Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
der Spannung seines Tannins in der Balance gehalten wird – ein Schwebezustand, der Jahrzehnte andauern kann und die Faszination und Eleganz des Weins dabei beständig steigert. 1976 schrieb ich über den 49er Mouton: »Tiefes, nicht verblasstes Rot; immense Nase, die an einen Kalifornier erinnert; Harz und Gewürze; nach wie vor tanninstraff, aber von überwältigender Saftigkeit und ›Süße‹. In jeder Hinsicht großartig.«
Mouton-Rothschild ist mehr als jedes andere Château mit einem einzigen Mann verknüpft: dem 1988 verstorbenen Baron Philippe de Rothschild. Er übernahm Mouton 1922 als vernachlässigte Besitzung seines (des englischen) Zweigs der Rothschild-Dynastie. Das bemerkenswerte Multitalent – er war unter anderem Dichter, Dramatiker und Rennfahrer – setzte sich in den Kopf, sein Gut in der Klassifikation von 1855 vom Deuxième Cru in den Rang eines Premier Cru zu erheben und damit auf Augenhöhe mit Lafite zu gelangen. 51 Jahre Diskussionen, Öffentlichkeitsarbeit und vor allem perfektionistische Weinbereitung waren dafür nötig, doch 1973 hatte er sein Ziel erreicht: Mouton-Rothschild erhielt den Status eines erstklassifizierten Château – die bislang einzige Änderung, die je an der Klassifikation von 1855 vorgenommen wurde.
Der Baron und seine amerikanische Frau Pauline bauten den steinernen Stallblock um und richteten ein großartiges, dem Wein gewidmetes Kunstmuseum ein. Seine Liebe zur Kunst und sein Sinn für Publicity veranlassten den Baron ab 1945, jedes Jahr einen anderen berühmten Künstler für die Gestaltung des oberen Teils seiner Etiketten zu gewinnen. Heute sind manche Jahrgänge wegen ihres Äußeren ebenso begehrt wie wegen ihres Inhalts.
Mit der Zeit erweiterte der Baron sein Bordeaux-Portfolio um die Châteaux d’Armailhac und Clerc-Milon sowie das Unternehmen La Baronnie, das die bekannte Markenabfüllung Mouton-Cadet erzeugt. Einen eigenen Zweitwein hat Mouton erst seit 1994, als Le Petit Mouton aus der Taufe gehoben wurde. Seit 1991 werden ferner geringe Mengen eines intensiven trockenen Weißen namens Aile d’Argent bereitet.
1989 trat Tochter Philippine in die Fußstapfen ihres Vaters.
Mit großem Fingerspitzengefühl widmete sie sich auch dem amerikanischen Weinimperium, das Philippe in den 1980er-Jahren mit Robert Mondavi gegründet hatte. 2003 wurde der bescheidene, aber außerordentlich fähige Philippe Dhalluin als technischer Leiter der drei Güter in Pauillac eingestellt – mit rasch spürbaren Ergebnissen: Der 2006er Mouton gehört zu den Spitzengewächsen eines schwierigen Jahrgangs.
Pauillac: weitere Crus Classés
Château d’Armailhac ** – ***
5ème Cru Classé. Besitzerin: Baronne Philippine de Rothschild. 50 ha. Rebsorten: Cabernet Sauvignon 52%, Cabernet franc 20%, Merlot 26%, Petit Verdot 2%. www.bpdr.com
Das einstige Château Mouton-d’Armailhacq wurde 1933 von Baron Philippe de Rothschild gekauft und zweimal umbenannt. Seine Rebflächen erstrecken sich südlich von Mouton unweit von Pontet-Canet auf leichterem, sogar sandigem Boden. Er und der höhere Anteil von Cabernet franc sowie Merlot ergeben leichtere, schneller reifende Weine in gewohnter Mouton-Qualität.
Château Batailley ** – ***
5ème Cru Classé. Besitzer: Familie Castéja. 55 ha. Rebsorten: Cabernet Sauvignon 70%, Cabernet franc 3%, Merlot 25%, Petit Verdot 2%.
Eines jener leicht zu verwechselnden Châteaux, die aus einem größeren entstanden sind. Benannt ist es nach dem bevorzugten Weinhändler von Karl II., Joseph Batailhé – vielleicht stammte er aus dieser Gegend, dem bewaldeten Hinterland von Pauillac.
Batailley ist das größere der Splittergüter und besitzt auch das hübsche Schlösschen aus der Mitte des 19.Jahrhunderts mit englischem Park. Seine tanninbetonten Weine geraten nicht unbedingt elegant, tarieren ihre Strenge aber nach einer Weile durch ihre »Süße« aus: Alte, d.h. über 20 Jahre gelagerte Jahrgänge zeichnen sich durch Nerv und Energie aus. Pauillac-Vertreter wie diese nähern sich stilistisch St-Estèphe an. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist in der Regel hervorragend.
Château Clerc-Milon ***
5ème Cru Classé. Besitzer: Baronne Philippine de Rothschild.
32 ha. Rebsorten: Cabernet Sauvignon 46%, Cabernet franc 15%, Merlot 35%, Petit Verdot 3%, Carmenère 1%.
www.bpdr.com
Bevor Baron Philippe de Rothschild das kleine Gut 1970 erwarb, hieß es Clerc-Milon-Mondon. Seine verstreuten Rebgärten liegen vielversprechend nah bei Lafite
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