Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
Flaschenreife. Einige Erzeuger bauen Merlot erfolgreich in neuer Eiche aus und nennen das Ergebnis häufig Riserva. Diese Behandlung verleiht den Weinen einen ausgeprägten Charakter, der sich deutlich von den typisch weichen, eindimensionalen Standardproduktionen Merlot del Ticino unterscheidet.
Weißwein führt im Tessin eher ein Schattendasein, denn die Böden sind für hellschalige Sorten ebenso wenig geeignet wie das viel zu milde Klima. Man begegnet jedoch einigen Interpretationen von Chardonnay und ein paar anderen Trauben. Die fuchsige Vitis-labrusca-Hybridrebe Americano kommt immer seltener zum Einsatz und wird heute meistens zu Grappa verarbeitet.
Tessin: führende Erzeuger
Angelo Delea *–**
Losone. Angelo Delea. 11 ha. www.delea.ch
Der auf Weinbau umgestiegene Restaurantbesitzer Angelo Delea bereitet im Sopraceneri einige lang eingemaischte, kraftvolle Merlot-Vertreter. Jedes Jahr schafft er sich 40 Prozent neue Fässer an, die er für seinen besten, als Riserva etikettierten Merlot verwendet. Der Rest reift in regulären Fässern. Weiter keltert Delea einen Chardonnay, einen Pinot blanc und – aus reiner Nostalgie – je einen weißen, rosafarbenen und roten Americano.
Werner Stucky **–***
Rivera. Besitzer: Werner und Lilo Stucky. 3 ha.
Einer der jungen schweizerdeutschen Pioniere des Anbaugebiets. Werner Stucky bereitet winzige Mengen Merlot in regulärer und eichengefärbter Ausfertigung, die er beide zum Jahresende hin verkauft. Seine zweite Spezialität ist der Conte di Luna, ein Mix aus Merlot und Cabernet Sauvignon. Die tanninbetonten Weine werden mit zunehmender Flaschenalterung immer opulenter.
Eredi Carlo Tamborini **–***
Lamone. Besitzer: Claudio Tamborini. 32 ha. www.tamborini-vini.ch
Bedeutendes Tessiner Haus mit immer besser werdenden Merlot-Interpretationen. Bestes Pferd im Stall ist der Vigna Vecchia von 30- bis 60-jährigen Reben, doch auch der Comano Vigneto ai Brughi und der Castello di Morcote sind absolut nicht zu verachten.
Fratelli Valsangiacomo **
Mendrisio. Besitzer: Uberto Valsangiacomo. 16 ha. www.valsangiacomo.ch
Uberto Valsangiacomo führt dieses bewährte alte Weingut in sechster Generation. Mit dem Roncobello und dem Ariete füllt er einige der besten Etiketten des Anbaugebiets ab. Daneben hat er allerdings auch noch etliche andere Merlot-Vertreter mit oder ohne Eiche, einen Merlot Rosé und zwei Schaumweine aus derselben Traube zu bieten. Auf dem Etikett des fruchtigen Mattirolo, ein Verschnitt aus Chardonnay, Sémillon und Sauvignon, ist ein polternder Räuber zu sehen.
Vinattieri Ticinesi *–**
Ligornetto. Besitzer: Luigi Zanini. 50 ha. www.zanini.ch
Die Mitglieder der Familie Zanini haben massiv in Weinberge und Keller investiert. Die Abfüllungen ihrer besten Merlot-Ausführungen tragen Lagennamen, die mitunter von ansprechenden Landkartendarstellungen ergänzt werden. Der Ligornetto, der Vinattieri Rosso von alten Stöcken und der Roncaia, sie alle werden einem Ausbau in Eiche unterworfen und unfiltriert abgefüllt. Weitere Rotweine entstehen aus Syrah und Pinot noir.
Christian Zündel **
Beride. Besitzer: Christian Zündel. 4 ha.
Zündel füllt nur rund 7000 Flaschen im Jahr ab, hat sich aber mit seinem Orizzonte einen guten Ruf erkeltert. Er bereitet ihn aus Merlot mit einem Spritzer Cabernet Sauvignon.
Weitere gute Erzeuger
Daniel Huber, Monteggio
www.hubervini.ch
Adriano Kaufmann, Beride
Casa Vinicola Gialdi, Mendrisio
www.gialdi.ch
Ivini di Guido Brivio, Mendrisio
www.brivio.ch
Österreich
Die Weinbaugeschichte Österreichs reicht mindestens zwei Jahrtausende zurück. Sie beginnt im Jahr 16 v. Chr. mit der Eroberung der Donauprovinzen durch die Römer. Es wäre interessant zu wissen, warum die moderne Weinkultur in diesem Land später Einzug hielt als andernorts in Westeuropa: Noch in den 1920 er- und 1930 er-Jahren fanden nur die allerfeinsten österreichischen Gewächse den Weg in Flaschen. Und selbst heute wird ein nicht unwesentlicher Anteil der Produktion in den Heurigen oder Buschenschenken offen verkauft. Der Glykol-Skandal von 1985 fegte die nach deutschem Vorbild bereiteten weißen Süßweine für einige Jahre vom Markt. Viele große Abfüller hatten ihren Erzeugnissen Diethylenglykol zugesetzt, um den Stil von Dessertgewächsen zu imitieren, der auf dem wichtigen deutschen Markt sehr gefragt war. Ein gesundheitlicher Schaden scheint durch diese verbotene Praxis zwar niemandem entstanden zu sein – ganz im Gegensatz
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