Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gute Ton 1950

Der Gute Ton 1950

Titel: Der Gute Ton 1950 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans H. Wiese
Vom Netzwerk:
neben dem Kamin sitzen. Vor ungefähr
    zwanzig Jahren war man weniger um die Bequemlichkeit des Gastes
    besorgt. Damals kannte man die kleinen Tische nicht. Tasse und
    Kuchenteller muss-ten — jedes in einer Hand — balanciert werden.
    Wenn dann der Gast gerade seinen Schoss als Tisch eingerichtet hatte,
    nahte sich die Hausfrau, um ihm einen Neu-Ankommenden
    vorzustellen. Das war natürlich eine schwierige Situation! Heute haben
    es Gäste bei einer Tee-Einladung besser. Damen werden zuerst bedient,
    zu allererst die älteren Damen. Man fragt jeden Gast, ob er den Tee mit
    Milch, mit Zitrone, Naturel oder mit Zucker mag. Man nimmt nicht zu
    viele Tassen auf einmal und reicht den Zucker nachher. Ein Teesalon
    soll keine Volksküche sein!
    Die Gäste werden es als besonders aufmerksam empfinden, wenn
    sich die Hausfrau an ihren Geschmack erinnert und ihre jungen
    Gehilfen davon unterrichtet, wie der einzelne Gast den Tee mag.
    Es gibt eine berühmte amerikanische Operette, die den Zauber der
    Teestunde zu zweien besingt. Aber auch eine weniger intime Tee-
    Einladung gibt einer jungen Dame Gelegenheit, ihren Charme und ihr
    Talent als künftige Hausfrau zu zeigen. Sie soll nicht denken, dass sie
    eine lästige Arbeit oder sogar »Frohndienste« leistet, es ist für sie eine
    Gelegenheit in einem günstigen Licht zu erscheinen.
    Ein Tee ist normalerweise gegen 7 Uhr abends zu Ende, man wartet
    nicht, bis man zum Abendessen eingeladen wird.
    COCKTAIL: ZWISCHEN 6 UND 9 UHR.
    Es gibt Hausfrauen, denen ein grosses Essen Sorge bereitet, die aber
    trotzdem mehr als nur einen Tee anbieten wollen. Man hat eine
    Ernennung, irgend einen Erfolg zu feiern, was soll man tun? Man gibt
    ein sogenanntes »Zwischen 6 und 9«, die verbreitetste Empfangsart in
    Amerika, die dort Cocktail-Party heisst, nach den Getränken, die
    diesen Zusammenkünften den Namen geben. Dieses »Zwischen 6 und
    9« hat dem »Tee« gegenüber den Vorteil zu späterer Stunde
    stattzufinden und daher nicht nur für Nichtstuer reserviert zu sein. Um
    diese Stunde haben im allgemeinen auch Berufstätige Zeit. Man kann
    auch Tee anbieten, aber gewöhnlich trinkt man bei diesen Einladungen
    alkoholische Getränke. Manche reichen auch zum »Tee« Wein und
    Alkohol. Aber das ist unserer Meinung nach nicht richtig. Ein richtiger
    Nachmittagstee ist, zum Unterschied zu einem »Zwischen 6 und 9«,
    eine Angelegenheit der Damen. Bei einem »Zwischen 6 und 9« sind
    Herren stärker vertreten, es wird viel getrunken.
    Was bietet man an Getränken? Gute Weissweine und Südweine.
    Likör wird nicht gereicht, da er erst nach einem Essen oder am Ende
    eines Empfangs angebracht ist. Sekt ist natürlich nicht verboten! Im
    Sommer empfiehlt es sich Bier, Eis und Fruchtsäfte vorzusehen; man
    darf auch die Cocktails nicht vergessen, man sollte sie jedoch
    vorsichtshalber nicht zu stark machen. Die Gäste dürfen wählen. Es
    bedient nicht das Personal, sondern Freunde und Freundinnen der
    Gastgeber. Man steht oder sitzt, wie es einem gefällt. Die Möbel
    werden für diesen Empfang möglichst beiseitegeschoben, weil diese
    Art von Geselligkeit sich in weiterem Rahmen vollzieht. Gerade, dass
    man hierzu mehr Gäste einladen kann als bei einem Abendessen, ist
    eine der grössten Vorzüge einer »Cocktail-Party«.
    Zum Cocktail muss man ein grosses Regiment an Gläsern vorsehen,
    da man oft den Standort wechselt, ohne das leere Glas mitzunehmen.
    Man sollte bei einem »Zwischen 6 und 9« daran denken, dass mancher
    seit Mittag nichts gegessen hat. Man reicht nicht nur Oliven, um den
    Durst anzuregen, sondern auch Sandwiches und Kleingebäck. Sie sind
    bequem zu essen und vermeiden, dass die Gäste auf nüchternen
    Magen trinken. Zu Südwein reicht man auch Pommes-Chips,
    hauchdünne, goldgelb und knusperig gebratene, mit Salz bestreute
    Kartoffel-scheibchen. Pommes-Chips werden mit den Fingern
    gegessen.
    DIE SURPRISE-PARTY: DER ÜBERRUMPELUNGSBESUCH.
    Diese Sitte kommt aus Uebersee und hat die junge Generation nach
    dem ersten Weltkrieg begeistert. Sie war die grosse Mode zur Zeit des
    Surrealismus und des Expressionismus. Es versammelte sich eine
    Gruppe junger Menschen, die beschlossen, nicht vor Morgengrauen
    schlafen zu gehen. Es wurde etwas zum Essen und viel zum Trinken
    eingekauft. Und nun wurde ein Opfer gewählt! Es musste eine
    Wohnung besitzen, in der man möglichst ungestört war, eine
    »sturmfreie Bude«. War sie nicht sturmfrei, war es eigentlich noch
    schöner, da

Weitere Kostenlose Bücher