Der Hase mit den Bernsteinaugen
aufgeplatzte Khakifrüchte.
Diese erotischen objets gesellten sich zu anderen, westlichen Objekten für das männliche Vergnügen: Bronzen, kleinen, klassisch geformten nackten Figuren, die sich in die Hand schmiegten; Kenner bewahrten sie in ihren Arbeitszimmern auf, um sich fachkundig über die Qualität der Modellierung oder über die Patinierung zu unterhalten. Oder die Sammlungen kleiner Email-Schnupftabakdosen; öffnete man sie, kamen priapische Faune oder aufgeschreckte Nymphen zum Vorschein, Miniatur-Inszenierungen von Verhüllung und Enthüllung. Diese kleinen Gegenstände, die man in die Hand nehmen und herumreichen konnte - leichthin, spielerisch, kennerhaft -, wurden in Vitrinen aufbewahrt.
Die Gelegenheit, ein anstößiges Dingelchen von Hand zu Hand gehen zu lassen, war im Paris der 1870er Jahre zu gut, um sie verstreichen zu lassen. Vitrinen waren für die geistreichen, koketten Zwischenspiele des Salonlebens unverzichtbar geworden.
Und so kauft Charles die Netsuke. Er kauft 264 Stück.
Ein Fuchs aus Holz mit eingelegten Augen
Eine zusammengeringelte Schlange aus Elfenbein auf einem Lotusblatt
Ein Hase aus Buchsbaumholz und der Mond
Ein stehender Krieger Ein schlafender Diener
Kinder, die mit Masken spielen, aus Elfenbein Kinder, die mit Hündchen spielen Kinder, die mit einem Samuraihelm spielen Dutzende Ratten aus Elfenbein
Affen, Tiger, Hirsche, Aale und ein galoppierendes Pferd Priester, Schauspieler, Samurai, Handwerker und eine badende Frau in einem Holzzuber
Ein Bündel Kienspäne, mit einem Strick zusammengebunden
Eine Mispel
Eine Hornisse auf einem Hornissennest auf einem abgebrochenen Ast
Drei Kröten auf einem Blatt
Ein Affe mit seinen Jungen Ein sich liebendes Paar
Ein liegender Hirsch, der sich mit dem Hinterlauf hinter dem Ohr kratzt
Ein No-Tänzer in üppig bestickter Robe, der sich eine Maske vors Gesicht hält Ein Oktopus
Eine nackte Frau und ein Oktopus
Eine nackte Frau
Drei Kastanien
Ein Priester zu Pferd
Eine Khakifrucht
Und noch zweihundert mehr: eine riesige Sammlung sehr kleiner Dinge.
Charles kaufte sie von Sichel, nicht Stück für Stück, wie die Lackarbeiten, sondern als vollständige, spektakuläre Sammlung.
Waren sie gerade eingetroffen, jedes in sein Seidentuch eingeschlagen und auf Holzwolle gebettet, dann in Kisten von Yokohama auf einer viermonatigen Seereise über das Kap der Guten Hoffnung herbeigeschafft? Hatte Sichel sie eben erst in einer Vitrine ausgestellt, um seine reichen Sammler in Versuchung zu führen, oder hatte Charles eines nach dem anderen ausgewickelt, hatte er meinen Lieblingstiger entdeckt, der sich aufgeschreckt auf einem Bambus umwendet; er war Ende des 18. Jahrhunderts in Osaka geschnitzt worden; oder die hochblickenden Ratten, ertappt auf der Hülle eines vertrockneten Fisches?
Verliebte er sich in den auffallend blassen Hasen mit den Bernsteinaugen, und kaufte er die anderen, um ihm Gesellschaft zu leisten?
Bestellte er sie bei Sichel? Wurden sie in Kyoto von einem schlauen Händler über ein, zwei Jahre von jüngst Verarmten zusammengekauft und weiterverhökert? Ich sehe sie mir genau an. Einige wenige wurden für den westlichen Markt geschaffen und zehn Jahre zuvor in aller Eile angefertigt. Der dickliche Junge mit dem albernen Lächeln und der Maske gehört sicher dazu. Er ist grob ausgeführt, vulgär. Die überwiegende Mehrzahl der Netsuke aber wurde vor der Ankunft von Commodore Perry geschnitzt, manche hundert Jahre zuvor. Es gibt Menschenfiguren, Tiere, Erotika und mythische Wesen: Sie behandeln die meisten Themen, die man in einer umfassenden Sammlung erwarten würde. Einige wurden von berühmten Schnitzern signiert. Diese Sammlung wurde von einem Fachmann zusammengestellt.
War Charles nur zufällig bei Sichel, mit Louise, bei den Kaskaden von Seide, den Mappen mit den Drucken, den Wandschirmen und dem Porzellan, bevor die anderen Sammler die Schatzkammer entdeckten? Wandte sie sich ihm zu, oder er ihr?
Oder war Louise nicht dabei? War das als Überraschung für sie gedacht, wenn sie das nächste Mal in seine Räume hinaufkommen würde?
Wie viel haben sie diesen jungen Mann, diesen eigenwilligen, charmanten Sammler gekostet? Sein Vater Leon war eben an Herzversagen gestorben, mit nur fünfundvierzig Jahren, und neben Betty im Familiengrab am Montmartre beigesetzt worden. Aber Ephrussi et Cie florierte prächtig. Jules hatte vor kurzem das Grundstück am Vierwaldstättersee für sein Ferienchalet erworben.
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