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Der grüne Strahl

Der grüne Strahl

Titel: Der grüne Strahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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daß er als der Erste mit einem Vorschlage dieser Art bezüglich ihrer Nichte aufgetreten war. In einer Art naiver Entzückung hatten sich Bruder Sam und Bruder Sib ohne Zweifel gesagt:
    »Das ist ein reicher junger Mann aus guter Familie, der über das Vermögen, welches sich durch Erbschaft von Eltern und Anverwandten auf seinem
     

    Westküste von Schottland.
     

    Darauf wandte er sich zu dem Capitän… (S. 52.)
     
    Haupte angehäuft hat, frei zu verfügen vermag, und der sich nebenbei durch einen gleich großen Reichthum an Kenntnissen auszeichnet. Das wäre eine prächtige Partie für unsere liebe Helena! Die Heirat wird sich ganz allein machen; sie muß ja alle passenden Verhältnisse darbieten, weil sie – uns passend vorkommt.«
    Sie hielten sich selbst auch für ganz besonders pfiffig, Miß Campbell – Dank deren eigenthümlicher Schrulle, betreffend den Grünen Strahl – nach Oban verlockt zu haben. Hier würde sie, ohne daß die Sache vorbereitet erschien, wieder mit Aristobulos Ursiclos zufällige Begegnungen haben, welche seit dessen Abwesenheit unterbrochen worden waren.
    Jetzt hatten die Brüder Melvill nebst Miß Campbell die Cottage Helenenburg gegen die schönsten Zimmer des Caledonian-Hôtels vertauscht. Im Fall sich ihr Aufenthalt in Oban länger hinzog, empfahl es sich vielleicht, eine Villa auf den die Stadt beherrschenden Anhöhen zu miethen; inzwischen sahen sich aber Alle mit Hilfe der Frau Beß und des treuen Patridge höchst bequem und wohnlich in dem Etablissement des Meister Mac-Fyne untergebracht. Weitere Entschlüsse blieben vorbehalten.
    So traten denn die Brüder Melvill gegen neun Uhr des Morgens, am Tage nach ihrer Ankunft, aus dem Vestibül des am Strande, fast genau gegenüber dem Pfahldamme am Hasen gelegenen Caledonian-Hôtels. Miß Campbell ruhte noch in ihrem Zimmer der ersten Etage, ohne die leiseste Ahnung davon, daß ihre Onkels nur ausgingen, um Aristobulos Ursiclos aufzusuchen.
    Die beiden Unzertrennlichen begaben sich hinunter nach dem Strande und schlugen, unterrichtet davon, daß ihr »Prätendent« in einem der am Nordende der Bai erbauten Hôtels wohne, die Richtung nach jenen Gebäuden ein.
    Man muß zugeben, daß dieselben sich von einem gewissen Vorgefühle leiten ließen. In der That begegnete ihnen, kaum zehn Minuten nach ihrem Aufbruche von zuhause, Herr Aristobulos Ursiclos, der jeden Morgen seine wissenschaftliche Promenade nach den letzten Anschwemmungen der Fluth unternahm, und wechselte mit ihnen einen jener banalen Händedrücke, welche so häufig mehr mechanisch ausgetauscht werden.
    »Herr Ursiclos! sagten beide Brüder Melvill.
    – Ah, die Herren Melvill! antwortete Aristobulos in einem Tone, der seine Ueberraschung ausdrücken sollte. Die Herren Melvill… hier… in Oban?
    – Seit gestern Abend, belehrte ihn Bruder Sam.
    – Und wir schätzen uns glücklich, Herr Ursiclos, Sie bei so vortrefflicher Gesundheit zu sehen, sagte Bruder Sib.
    – O, ich danke, meine Herren, – Sie kennen ohne Zweifel schon die gestern eingetroffene Depesche?
    – Depesche? fragte Bruder Sam. Sollte etwa das Ministerium Gladstone schon…
    – Hier handelt es sich nicht um das Ministerium Gladstone, erwiderte Aristobulos Ursiclos ziemlich wegwerfend, sondern um eine meteorologische Depesche.
    – Ah so! antworteten beide Onkels.
    – Ja, man kündigt darin an, daß die über Swinemünde liegende Depression sich unter beträchtlicher Vertiefung mehr nach Norden gewendet hat. Ihr Centrum liegt heute über Stockholm, wo das Barometer, das um einen Zoll – gleich fünfundzwanzig Millimeter, um dem unter den Gelehrten gebräuchlichen Decimalsystem zu folgen – gefallen ist, nur noch achtundzwanzig sechs Zehntel Zoll, d. h. siebenhundertsechsundzwanzig Millimeter zeigt. Wenn der Luftdruck in England und Schottland noch so ziemlich der gleiche geblieben ist, ist er doch gestern in Valencia um ein Zehntel und in Stornoway um zwei Zehntel gefallen.
    – Und diese Depression?… fragte Bruder Sam.
    – Führt zu welchem Schlusse?… setzte Bruder Sib hinzu.
    – Daß das schöne Wetter nicht mehr andauern wird, erklärte Aristobulos Ursiclos, und daß der Himmel unter Auftreten südwestlicher Windströmungen bald von den Ausdünstungen des Nord-Atlantischen Oceans bedeckt erscheinen dürfte.«
    Die Brüder Melvill dankten dem jungen Gelehrten, ihnen diese interessanten Vorhersagungen mitgetheilt zu haben, und folgerten daraus, daß der Grüne Strahl lange genug auf sich

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