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Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition)

Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition)

Titel: Der große Trip: Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cheryl Strayed
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Freundinnen hatte ein gerahmtes Foto von mir. Sie nahm es aus dem Rahmen, zerriss es und schickte mir die Fetzen per Post. Eine andere machte mit Paul rum. Als ich verletzt und eifersüchtig reagierte, sagte mir eine andere Freundin, es geschehe mir ganz recht, dass man es mir mit gleicher Münze heimzahle. Ich konnte ihr schlecht widersprechen, aber mein Herz war trotzdem gebrochen. Ich lag allein auf unserem Futon und verging fast vor Schmerz.
    Drei Monate nach der Trennung befanden wir beide uns immer noch in einem quälenden Schwebezustand. Ich wollte weder mit Paul zusammen sein, noch wollte ich mich von ihm scheiden lassen. Ich wollte zwei Menschen sein, damit ich beides tun konnte. Paul traf sich hin und wieder mit einer Frau, aber ich lebte mit einem Mal wie eine Nonne. Jetzt, wo ich wegen Sex meine Ehe zerstört hatte, interessierte mich Sex überhaupt nicht mehr.
    »Du musst aus Minneapolis heraus, verdammt noch mal«, sagte meine Freundin Lisa bei einem unserer herzzerreißenden nächtlichen Telefongespräche. »Komm mich in Portland besuchen.«
    Innerhalb einer Woche kündigte ich meinen Kellnerinnenjob, belud meinen Pick-up und fuhr nach Westen. Die Strecke war exakt dieselbe, auf der ich ein Jahr später zum Pacific Crest Trail fahren sollte.
    Als ich in Montana ankam, wusste ich, dass ich das Richtige getan hatte – weites grünes Land, das ich kilometerweit durch die Windschutzscheibe sehen konnte, ein Himmel, der noch weiter reichte. Portland wartete dahinter, außer Sicht. Die Stadt würde meine süße Zuflucht sein, wenn auch nur für kurze Zeit. Dort würde ich meine Probleme hinter mir lassen, dachte ich.
    Stattdessen erwarteten mich nur noch mehr.

3 –
Halbwegs aufrecht
    Als ich am nächsten Morgen in meinem Zimmer in White’s Motel aufwachte, duschte ich, stellte mich nackt vor den Spiegel und sah mir dabei zu, wie ich mir feierlich die Zähne putzte. Ich versuchte, so etwas wie Aufregung zu empfinden, brachte aber nur ein dumpfes Unbehagen zustande. Von Zeit zu Zeit konnte ich mich damals sehen – mich wirklich sehen –, und dann kam mir ein Satz in den Sinn, der unerbittlich durch meinen Kopf hallte, und wie ich mich so in dem stumpfen Motel-Spiegel betrachtete, da dachte ich: die Frau mit dem Loch im Herzen. Das war ich. Deswegen hatte ich mich am Abend zuvor nach Gesellschaft gesehnt. Deswegen stand ich hier, nackt in einem Motel, mit dieser lächerlichen Idee, drei Monate allein auf dem PCT zu wandern. Ich legte die Zahnbürste weg, lehnte mich gegen den Spiegel und sah mir in die Augen. Ich spürte, wie ich in mir drin auseinanderfiel wie eine welke Blume im Wind. Jedes Mal, wenn ich einen Muskel bewegte, wehte wieder ein Blütenblatt fort. Bitte, dachte ich. Bitte.
    Ich ging zum Bett und betrachtete meine Wanderkleidung. Vor dem Duschen hatte ich sie sorgfältig auf dem Bett ausgebreitet, so wie es meine Mutter für mich vor dem ersten Schultag getan hatte. Als ich das T-Shirt anzog, blieben die kleinen Schorfteilchen, die noch mein neues Tattoo bedeckten, am Ärmel hängen, und ich zupfte vorsichtig daran. Es war mein einziges Tattoo – ein blaues Pferd am linken Oberarm. Paul hatte das gleiche. Zu Ehren unserer Scheidung, die erst seit einem Monat rechtskräftig war, hatten wir sie uns zusammen machen lassen. Wir waren nicht mehr verheiratet, aber die Tattoos waren für uns wie ein Zeichen unserer ewigen Verbundenheit.
    Mein Bedürfnis, Paul anzurufen, war noch verzweifelter als am Abend zuvor, doch ich durfte mich nicht gehen lassen. Er kannte mich zu gut. Er hätte die Besorgnis in meiner Stimme gehört und gemerkt, dass sie nicht nur von meiner Nervosität rührte, weil ich heute mit der Wanderung auf dem PCT begann. Er hätte gespürt, dass ich ihm etwas zu sagen hatte.
    Ich zog meine Socken an und schnürte meine Stiefel, trat ans Fenster und zog den Vorhang auf. Die weißen Steine des Parkplatzbetons flimmerten in der Sonne und blendeten. Gegenüber war eine Tankstelle – ein guter Platz, um zum Trail zu trampen. Ich ließ den Vorhang zurückfallen, und im Zimmer wurde es wieder dunkel. So gefiel es mir, wie ein sicherer Kokon, den ich niemals würde verlassen müssen, obwohl ich wusste, dass das nicht stimmte. Es war neun Uhr morgens. Draußen war es schon heiß, und der weiße Raumkühler in der Ecke erwachte fröhlich ratternd zum Leben. Auch wenn manches dafür sprach, dass ich nirgendwohin wollte: Heute war mein erster Tag auf dem PCT.
    Ich öffnete die Fächer

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