Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
Minderheit zum Nationalsport gemausert. Vor Ort spielen die Einzelhändler eine führende Rolle, landesweit die Marketingfachleute. Nach wie vor aber gelten die von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlichen Handelsgesetze, über die mancher Ausländer nur den Kopf schüttelt. In New York, Kalifornien, Texas, Florida und einigen anderen Staaten besteht eine relativ große Freiheit, die gebotenen Möglichkeiten zu nutzen; überall sonst ist der Weinhandel reglementiert oder starken Einschränkungen unterworfen; eine davon ist das Verbot, Wein über bestimmte Bundesgrenzen zu transportieren. Einerseits hindert das die Verbraucher daran, ihre Flaschen direkt einzukaufen oder liefern zu lassen, andererseits dient es dem Schutz der örtlichen Händler. In manchen Fällen bestimmen sogar die County-Behörden mit, was man trinken darf und was nicht. In letzter Zeit ist die Macht der Einzelhändler im inneramerikanischen Warenverkehr allerdings etwas kleiner geworden oder wurde von entschlossenen Gesetzgebern gebrochen, daher dürfte es in Zukunft für Weinliebhaber eher einfacher als schwieriger werden, Wein direkt zu beziehen.
Traditionelle Weinhändler bieten persönliche Betreuung, Lagerung oder Lieferung frei Haus sowie Kredit (zum entsprechenden Preis). Die persönliche Betreuung besteht hauptsächlich in mündlichen Empfehlungen, die sich auf die Kenntnis der Vorlieben und Mittel von Stammkunden stützen. Manche Firmen übernehmen die gesamte Kellerhaltung: Sie empfehlen Weine, lagern diese ein und teilen dem Kunden mit, wann sie trinkreif sind. Andere bewahren Ihre Schätze unter idealen Bedingungen auf und verkaufen einen Teil, falls ihr Wert ein bestimmtes Niveau übersteigt.
Viele Händler bieten Weine en primeur an, das heißt mehrere Monate, bevor sie abgefüllt werden und in den Verkauf kommen. Abgesehen vom Preisvorteil kann der Käufer sich auf diese Weise die Erzeugnisse der gefragtesten Güter im Voraus sichern. Der Nachteil ist, dass man bereits lange vor der Lieferung für etwas zahlen muss, was man weder probieren noch beurteilen konnte. Diese Händler verstehen es geschickt, die besten Weine eines Jahrgangs zu einem frühen Zeitpunkt, wenn sie noch im Keller ihres Erzeugers liegen und bevor sie überhaupt abgefüllt sind, zu einem »Einführungspreis« anzubieten, den sie normalerweise rasch anheben, sobald die Weine offiziell auf den Markt kommen. In Zeiten wirtschaftlicher Instabilität sollte man die Finger von En-Primeur-Käufen lassen. Geht ein Händler nämlich Konkurs, haben Sie keine Möglichkeit mehr, an ihre Posten zu kommen, die noch irgendwo in Bordeaux oder im Napa Valley in Fässern liegen.
Am anderen Ende des Spektrums stehen die Supermärkte, die den Weinkauf für jeden möglich und attraktiv machen. Die meisten bieten eine recht einfache und begrenzte Palette an, zum Teil auch unter eigenen Markennamen. Die besten französischen Discounter allerdings oder auch britische Ketten wie Majestic haben besser bestückte Abteilungen, die durchaus mit denen qualitätsbewusster Einzelhändler mithalten. Europäische Weinliebhaber decken sich inzwischen weitgehend in Supermärkten und Filialen großer Handelsketten ein.
In Weinbaugebieten ist es üblich, direkt beim Erzeuger einzukaufen. So ziemlich jeder Weintrinker in Tours, Stuttgart oder Wien stattet seinem Lieblingswinzer regelmäßig einen Besuch ab und verbringt ein angenehmes Stündchen in dessen Keller, während der neueste Jahrgang ins Auto verladen wird. In Regionen, in denen Reben nur spärlich oder gar nicht wachsen, wendet man sich besser an Händler oder bestellt per Internet. Der Online-Weinkauf ist einfach und praktisch. Die Auswahl ist oft gut und breit gefächert und es fehlt auch nicht an durchaus lohnenden Sonderangeboten und Preisnachlässen. Die Nachteile sind die jedes Online-Shoppings: das Risiko der Kreditkartenzahlung und der anonyme Ansprechpartner, falls etwas schiefgeht. Wenn eine Lieferung mit großer Verspätung eintrifft, die Weine nicht die sind, die man bestellt hat, oder Flaschen kaputt gegangen sind, bekommt man zwar in der Regel Entschädigung, doch meist sind Beanstandungen mit viel Ärger (und Zeit) verbunden. Für manche Kunden vor allem fernab größerer Städte überwiegen dennoch die Vorteile.
Es lebe das Marketing!
Vergessen wir nicht, dass der Wein für viele große Unternehmen der Branche kein edler Trank, sondern eine »Ware« ist, die in riesigen Mengen produziert wird und daher so aggressiv
Weitere Kostenlose Bücher