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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Sache wussten, er solle sich aufheitern, und ließen ein großes Mahl veranstalten, zu dem viele lustige Gesellen geladen wurden. Da gab es in der Küche vollauf zu tun und das Hennenmädel musste auch helfen und die Hühnlein und Hähnlein rupfen, die es früher auf dem Wiesengrunde draußen gehütet hatte. Und wie es damit fertig war, musste es zum Herde und der Köchin, die gerade Kuchen backte, die Pfanne halten. Und wenn die Kuchen recht hin und her wogten und das Schmalz aufbrodelte und wallte, kam das Hennenmädel auch die Lust an, einen Kuchen hineinzugeben. Es bat die Köchin darum, aber diese schnauzte und barschte das Mädchen an und schlug seine Bitte geradezu ab. Als aber das Hennenmädel immer von Neuem bat, sagte endlich die Köchin: »Da von diesem Teigreste kannst einen Kuchen machen«, denn sie dachte, dieser kommt doch nicht mehr auf die Tafel.
    Das Mädchen war voller Freude darob und gab den Kuchen in die Pfanne, zuvor hatte sie aber schnell den Grafenring in den Teig gebracht. Wie der Kuchen nun im brodelnden Schmalze schwamm, wurde er immer größer und ging so auf, dass er der schönste unter allen war und auf einem Teller nicht einmal Platz hatte und alle über den schönen Kuchen staunten. Die Köchin ließ den schönen Kuchen auf einer besonderen Tasse zur Tafel tragen und dem Grafen vorstellen. Als alle den Kuchen genug bewundert hatten, zerschnitt der traurige Graf den Kuchen – und sank fast ohnmächtig auf den Sessel zurück. Bald erholte er sich aber wieder, ließ die Köchin rufen und fragte sie hastig, wer den Kuchen gebacken habe? Mit Zittern und Bangen gestand endlich die Köchin, das Hennenmädel habe sie so lange gebeten, und da habe sie ihm endlich erlaubt, den letzten Kuchen zu backen, dieser sei aber so schön ausgefallen, dass sie ihn doch zur Tafel getragen. Der erstaunte Graf tröstete sie freundlich, zeigte ihr den Grafenring und sagte, sie solle gleich das Hennenmädel in den Saal kommen lassen. »Aber, mein lieber Himmel, die ist doch ja so garstig und schmutzig!«, meinte die Köchin. »Nun so soll sie sich umkleiden!«, befahl der Graf und die Köchin ging wieder in die Küche hinaus.
    Das Hennenmädel hatte sich aber indessen gewaschen, und als die Köchin ihr den Befehl des Grafen gesagt hatte, ging sie weg und zog ein prächtiges Kleid an, das
Morgenkleid
, denn es war so golden wie der Morgenhimmel; das hatte sie gestern von der grauen Eiche zum Feste geholt und unter ihrem Strohlager verborgen. Und als sie es anhatte, war sie so schön wie der Morgen und niemand kannte sie mehr, und als sie in den Saal trat, standen alle Gäste auf und staunten über ihre Schönheit und der Graf erkannte sie und eilte auf sie zu und führte sie hinauf zu seinem Sitze, wo sie nun neben ihm Platz nehmen musste, und er nannte sie seine Braut und das Mahl wurde ein Hochzeitsmahl, denn abends gingen sie in die Schlosskapelle und dort wartete schon auf sie der Schlosskaplan, um sie zu trauen.
    Der Graf und die schöne Gräfin lebten nun glücklich mitsammen auf dem stolzen Schlosse und hatten einander recht lieb und dachten an nichts anderes mehr. Die Jahre gingen gar schnell vorüber, und die schöne Gräfin hatte schon ein schönes Mädchen, das sie auf ihrem Schoße wiegen konnte. Wie alles so schön war und der Graf sich so glücklich fühlte, kam der Gräfin aber plötzlich der grüne Jäger in den Sinn, dem sie ihr Glück zu verdanken hatte, und sie erinnerte sich an ihr Versprechen, seinen Namen zu merken, und da wurde es ihr schwer, recht schwer ums Herz – denn sie wusste ihn nicht mehr.
    Die sieben Jahre waren bald vorüber und die Gräfin wurde immer ernster und trauriger und bleicher, sodass man sie bald nimmer gekannt hätte. Sie lächelte nie mehr, und wenn ihr Mädchen auf ihrem Schoße kniete und mit den blonden Locken spielte oder ihr in die blauen Augen schaute und ihre Wangen streichelte, gingen ihr die Augen über und sie fing an zu weinen und dachte an das drohende Unglück. Und das Mädchen, wenn es die Mutter weinen sah, weinte auch mit und es war sehr traurig auf dem Schlosse und niemand wusste warum. Der Graf forschte nach und bot alles auf, um die liebe Gräfin zu erheitern, aber alles war umsonst.
    Eines Abends saß die traurige Gräfin wieder auf dem Söller und sah in den Garten hinab, wo die

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