Der gute Stalin
wütet das Feuer. Die Alliierten können sich nicht entschließen, ihre Flotte auf den Rückweg zu schicken. Vater ist gezwungen, länger in Archangelsk zu bleiben.
»Genosse, willst du auch nach Schweden? Ein Reisegefährte also? Wie heißt du? Wladimir? Komm mit, Dosenfleisch essen.«
Die beiden jungen diplomatischen Kuriere in schwarzen Hüten stehen in der Hotelhalle knöcheltief im Schutt und werfen sich eine Büchse zu, als würden sie Rugby spielen.
»Wladimir, genau das ist lend-lease !« Die Kuriere werfen immer noch die Büchse hin und her. »Transportschiffe liefern unter dem Schutz von Marinekonvois aus England und den USA strategische Güter, Ausrüstungen und – hepp! fang! – Dosenfleisch an die Sowjetunion. Auf den Rückweg nehmen sie dann unsere Rohstoffe mit. Gehen wir, trinken wir einen! Wodka ist das beste Mittel gegen Brandgeruch.«
»Wir fahren schon zum dritten Mal nach Schweden.« Der erste Kurier wirft seinen Hut auf das Bett des Doppelzimmers.
»Und, wie ist es?«, fragt Vater.
»Es gibt keinen Tod! Krieg, wie ein Menschenleben auch, besteht hauptsächlich aus Aufzählungen.«
»Sei still, Namenloser!« Der zweite Kurier gießt Wodka in dicke geriffelte Wassergläser. »Je mehr Angst ich vor dem Tod habe, desto weiter entfernt er sich von mir.«
»Hör nicht auf ihn, Wolodja! Die Deutschen haben im Norden den größten Flottenverband konzentriert, und angeführt wird er von dem Schlachtschiff ›Tirpitz‹.«
»Wasserverdrängung 52600 Tonnen, Besatzung 2608 Mann«, fährt der zweite Kurier fort. »Eine ganze Stadt! So ein Schiff hat sonst keiner!«
Vater macht ein Gesicht, als verstehe er etwas davon.
»Wir haben hier ein Zimmermädchen, Wolodja«, sagt der erste Kurier und schiebt die Unterlippe vor. »Ljubow Orlowa wie aus dem Gesicht geschnitten. Gehört zu den erfahrenen Kadern. Aber warum schlafen alle Schauspielerinnen immer mit den Regisseuren?«
»Zusammen mit der ›Tirpitz‹«, fährt der zweite Kurier fort, »befinden sich hinterm Polarkreis noch folgende Kreuzer.« Er zählt an den Fingern ab. »Die ›Scharnhorst‹, die ›Admiral Scheer‹, die ›Lützow‹, die ›Köln‹ und die ›Nürnberg‹. Fünf!«
»Nach dem Krieg wird die ›Nürnberg‹ unter unserer Flagge fahren. Wir benennen sie um in ›Admiral Makarow‹«, lacht der erste Kurier.
»Moment! Sie werden von mehr als zwei Dutzend der modernsten Zerstörer begleitet. Außerdem sind hier 520 deutsche Flugzeuge und bedeutende Kräfte der U-Boot-Flotte im Einsatz. Unter dem Kommando von …«
»Konteradmiral Dönitz«, beendet Vater den Satz. »Und warum freut ihr euch darüber?«
»Schlaumeier! Hitler hat Dönitz befohlen, den Zugang zu den sowjetischen Häfen im Norden vollständig abzuriegeln.«
STALIN Sosso mit Istomina verschämt
Und nackt im Bette lag …
Die Kuriere blicken sich um.
»Wolodja, hast du was gehört?«
»Nein.«
»Wir haben auch nichts gehört.«
»Wenn wir nicht hochgehen, kommen wir durch!«, sagt der erste Kurier und betrachtet fröhlich die versiegelten Säcke mit der Diplomatenpost. »Komm, Wolodja, trinken wir!«
Im Juli 1942 greift der sowjetische U-Boot-Kapitän Lunin die »Tirpitz« erfolgreich an. Das Schlachtschiff verschwindet in einem norwegischen Fjord zur Reparatur, obwohl die westliche Geschichtsschreibung behauptet, dass Lunin mit seinem U-Boot K . 21 ein Reklametrick gewesen sei. Jedenfalls ist der Weg für die alliierten Schiffe frei. Anfang September wird der Nachschubkonvoi QP . 14 formiert: einige sowjetische und englische Trockenfrachter, Tanker und eine große Anzahl von englischen und amerikanischen Kriegsschiffen. Sowjetische Kampfschiffe sind nicht in der Eskorte. Der Konvoi stellt eine beeindruckende Macht dar: eine Gruppe von Kreuzern, zwanzig Zerstörer, Flakschiffe, elf Korvetten, Trawler, U-Boote und Minensuchboote.
»Wolodja, wo willst du hin? Komm mit uns auf den Trockenfrachter!« Die beiden Kuriere winken Vater von Bord des sowjetischen Schiffes zu.
»Mich haben sie auf ein Minensuchboot zu den Engländern geschickt.«
»Was willst du denn da? Komm lieber mit uns!«
»Ich habe Befehl.«
»Warte, das klären wir gleich. Unser Kapitän ist in Ordnung!«
Wladimir geht missmutig an Bord des englischen Minensuchbootes »Lord Middleton«. Englisch kann er so gut wie gar nicht. Mit wem soll er reden? Die Kuriere haben es gut; sie dürfen mit den Unsrigen fahren. Und Katja Warennikowa, die blutjunge schwangere Frau, die zu ihrem Mann
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