Der große Stier
auf die Knie zu fallen, sie kämpften, um sich gegenseitig zu stoßen oder einander festzuhalten. Ein Mann im braunen Anzug lag und trommelte mit den Fäusten gegen den Fußboden. Manche von den Beat-Männern fielen auf Hippie-Mädchen und stellten schwache Versuche an, Liebe zu machen. Anderen gelang es, halb wieder hochzukommen, sich an den Händen zu fassen und den ersten Kehrreim des Liedes »We shall overcome« herauszuschreien, ehe sie kopfüber auf den Haufen stürzten.
Pauls Schluckauf war vorbei.
Die anderen an der Tür lagen totenstill.
»Was ist passiert?« Seine eigene Stimme klang gedämpft, er zog sich die Pfropfen aus den Ohren. Das zischende Geräusch war verstummt.
»Was ist passiert?«
Er merkte, daß irgend etwas seltsam roch. Er schloß seine Augen und tat einen tiefen Atemzug. Und noch einen. Was es auch war, es wurde schwächer.
Er tat die Augen auf und befühlte seine Nase, ohne zu wissen warum. Er versuchte weiter, bewegte beide Arme und beide Beine.
»G RATULIERE . S IE SIND DER EINZIGE ERFOLGREICHE B EWERBER .«
Paul sah zur Decke empor und blickte finster drein.
»G EHEN S IE ZU DER T ÜR , DURCH DIE S IE HEREINGEKOMMEN SIND . S IE IST JETZT OFFEN .«
»Was bist du – die Stimme des Schattens, um Christi willen?«
»D ORT WERDEN S IE I HRE A NWEISUNGEN BEKOMMEN .«
Paul blieb mit dem Rücken zur Wand und ging den ganzen Weg bis zur Tür mit seitlichen Schritten. Er ging mit gespreizten Beinen um den Berg bewußtloser Leiber herum und drückte die Klinke herunter. Die Tür war offen. Unter dem Menschenhaufen hervor stöhnte jemand, Paul wandte sich um und begann, Arme und Beine hochzuheben.
»Lassen Sie sie, wo sie sind.«
Paul drehte sich schnell um, in die Richtung, aus der die Stimme kam. »Sie!?«
»Für die dort wird schon gesorgt.« Magdelaine blickte neugierig auf die beiden, die der Tür am nächsten lagen, und fing an, sich ihre Handschuhe anzuziehen.
»Was ist mit ihnen passiert?«
»Ich erkläre es gleich. Kommen Sie jetzt mit mir.«
»Es ist nicht zu glauben. Mann, ihr Indianer … Ich dachte, es gäbe einen Vertrag?«
»Wenn Sie mich bitte mit Ihrem Humor verschonen und einfach mitkommen wollten. Es gibt viel zu tun.«
»Und die hier so liegen lassen?«
»Sie sind durch Schallwellen in Schlaf versetzt worden. In fünf Minuten wird eine andere Lautfrequenz übertragen; sie werden alle wieder aufwachen und sich niemals daran erinnern, was mit ihnen geschehen ist.«
»Oh«, sagte Paul, »ich verstehe. Eine andere Fre quenz. Sie werden sich nicht erinnern. Jetzt ist mir al les so verdammt klar.«
Er stieß wieder auf.
»Haben Sie … Alkohol getrunken?«
»Nicht genug.«
Magdelaine drehte sich um und ging die Treppe hinab.
Paul hielt den Atem an, als er ihr nach draußen zum Wagen folgte.
»Macht es Ihnen gar zu viel aus, wenn ich ein paar Fragen stelle?« Paul stützte sich mit einer Hand gegen das Handschuhfach, als der Wagen die Powell Street herunter zur Golden Gate Bridge fuhr.
»Sie dürfen alles fragen, was Sie wollen.« Kein Lächeln zeigte sich auf Magdelaines Gesicht, das durch die rotierende Schartenblende des Gegenverkehrs lebhaft angestrahlt wurde.
»Wo fahren wir hin?«
»Zu Stiers Haus.«
»Weshalb?«
»Das werde ich erklären, wenn wir dort angekommen sind.«
»Was ist über und über schwarz und weiß und rot?«
Sie warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. »Sie sind betrunken.«
»Vergast, das trifft es wohl besser …« Er beobachtete, wie sie schweigend die Gangschaltung betätigte und sich auf dem Sitz zurücklehnte. »Wer hat diese Anzeige in die Zeitung gesetzt?«
»Das war ich. Auf Verlangen von Stier. Wir brauchen Hilfe, und dies war die beste Möglichkeit, die richtige Person herauszufinden. Ich hatte keine Ahnung, daß Sie es sein würden.«
»Was für eine Art Hilfe?«
»Ich glaube, Sie würden es … Public Relations nennen.«
»Dazu gehört Logik und Kenntnis esoterischer Schriften, muß ich wohl schließen.«
»Für die meisten Menschen ist es sehr schwierig, Stier zu verstehen. Sie können auf seine Musik reagieren, aber seine Gedanken müssen in die gewöhnliche Ausdrucksweise übersetzt werden, damit ein gewöhnlicher Verstand sie begreifen kann.«
»Und diese Schlußzeile, daß man bereit sein müßte, die US-Staatsbürgerschaft aufzugeben?«
»Bloß ein Mittel, unsere Auswahl von Bewerbern auf diejenigen zu beschränken, die unabhängig wären und fähig, in einem fremden intellektuellen Klima zu
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