genauso», sagt sie, während sie überlegt, worauf ich hinauswill. «Ich habe überhaupt nichts bekommen. Haben Sie die SMS von Ihrem iPhone aus geschickt oder vom BlackBerry, das läuft über T-Mobile, richtig?» Kurz kommt es mir vor, als würde sie das alles ernst meinen, als wüsste sie nicht, dass ich bloß mit ihr spiele. Bei ihren nächsten Worten aber weiß ich, dass sie einfach nur mitspielt. «Na ja, mit den Telefonen läuft es hier ja nicht mehr ganz rund, seitdem Kyle freigestellt worden ist», sagt sie mit einem Achselzucken, einer wegwerfenden Geste, oder ist es eher ein Die-Augen-Verdrehen und ein leicht verächtlicher Blick, ich bin mir nicht ganz sicher. Ich sage nichts.
«Wollen wir’s jetzt erledigen?», fragt sie dann. Und ich sage: «Klar! Jederzeit! Bringen wir’s hinter uns!» Und: «O Mann, was für ein Leben!», worauf sie erwidert: «Auf in den Kampf!» Sie sagt es in ironischem Tonfall, dann bittet sie meine Assistentin, Dave und Bill herzubestellen, die Texter.
Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um die Post, die sich auf meinem Schreibtisch türmt, der übliche Stapel luftpolsterverpackter DVD s von Produktionsfirmen, die aufdringlich ihre miesen Regisseure anpreisen – «Peter Rossi nimmt Kinder ins Visier!», als wäre
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