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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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soll weder heiss noch kalt
    sein, sondern lauwarm und einige Tropfen Zitronensaft enthalten. Die
    Gäste tauchen nicht ihre Hände in die Wasserschale, als warteten sie
    seit 7 Tagen auf ein Bad, sondern nur die Fingerspitzen und trocknen
    sie nachher an ihrer Serviette.
    DER ZAHNSTOCHER.
    Es galt einmal als elegant, wenn man zum Schluss des Mahles mit
    den Wasserschalen auch die Zahnstocher brachte. Man kann den
    Gebrauch der Wasserschale entschuldigen, den Gebrauch des
    Zahnstochers aber nie. Man soll ihn auch nicht mit der Zunge ersetzen.
    Es ist Vogel Strauss Politik zu glauben, nur weil der Mund geschlossen
    ist, dass niemand bemerkt, wie man mit der Zunge die Zähne zu
    säubern versucht.
    DAS TASCHENTUCH.
    Wenn man Schnupfen hat, sollte man lieber nicht in Gesellschaft
    gehen. Ein Schnupfen hat noch nie eine Dame verschönt. Er hat auch
    noch nie einen Mann geistreicher gemacht. Der ideale Ort für einen
    Schnupfenkranken ist nicht ein Esszimmer sondern ein warmes Bett.
    Möglicherweise haben Sie aber Ihre Anwesenheit versprochen und
    Ihre Gastgeber hätten vielleicht Ihre Entschuldigung als nicht
    stichhaltig angesehen. Wenn Sie also unbedingt hingehen und sich bei
    Tisch die Nase putzen müssen, muss nicht der ganze Tisch auf Sie
    aufmerksam werden. Sie werden mit einer »Posaune von Jericho« nicht
    allgemeines Mitleid erregen. Putzen Sie lieber die Nase vorsichtig ab,
    als dass Sie sich schnäuzen. Es gibt Menschen, die glauben diskret zu
    sein, wenn sie beim Naseputzen den Kopf wegwenden. Sie sind
    ungefähr eben so gewandt und so gut erzogen wie jene, die die Hand
    vor den Mund halten, um ihrem Nachbarn ein Geheimnis
    anzuvertrauen, das niemand anderes hören soll.
    DIE TRINKSPRÜCHE.
    Junge Leute werden über diese Sitte lachen, aber früher oder später
    werden sie sie doch begreifen. Sie haben noch Zeit, denn Trinksprüche
    sind das Vorrecht des reiferen Alters. Wenn das Mahl zu Ende ist, und
    man die Champagnergläser gefüllt hat, ist es der richtige Augenblick,
    um einen Trinkspruch auszubringen. Er soll einfach und kurz sein, und
    soll nicht in eine lange Rede ausarten. Der Hausherr wird sein Glas auf
    das Wohl des wichtigsten Gastes am Tisch erheben; der Gast, der
    geehrt werden soll, bleibt sitzen, alle anderen folgen dem Beispiel des
    Hausherrn und stehen auf.
    MAN SOLL DIE GLÄSER
    nicht mit Gewalt aneinanderstossen. Ein Trinkspruch soll keine
    Ueberschwemmung verursachen. Herren leeren das Glas in einem
    Zug. Man berücksichtigt bei Damen, dass sie wenig Alkohol vertragen,
    deshalb brauchen sie ihre Lippen nur anzufeuchten. Personen, die zu
    entfernt von Ihnen sind, um mit Ihnen anzustossen, lächeln Sie zu und
    heben Ihr Glas dabei. Wenn es sich um den Geburtstag oder eine
    Erfolgsfeier des Gastgebers handelt, wird er nicht selbst den
    Trinkspruch ausbringen, er wird dies vielmehr dem wichtigsten Gast
    überlassen. Dieser wird sein Glas erheben und auf das Wohl des
    Gastgebers trinken, ohne natürlich die Hausfrau zu vergessen. Ein
    Trinkspruch kann nicht unbeantwortet bleiben, aber eine Dame
    antwortet nicht. Ein Trinkspruch muss mit einem Trinkspruch
    beanwor-tet werden, und es wäre für eine Dame sehr unelegant, ihr
    Glas in einem Zug zu leeren. Solche Kühnheiten soll man Damen
    überlassen, die schneidig genug sind und die Rolle des Hausherrn
    spielen. Da ein Toast beantwortet werden soll, wird der Mann, der
    Sohn oder der Vater der Dame auf die ein Toast ausgebracht wurde,
    für sie antworten. Er wird sein Glas heben, entweder auf das Wohl des
    Gastes der das »Feuer eröffnet« hat oder auf das Wohl aller
    anwesenden Gäste. Die zweite Lösung ist die glücklichste. Sie wird
    niemanden verletzen. Wenn man auf einen Toast antwortet, schickt es
    sich nicht, sich an eine Person zu wenden, die nicht den ersten
    Trinkspruch ausgebracht hat. Denn da der Toast eine Antwort
    verlangt, wäre ein dritter Trinkspruch notwendig. Der zweite Toast
    kann nur dem ersten antworten, dann muss jemand dem zweiten
    entgegnen. Diese Kette von Trinksprüchen kann so lange nicht
    unterbrochen werden, solange noch ein »gesunder Kämpfer« übrig ist.
    Man behauptet, dass die Engländer eine Reihe von Toasten ausbringen,
    wenn sie mehr trinken wollen, als es sich für einen Gentleman schickt.
    Man kann folgende Trinksprüche benutzen:
    Für eine Heirat: »Ich erhebe mein Glas auf das Wohl und Glück des
    jungen Paares.« Das Ehepaar antwortet nicht selbst, die Eltern tun es an
    ihrer Stelle.
    Für eine

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