Der große deutsche Märchenschatz
Er reiste weiter, die Frau des Popanzen aber blieb bei der Prinzessin.
Sie fuhren beinahe drei Jahre, ehe sie in das Königreich kamen, indem sie viel Ungemach von Zauberern und auch vom Popanz zu erdulden hatten. Endlich kam er an das Schloss der Prinzessin, die im tausendjährigen Schlafe lag; er tat, wie ihm gesagt war, und die Prinzessin erwachte. Sie sprach sogleich zu ihm: »GroÃmütiger Fürst, wie viel Dank bin ich dir schuldig! Du hast mir das Licht und Leben wiedergegeben, aber zugleich mich nur erweckt, um in den gröÃten Schmerz zu versinken. Das Hündlein, das du getötet hast, ist mein Geliebter, ein edler Prinz von Geburt, und keiner vermag ihm das Leben zu geben als du. Lass dein Werk nicht halb vollendet und erwecke auch ihn.« â »Wie kann ich das?«, fragte der Fürst. »Hier«, sagte die Prinzessin, indem sie ihm ein blankes Schwert reichte, »haue dem Hündlein den Kopf ab und lege ihn säuberlich hier aufs Bett.«
Und nun entblöÃte sie ihren schönen Hals, der so weià als Alabaster war: »Nun haue auch meinen Kopf ab, und wenn das geschehen ist, setze meinen Kopf auf des Hündleins Rumpf und des Hündleins Kopf auf meinen Rumpf, und du wirst Wunder sehen.« Der Prinz tat, wie sie sagte. Kaum war es geschehen, so sprangen die Köpfe wieder zurück, jeder auf seinen Rumpf, und die Prinzessin steht lebendig und unversehrt da, aus dem Hündlein ist aber plötzlich ein schöner Prinz geworden, welcher ihr um den Hals fiel und ausrief: »Ja, du liebst mich, und ich werde von nun an mehr Zutrauen zu dir haben.« Hierauf dankten sie ihrem Befreier und erzählten ihm ihre Geschichte.
Der junge Held fuhr weiter und gelangte zu dem Prinzen mit dem Weinstock; er tat, wie er vernommen hatte, und beide fingen an wieder zu blühen, aber der Weinstock war noch nicht wieder verwandelt: Dies geschah durch Berührung mit der einen übrigen Feder, und Sohn und Vater erkannten und freuten sich herzinniglich, und noch mehr, als sie von ihrem Befreier vernahmen, dass ihre Gattin und Mutter noch am Leben und ebenfalls erlöst wären. Sie setzten sich darauf alle zusammen ins Schiff, nahmen auch den Hahn und brachten ihn der schönen Fee, um dadurch die Verwünschung ihres Sohnes zu lösen und dessen Gestalt zugleich durch die Entzauberung des Hahnes, dessen Mutter unterdes gestorben war, herzustellen. Die Fee und ihr Sohn, der Nebenbuhler unseres Helden, wurden dadurch mit ihm versöhnt. Dieser kehrte nun mit seinen Gefährten zurück zu seiner geliebten Prinzessin. Alle freuten sich des Wiedersehens, zumal die gewesene Frau des Popanzes mit ihrem Mann und Sohn. Sie feierten aufs Neue ihre Vermählung mit der des Prinzen und der Prinzessin, die herrlich und in Freuden begann und endigte.
Erschreckliche Geschichte
vom Hühnchen und vom Hähnchen
Ein Hühnchen und ein Hähnchen sind miteinander in die Nusshecken gegangen, um Nüsse zu essen, und jedes Nüsschen, welches das Hähnchen fand, hat es mit dem Hühnchen geteilt; endlich hat das Hühnchen auch eine Nuss gefunden, und das Hähnchen hat sie ihm aufgepickt, aber das Hühnchen war neidisch und hat nicht teilen wollen und hat aus Neid den Nusskern ganz verschluckt. Der ist ihm aber im Halse steckengeblieben und wollte nicht hinter sich und nicht vor sich, da hat es geschrien: »Lauf zum Born und hol mir Wasser.«
Hähnchen ist zum Born gelaufen:
»Born, du sollst mir Wasser geben,
Hühnchen liegt an jenem Berg
Und schluckt an einem Nusskern.«
Und da hat der Born gesprochen:
»Erst sollst du zur Braut hinspringen,
Und mir klare Seide bringen.«
Hähnchen ist zur Braut gesprungen:
»Braut du sollst mir Seide geben,
Seide soll ich Brunnen bringen,
Brunnen soll mir Wasser geben,
Wasser soll ich Hühnchen bringen,
Hühnchen liegt an jenem Berg
Und schluckt an einem Nusskern.«
Und da hat die Braut gesprochen:
»Sollst mir erst mein Kränzlein langen,
Blieb mir in den Weiden hangen.«
Hähnchen ist zur Weide flogen,
Hat das Kränzlein runterzogen:
»Braut, ich tu dirâs Kränzlein bringen,
Sollst mir klare Seiden geben,
Seide soll ich Brunnen bringen,
Brunnen soll mir Wasser geben,
Wasser soll ich Hühnchen bringen,
Hühnchen liegt an jenem Berg
Und schluckt an einem Nusskern.«
Braut gab für das Kränzlein Seide,
Born gab für die Seide Wasser,
Wasser
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