Der Gute Ton 1950
noch keine andere Lösung gefunden:
man muss sie mit den Fingern essen, vorausgesetzt, dass die Gastgeber
ihren Gästen diese Busse auferlegen wollen. Man reisst ein Blättchen
nach dem anderen ab, taucht das Weisse des Blattes in die Sauce und
saugt es aus. Den übriggebliebenen grünen Teil des Blattes legt man
auf den Teller zurück. Das Herz der Artischocke taucht man gleichfalls
in die Sauce und schneidet es dann in Stücke.
DER KÄSE
Die Gastgeber müssen darauf achten, keinen Käse zu servieren, der
zu schwer zu schneiden oder gar zu schälen ist. Schweizerkäse wird
mit der Rinde auf den Tisch gebracht, aber es soll kein zu grosses Stück
sein,damit die Gäste nicht zu verzweifeln brauchen, weil er schwerer
zu schneiden ist als Gummi. Wollen wir hoffen, dass der Käse nach
schwerem Kampf nicht von der Platte rollt.
Runde Käse, wie zum Beispiel Camembert, lassen sich schwer
schälen. Man nimmt am besten ein Messer in die rechte Hand und ein
Stückchen Brot in die linke und legt die Rinde mit Hilfe des Brotes auf
den Rand des Tellers. Erfinderische Gastgeber, die ihren Gästen diese
Mühe ersparen wollen, schälen diese Art Käse vorher, ehe sie ihn auf
den Tisch geben, und wenden ihn leicht in Paniermehl. Der kleine Käse
sieht so viel hübscher aus und ist leichter zu essen. Wenn der Käse mit
Toast serviert wird, legt man den Toast auf den Teller, hält ihn mit der
linken Hand, bestreicht ihn mit Butter und belegt eine Ecke mit Käse.
Dann trennt man das belegte Stück Toast ab, und führt es mit der
Gabel zum Munde. Man kann den Käse auch nach französischer Art
essen: das heisst, ohne überhaupt die Gabel zu benutzen. Man nimmt
ein Stückchen Brot in die linke Hand, bestreicht es mit Butter, legt ein
Stückchen Käse darauf und führt alles mit der Hand zum Mund. Man
soll nie ein Stückchen Brot auf ein Messer aufgespiesst zum Mund
führen.
OBST
Birnen und Orangen teilt man mit Messer und Gabel der Länge nach
in vier Teile. Man schält sie immer mit Messer und Gabel. Für Orangen
verlangt dies eine ziemliche Uebung. Wenn Sie fürchten,
allzu viel Aufmerksamkeit dadurch auf sich zu ziehen, teilen Sie die
Orangen einfach mit Messer und Gabel in vier Teile. Ein Viertel nimmt
man auf die Gabel, hält die Gabel in der linken Hand nach oben und
schält mit dem Messer in der rechten Hand, die Schalen ab. Die Schalen
legt man auf den Teller.
Die Banane schälen Sie mit dem Messer, Sie halten dabei die Frucht
in der linken Hand.
Bei Weintrauben lassen Sie die ganze Traube auf Ihrem Teller liegen,
halten sie mit der linken Hand fest, und ziehen mit der rechten eine
Beere nach der anderen ab.
Pfirsische werden mit Messer und Gabel geschält, aber des Kerns
wegen nicht gevierteilt. Für die Melone benutzt man keine Messer,
aber eine besondere Gabel. Man zerschneidet auch nicht das ganze
Stück auf einmal.
Steinfrüchte, wie Pflaumen und Kirschen, werden mit der Hand vom
Teller zum Mund geführt, die Kerne bringt man mit einem kleinen
Löffel vom Mund zum Teller zurück. Sie dürfen weder in die Hand
noch direkt auf den Teller gespuckt werden.
KUCHEN
Entremêts werden mit dem Löffel gegessen, der etwas grösser ist als
der Kaffeelöffel.
Torten und Kuchen werden mit Messer und Gabel gegessen. Belegtes
Kleingebäck wird mit der Gabel gegessen, und das kleine trockene
Gebäck wird mit den Fingern genommen.
DAS WEICH GESOTTENE El
Zum Schluss noch das weiche Ei! Es wurde immer als die
entscheidende Prüfung für gute Manieren bei Tisch angesehen. Man
öffnet das Ei mit einem kleinen Löffel, das heisst, man stösst mit
kleinen Schlägen rund um das Käppchen die Schale durch. Das
Käppchen kann später mit dem Löffel geleert werden. Man schüttet
das Salz nicht direkt aus dem Salzfässchen in das Ei, sondern auf den
Teller und nimmt mit den Fingern eine kleine Prise Salz und tut es ins
Ei. Man isst das Ei nur mit dem Löffelchen, man taucht kein Brot
hinein oder kratzt die Schale lange aus. Wenn das Ei gegessen ist,
nimmt man die Schale aus dem Eierbecher und zerdrückt sie auf dem
Teller mit dem Rücken des Löffels, damit sie später beim Abräumen
nicht vom Teller rollt.
DAS BROT
Wenn das Brot nicht als Toast oder in Form von Käseschnitten, oder
mit dem Tournedos gereicht wird, darf man es nicht mit dem Messer
schneiden. Man schneidet das Brot mit dem Messer nur in der Küche.
Am Tisch bricht man es. Zwischen zwei Gängen isst man kein
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