Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Titel: Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Johnson
Vom Netzwerk:
hinterher ein fundiertes Urteil darüber abgeben zu können, erfordert immer ein hohes Maß an Konzentration. Ein professioneller Verkoster hat gelernt, einen Wein nicht einfach nur zu genießen, sondern ihn nach allen Regeln der Kunst zu analysieren.
    Obwohl ich beileibe kein professioneller Verkoster bin, ertappe ich mich albernerweise manchmal dabei, wie ich ein Glas Leitungswasser so aufmerksam behandle, als müsste ich seine Qualität beurteilen: Wenn ich es auch vielleicht nicht gegen das Licht halte, so rieche ich doch daran und behalte das Wasser einen Moment lang im Mund, um abzuwägen, inwieweit es den Ansprüchen, die man an gutes Wasser stellt, entspricht. Und natürlich spucke ich es dann aus.
    DAS VERKOSTUNGSGLAS
    Nach der Norm der ISO (International Standards Organization) ist das ideale Probierglas rund 15 Zentimeter hoch und fasst 0,2 Liter. Bei Weinproben wird es meist nur zu einem Fünftel gefüllt. Durch seine hohe Form und Verjüngung am oberen Ende werden die flüchtigen Aromen beziehungsweise das Bouquet »eingefangen« und konzentriert an die Nase weitergegeben. Der Stiel muss so lang sein, dass man das Glas anfassen kann, ohne die Schale mit dem Wein zu berühren (professionelle Verkoster halten das Glas meist am Fuß fest). Je dünnwandiger das Glas, desto besser.

    Auch wenn man es nicht darauf anlegt, seinen Geschmack zu schulen (das hat nämlich auch Nachteile: Man schluckt fehlerhaften oder uninteressanten Wein nicht mehr kritiklos), hat es jedenfalls keinen Sinn, für teures Geld einen charaktervollen Wein zu kaufen und ihn dann einfach hinunterzukippen. Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass einem ein »besserer« Wein automatisch einen höheren Genuss beschert. Um bestimmte Qualitätsmerkmale erkennen und würdigen zu können, braucht man klare, aufmerksame Sinne und ein Wissen darüber, wie man in den Weinen methodisch das suchen und finden kann, worauf es wirklich ankommt.
    Bevor jetzt jedoch jedes Essen mit Freunden zur Andacht gerät, sei angemerkt, dass man sich nicht immer und überall völlig versenken muss: Wenn man diese Konzentrationsübung hin und wieder in geeigneten Momenten praktiziert, hat man das nötige Rüstzeug, um einen Wein auch auf »sozialverträglichere« Weise zu verkosten.
    Was aber soll überhaupt gesucht und gefunden werden? Eine Verkostung für Einsteiger könnte aus fünf Weinen bestehen, mit denen der Anfänger zuallererst die unglaubliche Vielfalt des Weins erleben kann: ein trockener und ein süßer Weißwein, ein leichter, junger und ein feiner, reifer Rotwein sowie ein Sherry oder ein Port – Erzeugnisse, die nichts miteinander gemein haben. Eine ähnlich grundlegende Erfahrung wäre, typische Beispiele für die fünf oder sechs Rebsorten zu probieren, die einen besonders ausgeprägten und leicht erkennbaren Charakter besitzen.
    Meistens werden bei Weinproben Abfüllungen verglichen, die eine wichtige Gemeinsamkeit haben, etwa den Ursprung, das Alter oder die Rebsorte. So kann man, wenn man Rieslinge aus zehn oder zwölf verschiedenen Ländern kostet, hervorragend feststellen, was ihr gemeinsamer Nenner – der Rieslinggeschmack – ist, und beurteilen, wie er auf unterschiedlichen Böden und unter verschiedenen klimatischen Bedingungen ausfällt. Noch spezieller wäre der Vergleich von Rieslingen derselben Qualitätskategorie (Kabinett oder Spätlese) aus den wichtigsten deutschen Anbaugebieten.
    Vertikale und horizontale Verkostungen
    Probiert man verschiedene Jahrgänge des gleichen Weins, spricht man von einer vertikalen Verkostung; der Vergleich verschiedener Weine (ähnlicher Art) des gleichen Jahrgangs heißt horizontale Verkostung. Professionelle Degustationen, die dazu dienen, Weine zum Kauf auszuwählen, sind fast immer horizontal. Wichtig ist hier, dass man nur vergleicht, was sich auch vergleichen lässt. Im professionellen Rahmen ist es nicht von Interesse, einen Bordeaux mit einem Burgunder zu vergleichen oder einen Chablis mit einem Meursault: Wenn der Chablis ein guter Meursault ist, ist er ein schlechter (weil untypischer) Chablis. Ein Médoc, der wie ein Wein aus dem Napa Valley schmeckt, ist ein schlechter Médoc – auch wenn ein Erzeuger aus dem Napa Valley schwer davon zu überzeugen ist, dass dies umgekehrt genauso gilt.
    Da normale Menschen den Wein meist zum Essen trinken, beurteilen sie ihn zum Teil danach, wie gut er zu den Gerichten passt, die sie besonders gern mögen. Berufsverkoster und Preisrichter bewerten ein

Weitere Kostenlose Bücher