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Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition)

Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition)

Titel: Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cheryl Strayed
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niemals genommen hätten – ich hätte, offen gestanden, ihren Anforderungen nicht genügt –, ist etwas in mir daran zerbrochen, dass nie in Erwägung gezogen worden war, einen Versuch zu wagen.
    Jetzt war es dazu zu spät, und schuld daran war einzig und allein meine tote Mutter, diese engstirnige, überoptimistische Frau, die Gras rauchte, ihre Kinder zeitweise vernachlässigte, sie mit dem Kochlöffel versohlte und ihnen freistellte, sie mit ihrem Vornamen anzureden. Sie hatte mich nicht aufs College vorbereitet. Sie hatte versagt. Sie hatte auf der ganzen Linie bei mir versagt.
    Zum Teufel mit ihr, dachte ich und blieb vor Wut stehen.
    Und dann heulte ich. Es kamen keine Tränen, nur laute Schreie, die mich so heftig schüttelten, dass ich nicht mehr aufrecht stehen konnte. Ich musste mich vorbeugen, die Hände auf die Knie stützen, spürte den Rucksack schwer auf meinem Rücken, hörte, wie der Skistock hinter mir klirrend zu Boden fiel, und heulte. Mein ganzes bescheuertes Leben brach aus mir hervor.
    Es war nicht richtig. Es war so furchtbar, so grausam, dass mir meine Mutter genommen worden war. Ich hatte sie nicht einmal richtig hassen können. Ich war gar nicht dazu gekommen, erwachsen zu werden, mich von ihr zu lösen, vor meinen Freunden über sie zu lästern und sie mit Dingen zu konfrontieren, die sie in meinen Augen hätte anders machen sollen, um dann, wenn ich etwas älter geworden war, zu begreifen, dass sie ihr Bestes getan hatte, zu erkennen, dass sie ihre Sache verdammt gut gemacht hatte, und sie wieder in die Arme zu schließen. Ihr Tod hatte das verhindert. Er hatte mich ausgelöscht. Er hatte mich auf dem Höhepunkt meiner jugendlichen Überheblichkeit jäh gestoppt. Er hatte mich gezwungen, sofort erwachsen zu werden und ihr jeden Fehler, den sie als Mutter begangen hatte, zu verzeihen, und gleichzeitig hatte er mich für immer zum Kindsein verdammt, denn mein Leben endete und begann an diesem Punkt, an dem ich vorzeitig stehen geblieben war. Sie war meine Mutter, aber ich war mutterlos. Ich kam nicht von ihr los, war aber völlig allein. Sie würde immer der leere Kessel bleiben, den niemand anders füllen konnte. Ich würde ihn selbst immer wieder und wieder füllen müssen.
    Zum Teufel mit ihr, schimpfte ich auf den nächsten Kilometern vor mich hin. In meiner Wut marschierte ich schneller, wurde aber bald wieder langsamer, blieb schließlich stehen und setzte mich auf einen Felsblock. Zu meinen Füßen wuchsen einige kleine Blumen, deren kümmerliche violette Blüten zwischen Steinen hervordrängten. Krokusse, dachte ich. Den Namen kannte ich von meiner Mutter. Die gleichen Blumen wuchsen in der Erde, in die ich ihre Asche gestreut hatte. Ich bückte mich, berührte die Blütenblätter einer Blume und spürte, wie die Wut aus meinem Körper wich.
    Als ich wieder aufstand und meinen Weg fortsetzte, hegte ich keinen Groll mehr gegen meine Mutter. Denn in Wahrheit war sie trotz allem eine großartige Mutter gewesen. Ich hatte das gewusst, als ich heranwuchs. Ich hatte es in den Tagen gewusst, als sie im Sterben lag. Ich wusste es jetzt. Und ich wusste, dass das nicht wenig war. Dass es sogar sehr viel war. Viele Freunde von mir hatten Mütter, die – ganz gleich wie lange sie lebten – ihnen niemals die allumfassende Liebe geben würden, die mir meine gegeben hatte. Meine Mutter selbst hatte in dieser Liebe ihre größte Leistung gesehen. Auf diese Liebe baute sie, als sie begriff, dass sie wirklich sterben würde und dass sie bald sterben würde. Diese Liebe machte es ihr einigermaßen erträglich, dass sie Karen, Leif und mich verlassen musste.
    »Ich habe euch alles gegeben«, sagte sie immer wieder in ihren letzten Tagen.
    »Ja«, sagte ich. Das hatte sie, es stimmte. Das hatte sie. Sie hatte uns alles gegeben, was eine Mutter geben konnte. Sie hatte nichts zurückbehalten, nicht den kleinsten Hauch ihrer Liebe.
    »Ich werde immer bei euch sein, ganz gleich was geschieht«, sagte sie.
    »Ja«, erwiderte ich und rieb ihren schlaffen Arm.
    Als es ihr so schlecht ging, dass wir wussten, sie würde bald sterben, als wir in die Zielgerade zur Hölle einbogen und längst nicht mehr daran glaubten, dass Weizengrassaft, in welchen Mengen auch immer, sie würde retten können, hatte ich sie gefragt, was mit ihrem Leichnam geschehen solle, ob sie eingeäschert oder begraben werden wolle, doch sie sah mich nur an, als hätte ich Chinesisch mit ihr gesprochen.
    »Ich möchte, dass alles, was

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