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Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
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Kindtaufe: »Ich erhebe mein Glas und trinke auf das Wohl
    des Neugeborenen, möge...«
    Für die Feier des .. ten Hochzeitstages: »Ich er-
    hebe mein Glas und trinke auf die Fortsetzung dieser glücklichen Ehe,
    mögen noch viele Jahre...«
    DIE GESÄNGE.
    Man lässt heute nicht mehr zur Nachspeise Künstler singen.
    Das war eine wenig schöne Sitte. Wir wollen hiermit Ali Khan keinen
    Vorwurf machen, weil er für sein Hochzeitsessen eigens einen
    berühmten Sänger aus Paris kommen Hess, um ein paar Schlager
    vortragen zu lassen.
    IM SALON.
    Wenn die Nachspeise eingenommen ist, besteht kein Grund mehr,
    noch länger am Tisch sitzen zu bleiben. Man sollte jetzt die etwas
    unfestlich gewordene Tafel verlassen. Es ist natürlich schwer, die Gäste
    in einen Salon zu führen, wenn es keinen Salon gibt. Aber wir brauchen
    nicht zu verzweifeln. Die Hausfrau wird in einem solchen Fall den
    Tisch sofort abdecken lassen oder mit Hilfe einer Freundin selbst
    abdecken, wenn kein Mädchen da ist. Aber sie wird natürlich nicht das
    Geschirr spülen oder mit Bürste und Besen, wie zu einem gros-sen
    Frühjahrsputz, erscheinen. Sie wird nur mit einem kleinen Tischbesen
    die Brotkrumen zusammenkehren und schon sieht das Tischtuch für
    den Cafe wieder frisch aus.
    Wenn man über einen Salon verfügt, gibt die Dame des Hauses das
    Zeichen zum Aufstehen, und die Gäste folgen. Der Salon sollte im
    Sommer kühl sein, aber nicht im Winter. Er muss besser geheizt sein
    als das Esszimmer, da ein Zimmer das leer ist, von sich aus schon
    kälter wirkt als der Raum, in dem die Gäste soeben stundenlang
    gesessen haben.
    DER KAFFEE
    Man reicht ihn genau wie man Tee serviert. Wir sprechen unter
    diesem Kapitel ausführlich darüber.
    UNTERHALTUNG UND SPIELE.
    Gastgeber müssen alles für die Unterhaltung ihrer Gäste tun. Sie
    werden keine langweiligen Vorträge halten, sie werden für eine gute
    und zwanglose Unterhaltung sorgen und es den Gästen überlassen,
    sich wie und mit wem es ihnen gefällt zu unterhalten. Eine gute,
    heitere Stimmung zaubert man nicht durch ein paar schrilltönende
    Schallplatten hervor; man richtet sich nach dem Willen der Gäste und
    zwingt ihnen nicht seinen eigenen Willen auf. Man zählt z. B. die
    »Bridgebesessenen« und richtet für sie eine ruhige Ecke ein, in der sie
    ruhig überlegen können, ohne von Tanzmusik und Trubel gestört zu
    werden.
    ERFRISCHUNGEN.
    Wenn sich der Abend ausdehnt, werden der Cafe und der Likör bald
    vergessen sein, und man muss seinen Gästen neue Getränke anbieten.
    Wir raten Ihnen, Cocktails zu vermeiden! Wenn das Wetter zu warm
    ist oder die Heizung zu gut funktioniert, werden ein paar Glas
    Cocktails genügen, den Geist Ihrer Gäste in einen Nebel zu hüllen.
    Man sollte deshalb ein paar belegte Brötchen und etwas Gebäck
    reichen, umsomehr als der Magen, je mehr es gegen Morgen zugeht,
    wieder nüchtern wird. Jeder weiss aus Erfahrung, dass man gegen
    Mitternacht wieder hungrig wird, wenn man nicht schläft.
    ABSCHIED OHNE ORANGENWASSER.
    Die »Geschichte des guten Tons« erzählt uns von einer lange
    vergessenen, recht grotesken Sitte. Sie hat ihr Zeitalter nicht überlebt,
    wie alle die Bräuche, die keinen natürlichen Ursprung haben. Wenn die
    Gastgeber glaubten, dass der Abend lange genug gedauert hatte,
    Messen sie ihren Gästen ein Glas Orangenwasser bringen.Man würde
    es heute als zarte Aufmerksamkeit ansehen, aber damals war dies nicht
    der Fall. Dieses Gesundheitsgetränk sagte den Gästen, dass es jetzt an
    der Zeit war zu gehen. Eine zweite Aufforderung zum Aufbruch durfte
    ein Gast nicht provozieren. Auch heute wäre dieses
    Abschiedsorangenwasser für manche Leute recht heilsam: wir denken
    an die Gäste, die nicht wagen Abschied zu nehmen, weil sie glauben,
    dass es unhöflich sei, ihre Gastgeber zu verlassen.
    Ein Grundsatz gilt für ein Festessen wie für eine Tee-Einladung: man
    darf nicht sofort nach dem letzten Bissen aufbrechen. Dies würde allzu
    deutlich sagen, dass nicht die Gesellschaft der Gastgeber, sondern die
    Bewirtung der Hauptanziehungspunkt des Empfangs war. Diesen
    Eindruck sollte man vermeiden, besonders wenn er der Wirklichkeit
    entspricht! Eine Einladung zu einem Abendessen zwingt die Gäste
    nicht, die Nacht bei ihren Gastgebern zu verbringen, auch wenn sie
    gern bei ihnen sind. Zu einer bestimmten Zeit werden die meisten den
    Schlaf vorziehen. Es gibt Leute, die nicht recht wissen, mit welcher
    Redewendung sie sich verabschieden

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