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Der grosse Horizont

Der grosse Horizont

Titel: Der grosse Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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vor, das auszusprechen, was er dachte. Er würde nur noch das tun, was er für richtig hielt. In diesem Augenblick kam O’Maley zur Tür herein. »Sie schlafen noch nicht?«, fragte er beiläufig und legte das Sakko ab. »Mein Koffer ist durchsucht worden.«
    »So?«
    Während O’Maley sich ungerührt auszuziehen begann, fragte er, wen er im Verdacht habe, seinen Koffer durchsucht zu haben. »Ich weiß es nicht.«
    »Einen Hotelangestellten?« Haid antwortete wieder, daß er es nicht wisse. »Sie werden doch eine Vermutung haben, wer Interesse daran haben könnte, Ihren Koffer zu durchsuchen.«
    »Nein.«
    »Fehlt etwas?«
    Haid antwortete, daß ihm nichts aufgefallen sei. Daraufhin sagte O’Maley, er sei sicher, daß der Koffer am Flugplatz durchsucht worden sei. »Vermutlich hat man alle Gepäckstücke vor dem Verladen durchsucht.«
    »Auch Ihre Gepäckstücke?« fragte Haid. »Ich würde das nicht bemerken«, antwortete O’Maley. »Sie müssen wissen, ich packe meinen Koffer sehr nachlässig.« Haid dachte nach. Er durfte nicht zu weit gehen. Jedenfalls wußte O’Maley jetzt, falls er tatsächlich seinen Koffer durchsucht hatte, daß er argwöhnisch geworden war. Immerhin war es möglich, daß O’Maley ihn dadurch, daß er ihn sofort nach der Ankunft allein im Hotel zurückgelassen hatte, aus dem Zimmer gelockt hatte und, nachdem Haid auf der Straße war, in aller Ruhe den Koffer durchsucht hatte. »Sie glauben doch nicht, daß ich Ihre Koffer durchsucht habe. Ich war den ganzen Tag nicht im Hotel«, sagte O’Maley plötzlich und blickte ihm ins Gesicht. Haid wußte, daß er jetzt nicht zurückziehen durfte. Er durfte nicht zu weit gehen, aber er durfte auch nicht zurückziehen.
    »Das habe ich nicht behauptet«, sagte er. »Ich sage nur, daß mein Koffer durchsucht wurde, und daß ich nicht weiß, von wem und warum.«
    »Und ich sage Ihnen, daß es vermutlich am Flughafen geschehen ist«, entgegnete O’Maley gereizt. »Das ist natürlich möglich«, sagte Haid. »Sie glauben also, daß ich es war«, fragte O’Maley scharf. »Nein«, log Haid. »Hätte ich Ihnen die Angelegenheit besser verschweigen sollen? Es tut mir leid, wenn Sie sich betroffen fühlen.«
    »Nein, ich fühle mich nicht betroffen. Aber ich wollte von Ihnen selbst hören, daß Sie mich in keinen Zusammenhang mit Ihrem durchsuchten Koffer bringen.«
    »Das ist ein Mißverständnis«, sagte Haid. O’Maley sagte daraufhin, Haid müsse wissen, daß er, O’Maley, im Augenblick überspannt sei. Er habe bis jetzt gespielt und nur verloren. »Ich hatte kein Glück, wissen Sie. Eine Pechsträhne. Ich bin überzeugt, daß ich morgen alles zurückgewinne. Ich hatte heute schon tausend Dollar gewonnen, dann machte ich den Fehler und begann auf andere Zahlen zu setzen. Sie können mir nicht noch einmal mit zweihundert Dollar aushelfen?«
    »Ich muß nachsehen«, antwortete Haid. Er fühlte, wie er wieder schwach wurde, und er haßte sich deswegen. Er stand auf, wühlte in der Brieftasche und gab O’Maley hundert Dollar. »Ich habe nur noch Schecks«, sagte er. »Das macht nichts«, antwortete O’Maley, »wenn ich Glück habe, reichen die hundert aus.« Er ging ins Badezimmer und putzte sich lautstark die Zähne. Als er zurückkam, hatte sich Haid bereits zu Bett begeben und ihm den Rücken zugekehrt, um nicht mehr mit ihm sprechen zu müssen.
12
     
     
    Am nächsten Tag wartete Haid, bis O’Maley das Hotel verlassen hatte. Er hatte sich vorgenommen, sobald O’Maley das Hotel verlassen haben würde, nach New York weiterzureisen. Kaum hatte O’Maley das Hotel verlassen, als Haid von Zweifeln geplagt wurde. Es war schwül, und Haid blickte aus dem Hotelfenster auf die Berge. Sie erhoben sich weit in der Ferne und ihre Spitzen waren von Schnee bedeckt. Er wollte seine Lage durch eine überstürzte Abreise nicht verschlimmern. Wenn O’Maley ihn als Gerichtssaalreporter oder sogar als Polizist wegen Carson verfolgte, so würde er sich dadurch, daß er, ohne sich von O’Maley zu verabschieden, abreiste, noch verdächtiger machen. Er hatte Angst, das war alles. Er ging zum Swimmingpool hinunter und kleidete sich in einer winzigen Kammer um, deren Steinboden mit dem von den Badegästen abgeronnenen Wasser überschwemmt war. Als er das kalte, klebrige Wasser unter seinen nackten Füßen fühlte, ekelte ihn so, daß er am liebsten in das Hotel zurückgelaufen wäre. Er legte sich auf einen freien Liegestuhl und sah eine zerknüllte Packung CAMEL am

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