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Der grosse Horizont

Der grosse Horizont

Titel: Der grosse Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Roth
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auf und stieß mit einem Mann zusammen. Der Mann trug eine Hornbrille, und als Haid ihm ins Gesicht blickte, hatte er plötzlich den Verdacht, daß O’Maley ihm diesen Kerl auf die Spur gehetzt hatte. Der Mann rückte seine Hornbrille zurecht und sagte unvermittelt, er möge sich vor Taschendieben in acht nehmen. Haid fragte, warum. Er fühlte, wie sein Gesicht zu einer leblosen Masse wurde. Der Mann sagte, er sei Hausdetektiv. Bei dem Wort Detektiv erschrak Haid. Er setzte sich auf den Hocker zurück, und der Mann fragte ihn, woher er komme. Er selbst stamme aus Oregon. In seiner Freizeit spiele er Roulett, allerdings nur ROT UND SCHWARZ. Das Sprechen des Mannes begann Haid zu stören. »Was wollen Sie?«, fragte Haid. »Nichts«, antwortete der Mann. Haid zündete sich eine Zigarette an und ging, ohne den Kopf zu heben und sich umzudrehen, davon. Ließ O’Maley ihn tatsächlich bespitzeln? – Haid drehte sich scharf um und sah den Mann mit abgewendetem Gesicht an der Bar sitzen. Vielleicht war er kein Hausdetektiv, sondern ein Taschendieb? Haid griff nach seinem Geld und den Papieren. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß nichts fehlte und daß der Mann noch an der Bar saß, setzte er sich an einen Roulett-Tisch, von dem aus er den Mann im Auge behalten konnte. Ihm fiel ein, daß Marlowe ebenso gehandelt hätte. Marlowe würde niedrige Einsätze an einem Roulett-Tisch spielen und den Kerl nicht aus den Augen lassen. Er wechselte 40 Dollar, setzte auf verschiedene Zahlen, verlor und gewann abwechselnd. Da der Kerl sich nicht von der Bar wegrührte, stand Haid nach einer halben Stunde auf und verließ das Casino. Das scharfe Sonnenlicht schmerzte wieder in den Augen. Er hielt nach O’Maley Ausschau, glaubte auch noch für einen Augenblick, ihn hinter der riesigen Anzeigentafel des STARDUST-Casinos verschwinden zu sehen, stellte aber fest, daß er sich getäuscht hatte. Er fühlte sich schwer und ungelenk, und er dachte, daß er sich durch den weiten Himmel und das grelle Licht so schwer fühlte und daß die riesigen Reklameschilder die Entfernungen kleiner erscheinen ließen, als sie waren. Ein Pontiac fuhr vorbei mit scheppernden Konservenbüchsen und weißen Papierstreifen an der rückwärtigen Stoßstange. Haid schrak aus seinen Gedanken auf. Aber er versank gleich darauf wieder in seine Gedanken und riß sich nur los, um nach dem Kerl oder O’Maley zu schauen. Einmal sah er einen winzigen Hund in einem Geschäft, dünn und schwarz, wie aus Draht gemacht, und als er kurze Zeit später einen Club betrat, sah er, daß der ganze Boden voll von Papierfetzen aufgerissener Kleingeldrollen und zerdrückten Pappbechern war. Das Geld erzeugte nur eine andere Form der Anarchie.
     
     
6
     
     
    Als Haid den CIRCUS betrat, sah er O’Maley vor einem der Spielautomaten; er drängte sich zu ihm hin, aber als er bei dem Automaten angekommen war, war O’Maley verschwunden.
    Hatte er sich getäuscht oder war O’Maley vor ihm geflohen? – Haid lief zwischen den Automaten in jene Richtung, in der er glaubte, daß O’Maley geflohen war. Beim Laufen bemerkte er, daß über seinem Kopf an der Kuppel des CIRCUS eine Trapezgruppe turnte, die durch ein Netz von den Spielern getrennt war. Der Anblick der Artisten ließ ihn anhalten. Wozu folgte er O’Maley? Er konnte froh sein, daß O’Maley ihn nicht gesehen hatte. Er starrte zu den Trapezkünstlern hinauf, und als sie sich mit lächelnden Gesichtern in das Netz fallen ließen, fühlte Haid eine lähmende Schwere in den Gliedern. Er bemerkte, daß er schwitzte, und hatte plötzlich den Wunsch, sich zu erfrischen. Ein Negerschuhputzer mit dem Gesicht eines schwarzen Millionärs saß im Erfrischungsraum auf einem der Stühle, die aussahen wie schwarze Zahnarztstühle. Er bewachte die Toilettewasser, Sprays, Haarwasser, Mundwasser, Rasierwasser, Parfums, Deodorants, Puderdosen, Zahnpasten, Seifen, Kosmetika, die zum freien Gebrauch vor den langen Spiegeln standen. Haid wagte nicht, sich zu bedienen. Während er sich das Gesicht wusch, haßte er plötzlich Carson. Er wußte nicht, woher die Regung kam. Der Neger hatte sich eine Zigarre angezündet und ließ seinen Blick gelangweilt umherschweifen. Haid beneidete ihn in diesem Augenblick. Er wünschte sich die Langeweile und Gleichgültigkeit dieses Negers, und als er den Raum verließ und an ihm vorbeiging, steckte er ihm das Kleingeld, das er fand, in die Tasche des Arbeitsmantels. Der Neger nickte, ohne zu lächeln. Haid ging

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