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Der grüne Stern

Der grüne Stern

Titel: Der grüne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lin Carter
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nächsten Moment angreifen würde.
    Das Schwert in meiner Hand war nicht viel mehr als ein Statussymbol, ein Spielzeugdegen mit einer schmalen Klinge aus dem biegsamen, seltsam glasig aussehenden Material, das die Laonesen statt Eisen und Stahl verwendeten. Nun hatte ich allen Anlaß, mich selbst zu verwünschen, weil ich mein mächtiges Stahlschwert als zu schwer und unhandlich für den Ausflug zurückgelassen hatte.
    Aber Spielzeug oder nicht, das Ding war alles, was ich zur Verfügung hatte. Ich mußte damit vorliebnehmen. Nachdem ich mich vergeblich nach Hause in meinen Rollstuhl gewünscht hatte, ging ich vorsichtig auf das Ungetüm zu, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
    Der dreieckige Kopf wandte sich mir zu. Die scharfe Klinge zuckte durch die Luft und traf die hornigen Platten der Kopfoberseite. Der Anprall war so hart, daß mir der Degen fast aus der Hand geflogen wäre, aber alles, was ich zustandebrachte, war ein lächerlich kleiner Schnitt, aus dem ein wenig dunkles Blut sickerte. Der Leguan wich erschrocken zurück und stieß ein Fauchen aus, das wie das Zischen einer Dampfpfeife klang.
    Vielleicht, dachte ich, wird er weglaufen, wenn er sich unerwartet angegriffen sieht. Also rannte ich mit einem wilden Schrei, stampfend und mit drohend hochgereckten Armen auf ihn zu, sprang zur Seite, als er nach mir schnappte, und stieß meinen Degen in seine Schulter.
    Dunkles Blut floß aus der Wunde, und der Leguan zischte wieder, aber an Flucht dachte er nicht. Vielmehr machte er einen blitzschnellen Vorstoß, dem ich nur um Haaresbreite entging. Die zuschnappenden Kiefer verfehlten mein linkes Bein um ein Haar; sie erfaßten den Stoff meiner Pumphose und rissen sie vom Gürtel bis zum Stiefelschaft auf.
    Ich verzichtete auf alle taktischen Überlegungen und verließ mich auf die kämpferischen Instinkte des mächtigen Chong. Während der Riesenleguan noch an den Stoffetzen meiner Hose kaute, stieß ich ihm entschlossen meinen Degen in den Hals. Als ich ihn herauszog, spritzte ein dünner Blutstrahl aus der Wunde.
    Irgendwie schien es mir nicht gelungen zu sein, meinem vierbeinigen Gegner damit den Todesstoß zu versetzen. Als ich zurücksprang, um seinen schnappenden Kiefern zu entgehen, und zugleich eine Stelle am Halsansatz anvisierte, schoß er plötzlich auf mich zu. Ich wich zurück, strauchelte über einen Grat der rissigen Rinde und landete auf dem Rücken. Bevor ich wieder aufspringen konnte, war das wie eine Lokomotive zischende Ungeheuer über mir, und eine Zentnerlast auf meinem Brustkasten trieb mir den Atem aus der Lunge.
    Der Leguan stand mit einem Vorderbein auf mir, die Saugplatten seiner Zehen auf meinen Schultern. In diesem Augenblick glaubte ich, er würde mir im nächsten Moment den Kopf abbeißen, aber er tat es nicht. Er hielt mich mit einem Bein nieder und verharrte reglos, während er die anderen beobachtete. Ich sah nur die pulsierende, hautige Kehle über mir. Fast schien es, als habe er mich schon vergessen.
    Der Himmel weiß, was im dumpfen Gehirn einer Echse vor sich geht. Jedenfalls beschloß ich, die Galgenfrist zu nutzen und ihm den Degen von unten in die Kehle zu stoßen, bevor er sich wieder meiner erinnerte und mir den Brustkorb vollends eindrückte. Ich tastete nach meinem Degen, doch der war nicht in Reichweite; ich mußte ihn beim Sturz verloren haben.
    Ich lag hilflos, unfähig, mich von dem Gewicht zu befreien, das mir jeden Atemzug zur qualvollen Mühe machte. Ich fühlte, daß mein Gesicht allmählich blau wurde. Ich keuchte.
    Mit einem kleinen Ruck legte die Echse den Kopf auf die Seite und sah mich mit ihrem großen, smaragdgrünen Auge an, kalt und starr. Das faltige Lid senkte sich langsam herab, hob sich wieder. Ich versuchte, mich totzustellen, aber das mühsame Arbeiten meiner Lunge unter seinem Fuß konnte dem Tier nicht verborgen bleiben. Der Kopf neigte sich noch mehr herab, und der warme Atem der Echse blies wie ein übelriechender feuchter Wind in mein Gesicht. Nun konnte ich auch das andere Auge sehen und wußte, daß ein Zuschnappen der beiden Kiefer genügen würde, um mir den Garaus zu machen. Der Augenblick meines Todes hing nur noch von dem Zeitpunkt ab, an dem sich in dem Echsenhirn der richtige Kontakt schloß. Würde ich dann in ewiger Dunkelheit versinken? Oder würde mein Geist den geliehenen Körper verlassen und wieder frei sein, wieder zur Erde zurückzukehren?
    Auf einmal zitterte das Ende eines schwarzgefiederten Pfeils in dem mir

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